Kunst
Museum Langmatt: Hier lässt Renoir seine Hüllen fallen

Das Museum Langmatt eröffnet die Saison gleich mit mehreren Ausstellung. Und wagt dabei ein heiteres Experiment.

Anna Raymann
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Renoirs Zuckerdose und Becher (1910) im neuen Rahmen.

Renoirs Zuckerdose und Becher (1910) im neuen Rahmen.

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Der Frühling schickt zaghafte Grüsse in die Langmatt. Im weitläufigen Garten spriessen schüchterne Schneeglöckchen, das Wetter stimmt für den Saisonbeginn des Badener Museums. Am Wochenende öffnet das Haus gleich mit drei Ausstellungen, die sich in einem Rundgang zu einer einzelnen, ausladenden aneinanderfügen.

Was sie verbindet, ist die Frage nach dem Bild: Wo fängt ein Bild – das Kunstwerk – an, wo hört es auf? Und woran lassen sich solche Fragen besser ergründen als am Bild selbst? Herhalten für die Untersuchung müssen die Werke von Pierre-Auguste Renoir. Und wie es sich für eine sorgfältige Inspektion gehört, müssen sie dafür ihre Hüllen fallen lassen. «Renoir unplugged» ist ein augenzwinkernder, aber durchaus wörtlich gemeinter Titel für die Ausstellung. Anhand rund 20 Renoir-Bildern testet das Museum, was mit den Bildern geschieht, wenn man sie aus ihren Rahmen löst.

Wie frisch aus der Werkstatt

«Wir wollen durchlässig sein auch auf die Fragen des Publikums», erzählt Langmatt-Direktor Markus Stegmann:

«Auf die Bilderrahmen werden wir immer wieder angesprochen.»

Ob zu prächtig, zu zart oder aus der falschen Zeit – Bilderrahmen können erstaunlich provozieren. Das Stück Holz um die Leinwand, vielleicht sogar mit Stuck und Lack, noch besser mit Blattgold verziert, greift grobfingrig ein in die Wirkung eines Bildes.

«Renoir unplugged»: Ohne Rahmen verschwindet Renoirs Blumenbouquet vor der geblümten Tapete

«Renoir unplugged»: Ohne Rahmen verschwindet Renoirs Blumenbouquet vor der geblümten Tapete

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Entfernt man es, sieht man das Bild, wie es wohl einst im Atelier des Künstlers stand: roh, bescheiden und eigenartig verletzlich. Da sieht man ausgefranste Ränder, fusselige Leinenfasern und alte Nägel.

Es ist eine simple Idee, die nebenbei die Sehgewohnheiten triezt. Denn die Renoirs werden nicht nur ausgezogen, sondern auch neu eingekleidet. Real etwa in Grellorange oder pompösem Silber. Digital per Augmented-Reality-App (Freisicht) in poppigen Mustern frei nach dem Geschmack des Publikums. Könnte die App nicht mehr als den Rahmentausch, hätte man sich rasch satt geklickt. Aber sie liefert zudem kunsthistorische Referenzen und ergänzt Fotos aus dem Langmatt-Archiv.

Postkartengruss von Pipilotti und Co.

Luftig-locker hängen im Erdgeschoss weitere Impressionisten – alle brav und ordentlich gerahmt. Doch zwischen ihnen blitzen hie und da Postkartengrüsse hervor. Es sind Karten, von 13 Künstlerinnen und Künstlern, die allesamt einst in der Langmatt ausgestellt haben. Zuhause am Computer haben sie ihre Bilder eingelesen, das Museum hat sie ausgedruckt und schonungslos zwischen ihre prächtige Sammlung gehängt. Ganz bescheiden grüssen da Pipilotti Rist, Renée Levi oder Julia Steiner. Bald werden sie Begleitung erhalten von Grüssen des Museumspublikum.

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Wird damit der Besucher zur Künstlerin? Oder die Künstlerin zum Hobbybastler? Die Rahmenbedingungen sind in dieser Ausstellung für alle dieselben.

Beide Ausstellungen greifen auf die umfassende Sammlung des Hauses zurück. Das Museum Langmatt steht damit nicht allein da, auch im Aargauer Kunsthaus etwa erwarten das Publikum in diesem gleich mehrere Sammlungsausstellungen. Markus Stegmann dazu:

«Es ist im Moment nicht die Zeit für die grossen Blockbuster. Statt immer schneller und immer mehr zu wollen, besinnt man sich mit Sammlungsausstellungen zurecht auf das Vorhandene.»

Renoir unplugged und Liebe Grüsse: 6.3. bis 4.9. Vernissage am 5.3. Museum Langmatt, Baden