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René Schmid besitzt ein Bittschreiben des 1834 in Baden hingerichteten Pfarrers Peter Welti. Dessen Bittschreiben ist ein Meisterstück dafür, wie man einen Sachverhalt beschönigen kann.
Der 74-jährige Elektroingenieur René Schmid aus Dottikon, lange Fachlehrer an der ABB-Technikerschule in Baden, sammelt Briefmarken, Dokumente über die Postgeschichte von Dottikon und Hägglingen sowie alte Radioapparate und Phonografen. Im Estrich seines Hauses richtete Schmid ein Radio- und Phonografenmuseum ein.
Von grossem historischem Wert in Schmids Sammlung ist ein politisch hochbrisanter Brief: Darin bittet der verschuldete katholische Wohlenschwiler Pfarrer Peter Welti am 6. Juni 1832 den Wohler Strohgeflechtfabrikanten Jacob Isler, seine Schulden von 970 Franken aufzuschieben. Weltis Bittschreiben ist ein Meisterstück dafür, wie man einen Sachverhalt beschönigen kann. Welti führt zunächst ins Feld, dass er von einem Schuldner 970 Franken zugute habe, dieser aber nicht zahlen wolle. Er habe seine Forderung mit der Unterstützung von Fürsprech Maurer vor Gericht gezogen.
Welti spielt mit dem Mitleid von Isler. Er sei seit seinem Stellenwechsel von Stetten nach Wohlenschwil «gegenwärtig fast ohne Geld». «Die Mutation von Stetten nach Wohlenschwil und die Installations- und Confirmationshandlung kostete mich eine grosse Summe.» Deshalb bitte er Isler darum, die Schuldigkeit auf zwei Wechseln auf die Gebrüder Meyer bis kommenden Martini (11. November) stehen zu lassen.
Bis dahin sei dann auch der Lohn von seiner Pfarrei fällig. Und bis dorthin sollten ebenfalls anderweitige Forderungen und Guthaben «sicher» eingegangen sein, die er jetzt bei «so grosser Brodlosigkeit, besonders in Stetten» wenigstens vor der Ernte nicht erwarten könne.
Ob Isler auf Weltis Ansinnen geantwortet hat, wissen wir nicht. Aber eines ist bekannt: Welti wurde kriminell. Er überfiel 1833 zweimal die Postkutsche, die zwischen Mellingen und Lenzburg verkehrte, und zündete in Wohlenschwil und Mägenwil mehrere Häuser an. Viele Menschen verloren dabei ihr Hab und Gut. Ein zehnjähriger Schulbub und eine 35-jährige Justa Huber kamen in den Flammen ums Leben. Welti hatte sich verdächtig gemacht. Er wurde verhaftet, leugnete aber alles ab. Das half ihm nichts. Das Obergericht verurteilte Welti zum Tod.
Am 4. September 1834 enthauptete der Scharfrichter Franz Josef Mengis den kriminellen Pfarrer vor Tausenden von Schaulustigen in Baden «mit einem meisterhaft geführten Schwerdtstreich» (az vom 10.9.2014). Welti stand die Möglichkeit offen, mit einem Gnadengesuch an den Grossen Rat zu gelangen. Dieser hätte die Todesstrafe in eine lebenslange Kettenstrafe umwandeln können. Jedoch verzichtete Welti darauf. Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen, wie seine noch im Gefängnis geschriebene Lebensbeichte zeigt. Kein besonders günstiges Licht warf auch auf den katholischen Priester Welti, dass er an seiner Stelle in Stetten die damals 22-jährige Köchin Anna Maria Fischer geschwängert hatte.
Johann Huber aus Hägglingen, damals Propst zu St. Verena in Zurzach, hörte von einer Reise auf der Heimfahrt von Peter Weltis Hinrichtung. Pikant ist, dass Welti in Wohlenschwil und Mägenwil auf den Brandplätzen anwesend war. Er tat aber so, als sei er nur ein Zuschauer und nicht der Täter gewesen, und schilderte den Hergang der beiden Brandstiftungen im Jahrzeitenbuch von Wohlenschwil. Deshalb stelle sich die Frage, ob Welti allenfalls geisteskrank gewesen sei.