Baden
«Hörnli»-Wirt schimpft und hofft: «Heute läuft nichts mehr im Bäderquartier»

Der Wirt des Restaurants Antonio Vasquez wartet auf einen erneuten Erfolg vom "Hörnli" in Baden. Die Zimmervermietung soll dabei helfen, die finanzielle Lage aufzubessern. Er spricht über klingelnde Kassen, schwere Zeiten und seine Zuversicht.

Ursula Burgherr
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Der 57-jährige «Hörnli»-Inhaber Antonio Vasquez hofft, dass die Zeiten nach dem Bau des Thermalbads wieder besser werden. Alex Spichale

Der 57-jährige «Hörnli»-Inhaber Antonio Vasquez hofft, dass die Zeiten nach dem Bau des Thermalbads wieder besser werden. Alex Spichale

Alex Spichale

Es ist dunkel im Restaurant Hörnli. Das Brummen des Kühlschranks, der mitten in der Beiz steht, durchbricht die Stille. Inhaber Antonio Vasquez sitzt am Stammtisch wie jeden Nachmittag. Meistens spielt er mit Kollegen Schach. Seine junge dominikanische Frau Ari, die er 2016 geheiratet hat, steht in der Küche und rüstet Gemüse. Gerade mal zwei Tische in der 50 Plätze zählenden Wirtschaft sind für den Abend reserviert worden.

«Früher war unser Haus immer voll. Heute läuft nichts mehr im Bäderquartier», meint der 57-jährige Betreiber und seufzt. Aber er ist sich sicher, dass ihm mit dem Bau des Thermalbads und der Reha-Klinik wieder rosigere Zeiten bevorstehen. «Die gutbürgerliche spanische Küche mit viel Fisch, Fleisch, Tapas und der klassischen Paella, wie wir sie im ‹Hörnli› anbieten, ist beliebt», zeigt sich Antonio überzeugt. Die Karte hat sich kaum verändert, seit er mit seiner damaligen Frau Irma 1993 im rustikalen Gasthaus am Blumengässchen zu wirten anfing. Die Spanierin hatte er in der Schweiz kennen gelernt. Auch sie stand damals in der Küche, während er die Gäste bediente. Die Ehe ging in die Brüche, Antonio blieb.

Vasquez zeigt sich pragmatisch, wenn er über seine Vergangenheit spricht. Als einen der grössten Tiefschläge in letzter Zeit bezeichnet der «Hörnli»-Inhaber den Tod seines geliebten Hundes Lopi. Mit dem Alaskan Malamute sah man ihn über Jahre jeden Morgen der Limmat entlang joggen, bis das Tier altershalber verschied. Jetzt joggt Antonio alleine. Der attraktive «Best Ager» ist athletisch gebaut, und körperliche Fitness ist ihm wichtig. Nur das Rauchen kann er einfach nicht lassen. «Seit ich verheiratet bin, habe ich wieder damit angefangen», sagt Antonio, und seine braunen Augen blitzen schalkhaft, während er am Glimmstängel zieht. Hinter im hängen Hunderte von Geldscheinen aus aller Welt an der Wand. «Geschenke von Gästen, die früher in den Bäderhotels logierten», erklärt er. Mittendrin prangt ein Kruzifix.

Dank Liebe in den Aargau

Antonio Vasquez kam 1960 im spanischen la Coruña zur Welt. Er war ein Einzelkind. Die Beziehung zum Vater, der mittlerweile verstorben ist, sei nie die beste gewesen, erzählt er. Deshalb zog es ihn früh ins Ausland. Er absolvierte eine fünfjährige Ausbildung zum Touristikfachmann in England und verliebte sich dort in eine Schweizerin. Ihretwegen übersiedelte er in den Aargau und kellnerte im «Roten Haus» in Brugg. Doch dann kam Irma und der Traum, ein eigenes Restaurant mit spanischer Küche zu führen. Er ging 1992 in Erfüllung, als für das «Hörnli» in Baden ein Mieter gesucht wurde und das Ehepaar den Zuschlag bekam. Mit dem Wirtepatent in der Tasche bauten die zwei ihren Gastrobetrieb auf und hatten enormen Erfolg.

Ihre landestypische Küche machte weitherum von sich reden. «Wir hatten Minister aus Aserbaidschan und Russland zu Gast, Fabian Cancellara und viele andere Prominente waren hier», erinnert sich Antonio. Die Kasse klingelte und mit dem Ersparten konnte das Gespann Vasquez die Immobilie zu günstigen Konditionen kaufen.

Elf Zimmer retten das «Hörnli»

Sparen lag mit den immer weniger werdenden Gästen aber bald nicht mehr drin. Doch Antonio hatte eine neue Idee, um sein Einkommen zu generieren. Als es mit dem Restaurationsbetrieb bergab ging, fing er an, die leerstehenden und renovierten elf Zimmer im zweiten und dritten Stock zu vermieten. 400 bis 800 Franken pro Monat muss man dafür berappen. Heute leben Arbeitnehmer aus der Schweiz, Mazedonien, Holland und Spanien plus fünf Asylsuchende aus Eritrea in den oberen Etagen des «Hörnli». Sie teilen sich drei Duschen und eine Gemeinschaftsküche. Probleme habe es mit dem bunt gemischten Haufen nie gegeben, versichert der Hausbesitzer. Etwas störend sei, dass die Mieter dem Mobiliar nicht Sorge trügen. «Ständig geht etwas kaputt und muss repariert werden», mokiert er sich.

Seit 2014 hat Antonio den Schweizer Pass. Drauf ist er genauso stolz wie auf seine spanischen Wurzeln. In der Schweiz liebt er die hohe Lebensqualität und die Zuverlässigkeit der Menschen. In seiner ursprünglichen Heimat fühlt er sich mit der Kultur verbunden, natürlich vor allem mit der reichhaltigen Küche. Das schönste Kompliment für ihn? «Wenn jemand zu mir ins ‹Hörnli› kommt und sagt, er fühle sich wie in Spanien», sagt Antonio und strahlt.

Seine neue Ehepartnerin, die vorher in verschiedenen Restaurants kochte, habe ihm gehörigen Schub verliehen. Er könnte sich sogar vorstellen, noch Vater zu werden. «Ich brauche eine Frau, die mich 100-prozentig unterstützt», meint Antonio und ist überzeugt: «Hinter jedem starken Mann steckt eine noch stärkere Frau.»