Bezirksgericht Baden
Hundehalterin freigesprochen: «Ricky» hat nicht zugebissen

Die Hundehalterin Gabi (54) musste sich vor dem Bezirksgericht Baden zum Vorwurf der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz verantworten. Ihr wurde vorgeworfen, dass ihr «Ricky» zwei fremde Hunde gebissen haben soll. Dies konnte aber nicht eindeutig bewiesen werden.

Rosmarie Mehlin
Drucken
Die Hundehalterin wurde freigesprochen, weil das Gericht Zweifel hat, ob wirklich «Ricky» zugebissen hat. (Symbolbid)

Die Hundehalterin wurde freigesprochen, weil das Gericht Zweifel hat, ob wirklich «Ricky» zugebissen hat. (Symbolbid)

Getty Images/iStockphoto

Als drinnen Einzelrichter Lukas Cotti über das Urteil bezüglich mehrfacher Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz sinnierte, ereiferten sich draussen zwei nicht mehr ganz junge Paare lauthals über das Wesen von Hunden im Allgemeinen, die untadeligen Charaktere ihrer Vierbeiner und das höchst problematische, unqualifizierte Verhalten anderer Hundehalter. Der Disput gipfelte in der Feststellung von Jörg (alle Namen geändert): «Hunde sind viel gescheiter als Menschen. Wenn ich zu meinem Moritz sage, dass ich zur Männerchorprobe gehe, legt er sich hin und wartet zwei Stunden seelenruhig.»

Bereits im Dezember war der Fall vor Richter Cotti verhandelt worden. Damals hatte er das Urteil ausgesetzt und Zeugeneinvernahmen angeordnet, wodurch es zu einer weiteren Verhandlung kam. Es ging um zwei Vorfälle, in die insgesamt sechs Hunde involviert waren und die sich im Januar 2016 innert weniger Tage zugetragen hatte und mitten im Winter für hitzige Hundstage gesorgt hatten.

Zwei verletzte Opfer

Beschuldigt war die 54-jährige Gabi. Auf einem Spaziergang mit ihrem Lebensgefährten Willy, ihren drei Hunden – dem stattlichen Ricky, dem mittelgrossen Pedro und der Mini-Dame Susi – sowie ihren Nachbarn Jörg, Paula und deren Hund Moritz war ihnen Reto, der den Labrador Trusty an der Leine führte, begegnet. Auch Susi war an der Leine, Ricky, Pedro und Moritz hingegen rannten herum. Plötzlich hatte Trusty aufgejault und Reto ein Loch in deren Ohr festgestellt. Gut eine Woche später waren nur Gabi und Willy mit ihrem vierbeinigen Trio unterwegs, als ihnen eine Familie mit Mischling Bianca entgegenkam. Diesmal tollten Ricky, Pedro und Susi frei herum, wobei sie Bianca umkreisten. Drei Tage später musste die Tierärztin einen Biss an Biancas Schulter behandeln.

Obwohl Gabi die Tierarztrechnung von Reto – «um des lieben Friedens willen» – beglich, hatte der Anzeige gegen sie erstattet. So war ihr denn im Mai ein Strafbefehl ins Haus geflattert, lautend auf eine Busse von 1000 Stutz plus knapp 900 Franken Gebühren und Auslagen. Auf Gabis Einsprache war die Verhandlung im Dezember gefolgt und dieser Tage nun die Zweitauflage mit Zeugeneinvernahmen.

Opfer eines Komplotts

Als Erstes betonte Jörg, dass von ihm aus gesehen «rein gar nichts passiert ist». Ricky sei ein ganz braver und beschäftige sich nur immer mit seinem «Apportli», das er ständig im Maul herumtrage. Pedro, der ja schon 14-jährig sei, habe nur kurz an Trusty geschnüffelt und «mein Moritz, den ich nie an der Leine führe, rennt auf fremde Hunde zwar bellend zu, bleibt aber immer fünf Meter von ihnen stehen und kehrt dann um.» Und überhaupt habe Moritz eine Beisshemmung.

Paula bestätigte als zweite Zeugin die Aussagen ihres Partner mit fast denselben Worten und schliesslich blies auch Willy im Zeugenstand ins selbe Horn: Weder Trusty noch Bianca seien von einem ihrer Vierbeiner gebissen worden. Auf die Feststellung von Richter Cotti, dass aber doch zwei Hundehalter behaupten, ihre Lieblinge seien verletzt worden, brachte Willy die Version eines Komplotts aufs Tapet. «Die beiden haben sich gegen uns zusammengetan und dann noch mit der Tierärztin ein Päckli gemacht.»

Zweifel über den Täter

In seiner Urteilsbegründung verwies der Richter diese Idee «ins Reich der Fantasie». Immerhin seien die Verletzungen von Trusty und Bianca belegt und fotografisch dokumentiert. Cotti sprach Gabi von Schuld und Strafe frei, obwohl er den Zeugenaussagen keinen allzu grossen Beweiswert beimass: «Beschuldigte und Zeugen sind eine verschworene Gemeinschaft und haben ihre Aussagen ganz offensichtlich vor der Verhandlung abgesprochen.» Entscheidend für sein Urteil sei indes, so der Richter abschliessend, dass an den Vorfällen jeweils fünf Hunde beteiligt waren, der Staatsanwalt sich aber ganz auf Ricky als Täter eingeschossen habe: «Das Gericht hat jedoch erhebliche Zweifel, ob es tatsächlich Ricky gewesen ist.»