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Sepp Schmid hat in seinem Gewölbekeller eine richtige Badenfahrt-Ausstellung eingerichtet.
Es gibt Miss-Wahlen an der Badenfahrt. Gleichberechtigung gibt es in dieser Sparte leider nicht. Doch wenn eine «Mister Badenfahrt»-Wahl stattfinden würde, dann bekäme sicher Sepp Schmid diesen Titel. Kaum ein anderer wie er ist bis ins tiefste Innere dermassen Badener – oder vielmehr Bademer – wie er und manifestiert das immer wieder aufs Neue. Dabei ist Schmid vor allem das Alte wichtig, dasjenige, das in Vergessenheit geriete, wenn es nicht von einigen gepflegt würde, wie er es tut.
Wer in den vergangenen Wochen die Möglichkeit respektive die Ehre erhielt, einen Blick in die Badenfahrt-Ausstellung von Sepp Schmid zu werfen, der war buchstäblich von diesem Sammelreichtum erschlagen. Sämtliche alte Badenfahrt-Plakate und zahlreiche weitere Requisiten der Badener Festivitäten findet man bei ihm unter dem Gewölbe im Keller des ehemaligen Einrichtungshauses Form+Wohnen. Dazu gesellen sich Hunderte von Fotos, welche die Festfreude vergangener Badenfahrten widerspiegeln.
Sepp Schmid sammelt einfach alles, was für ihn schon einen kleinen Erinnerungswert hat. «Andere würden es einfach wegwerfen, ich finde eben immer einen Bezug dazu und behalte es auf.» Ein ganz kleiner Teil davon ist derzeit in der Sonderausstellung «Badenfahrt verlinkt» im Historischen Museum zu sehen. Doch eben nur ein Teil.
Dieser Bezug ist die Stadt Baden, die er einfach liebt, für die er sich in irgendeiner Form in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder und mit Herzblut eingesetzt hat, ob als Osterhase verkleidet beim Eier verteilen, unterwegs an festlichen Anlässen zusammen mit seiner Frau Erika, beide in der Badener Tracht, engagiert als Zunftmitglied, lange Jahre als Präsident der City-Vereinigung, heute Citycom, politisch als engagiertes CVP-Mitglied und Einwohnerrat.
Und das ist lediglich ein Teil seines Engagements als Badener für andere Badenerinnen und Badener sowie die Stadt selber. Dass er als einer der wenigen zum Badener Ehrenbürger gekürt wurde, ist eigentlich nur die logische Konsequenz.
Mit seinem schelmischen Ernst führt er die Ausstellungsbesucher dann in den hintern Teil des Kellers, wo auch ein paar Flaschen guten Weins gelagert sind. Doch hier geht es vielmehr um die direkt an den Keller angrenzende Mauer des Stadtturms. Er hat sie zur Klagemauer gemacht.
«Hier kann jedermann klagen und auf einem Zettel seine Klage respektive seinen Wunsch befestigen», erklärt er gleich den Sinn davon. Und unweigerlich spricht er die politische Situation an und manch anderes, das sich aus seiner Sicht endlich ändern sollte.
Dann zeigt er eine weitere Attraktion seiner Sammlung: Über 70 Meter lang ist die Papierwand, die voll Tausender Unterschriften, Wünsche und Sprüche ist. Es sind diejenigen Papierwände, die an der letzten Badenfahrt beim Stadtturm-Durchgang hingen, um von den Menschen signiert zu werden. Auch etliche Gegenstände trifft man bei ihm an, so unter anderem einen alten Stuhl aus dem einstigen Café Burger.
Nicht nur der Keller, ein beträchtlicher Teil des Hauses ist eine einzigartige Sammlung. Sepp Schmid zieht dort eine Schublade, und es treten Hunderte von alten Baden-Postkarten hervor, oder dann sind es alte Fotos von irgendeinem Badener Fest. Und fast zu jedem Sammelgegenstand weiss er etwas zu sagen. Und wenn Sepp Schmid einmal zu erzählen beginnt, dann holt sich der Besucher eine Gratislektion Badener Geschichte und viel Unterhaltung mit Badener Anekdoten.
Seine Verdienste stellt Schmid in den Hintergrund. Doch mit Freude zeigt er das Foto von 1977, als das Badenfahrtkomitee unter Walter Bölsterli in den engen T-Shirts posierte. Besonders schwärmt er vom grossen Fieberthermometer der Badenfahrt 1982 am Schlossturm Stein. Es war seine Idee, dass dieser Thermometer schon vor Festbeginn die steigende Temperatur der Bevölkerung reflektieren sollte. Jede Badenfahrt hinterliess bei ihm so seine unvergesslichen Erinnerungen.
Alles sei etwas verrückter geworden, spricht er den Gigantismus gewisser Festbeizen an der Badenfahrt 2017 an. Doch Sepp Schmid freut sich auch auf die kommenden Tage. Er werde unbelastet unterwegs sein, sofern er nicht in seinem Keller steckenbleibt, weil er die Ausstellung zeigen muss. Eines soll ihm und seiner Erika nicht mehr widerfahren: Am ersten Badenfahrt-Samstag 1977 gab es in der Innenstadt einen fatalen Stromausfall, als die beiden eben mit dem Lift runterfahren wollten, um an die Badenfahrt zu gehen.
Die ganze Nacht haben sie im steckengebliebenen Lift verbracht. Kein Schreien und Poltern hatte irgendwelche Hilfe gebracht. «Heute werde ich darum das Handy dabei haben», sagt Schmid und schmunzelt auch bei dieser Anekdote. Sicher wird er wieder Erinnerungsfotos machen, für seine Sammlung und um diese dann zur Freude der Abgebildeten wie einst auf Papier per Post zu schicken.