Neuenhof
Hunderte Millionen für dieses Tram? «Wir brauchen die Limmattalbahn nicht»

Dass die Limmattalbahn durch Neuenhof fahren könnte, kommt nicht überall gut an. Die Gemeinde sei bereits optimal erschlossen, findet ein Ortsbürger.

Martin Rupf
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Die Limmattalbahn weckt im Aargau Ängste, etwa in Neuenhof. (Visualisierung einer Haltestelle in Spreitenbach)

Die Limmattalbahn weckt im Aargau Ängste, etwa in Neuenhof. (Visualisierung einer Haltestelle in Spreitenbach)

zvg/Architron Gmbh, Zürich

Ab 2022 soll die Limmattalbahn, de facto ein Tram, von Altstetten ZH über Schlieren und Dietikon zum Bahnhof Killwangen-Spreitenbach fahren. Doch geht es nach den Plänen der Aargauer Regierung, ist in Killwangen-Spreitenbach nicht Endstation.

Das Trassee soll vielmehr vom Bahnhof Killwangen-Spreitenbach über Neuenhof und eine neue Limmatquerung zum Wohnschwerpunkt Tägerhard-Ost im Osten von Wettingen führen. Von dort würde es weiter durch das Zentrum von Wettingen, über die Hochbrücke und den Schlossbergtunnel zum Bahnhof Baden gehen.

Die Gemeinden Baden, Wettingen und Neuenhof begrüssen diese Pläne. Doch nicht alle Neuenhofer mögen auf das Loblied über die geplante Bahn durch ihr Dorf einstimmen. Ortsbürger Toni Benz, er war auch Mitglied der IG wohnliches Neuenhof, lässt seinem Ärger in einem Schreiben an die Redaktion freien Lauf. «Wir Neuenhofer wollen keine Limmattalbahn», so Benz.

Das sei nicht zuletzt bei den zahlreichen Foren rund um die Revision der Bau- und Nutzungsordnung deutlich zum Ausdruck gekommen. «Trotzdem hält der Gemeinderat an der geplanten Linienführung fest. Das finde ich nicht gut», sagt Benz.

Neuenhof sei heute mit dem Bus und der S-Bahn optimal erschlossen ist, die Limmattalbahn brauche es schlicht nicht. «Zudem würde die Bahn mit ihren zwei Gleisen in der Mitte der Zürcherstrasse geführt und dadurch das Dorf in zwei Teile zerschneiden»

Dabei habe man mit der neuen Bau- und Nutzungsordnung neu eine Zentrumszone vorgesehen, welche die Gemeinde weiter zusammenführen soll. «Mit der Durchfahrt der Limmattalbahn erreichen wir aber genau das Gegenteil», kritisiert Benz.

Zu gefährlich, zu wenig Platz

Ortsbürger Benz sieht weitere Nachteile: «Mit der Bahn steigt die Unfallgefahr, wie auch Erfahrung mit der Glattalbahn zeigen. Weiter steigt der Lärmpegel, womit die Wohnqualität beeinträchtigt wird.» Nebst inhaltlichen Vorbehalten ortet Benz aber auch ganz praktische Probleme bei der Realisierung.

«Die Weiterfahrt über die Limmatstrasse ist aus Platzgründen ohnehin nicht realistisch. Vor allem das Gewerbe, aber auch der motorisierte Individualverkehr wären massiv eingeschränkt.» Man müsse sich im Klaren sein, dass man hier nicht von einem Tram spreche, sondern von einer Bahn mit eigenem Trassee und eigenen Randabschlüssen.

Ein Jahrhundertprojekt

Bei der Limmattalbahn handelt sich um ein Jahrhundert-Projekt: Die Bahn soll Pendler vom Bahnhof Altstetten ZH nach Killwangen-Spreitenbach befördern. Auf einer Strecke von über 13 Kilometern werden dabei 27 Haltestellen bedient. Doch dabei soll es nicht bleiben: Geht es nach den Plänen der Aargauer Regierung, soll die Bahn dereinst nicht in Killwangen-Spreitenbach enden, sondern bis Baden (und vielleicht darüber hinaus bis Siggenthal) fahren. Voraussetzung dafür, dass die Aargauer Pläne überhaupt umgesetzt werden, ist, dass das Zürcher Stimmvolk am 23. September den Kredit für den Abschnitts Schlieren–Killwangen gutheisst. Sollten die Stimmbürger dies nicht tun, wären die Aargauer Pläne obsolet, da der Bahnhof Schlieren Endstation bedeuten würde. (mru)

«Es gibt für den Individualverkehr nur wenige Übergänge. Wie und wo die Fussgänger die Bahn und Strasse überqueren müssen, ist noch unklar. Die bestehenden Unterführungen sind ganz bestimmt zu kurz.» Weiter ortet Benz auch ein Platzproblem: «Der Platzbedarf für das Bahntrassee inklusive Auto- und Velospur samt Trottoir beträgt 24 Meter, bei den Haltestellen sogar 30 Meter. Die Zürcherstrasse hat im Durchschnitt aber nur eine Breite von 13 Metern inklusive Trottoir.

Als letzten Punkt führ Benz die Kosten ins Feld: «Ich habe kein Wort über allfälligen Anschaffungskosten der Bahn gehört.» Es sei anzunehmen, dass mit den vielen Kunstbauten Landerwerb und Infrastrukturkosten bis zum Baden Bahnhof 500 Millionen Franken nicht reichen werden. «Deshalb soll Neuenhof weiterhin auf den Bus mit den günstigeren Betriebskosten setzen und diesen mit separaten Spuren oder Vortritten fördern», sagt Benz. Neuenhof könne sich aus finanziellen Gründen eine Limmattalbahn und deren künftige Betriebskosten gar nicht leisten.

Wegen all dieser genannten Gründe, kann Benz nicht verstehen, dass die Linie durch Neuenhof führen soll. «Ursprünglich waren im kantonalen Richtplan vier Korridore für die Limmattalbahn vorgesehen; eine davon hätte über Würenlos geführt.»

In Anbetracht der schlechten Anbindung des Würenloser Gewerbes und der Sportanlagen würde es für Benz mehr Sinn machen, die Bahn über Würenlos zu führen. «Dieser Meinung ist übrigens auch die Gemeinde Killwangen», so Benz.

Gemeinde hält sich noch bedeckt

Noch vor einem Monat zeigte sich Susanne Voser (CVP), Gemeindeammann von Neuenhof, sehr angetan von den Plänen des Kantons. «Die Limmattalbahn ist nicht nur für Neuenhof, sondern für das ganze Limmattal eine grosse Chance», sagt sie damals. Das Argument, Neuenhof brauche die Bahn gar nicht, da man schon über einen Bahnhof mit S-Bahn-Anschluss verfüge, lässt Voser nicht gelten: «Wir sprechen hier von einem Projekt für die Zukunft. Schon heute sind viele Strassen verstopft und viele Busse und auch die S-Bahn zu den Spitzenzeiten überfüllt. Zudem würde die Bahn eine sehr gute Erschliessung in Richtung «Tägi» ermöglichen.»

Was sagt sie nun zu den Vorbehalten von Ortsbürger Toni Benz? Noch nichts: «Der Gemeinderat von Neuenhof wird sich in den nächsten Wochen mit der Behördenvernehmlassung zur Anpassung des Richtplanes auseinandersetzen.» Die Eingabefrist läuft bis 16. November 2018. «Erst dann kann gegen aussen kommuniziert werden», so Voser.

Das meint «Schweiz am Wochenende»-Karikaturist Silvan Wegmann:

Silvan Wegmann