Startseite
Aargau
Baden
Gabrielle Susan Rüetschi druckte die ersten 200 Exemplare ihres Gedichtbands in Eigenregie. Ihrer Meinung nach werden es nicht die Letzten sein.
«Meine Füsse schreiten im Wasser; weit in die Luft reckt sich mein Kopf; mein Körper bewahrt und gebiert die Erde; Feuer flammt in meinem Herzen». Die philosophischen Gedichte von Gabrielle Susan Rüetschi zeugen von ihrer tiefen Naturverbundenheit. Inspirationen dafür holt sie sich in Scuol, wo sie eine kleine Dachwohnung hat und stundenlang durch einsame Gegenden streift.
«Die Interaktion zwischen Mensch und Natur geht immer mehr verloren», bedauert sie. Dagegen schreibt sie mit ihrem neuen Werk «Oh dass da Berge sind» an, das mit Fotos von oftmals unscheinbaren Naturdetails an den Wegesrändern bebildert ist. Sie inspirieren Rüetschi zu ihren Gedichten.
«Ich male Bilder mit Worten», sagt die Poetin über ihre tiefgründigen und sinnlichen Schöpfungen. Jedes Wort in den 23 Gedichten und drei Prosatexten ist fein austariert. Die 62-Jährige hat schon im frühen Erwachsenenalter begonnen zu schreiben, die Existenz eines Schriftstellerlebens aber anfangs 20 in einem schwierigen Lebensprozess bewusst verworfen.
Nachdenklich sei sie schon immer gewesen, erzählt sie. «Ich hatte immer eine melancholische Seite an mir, die mich aber nicht belastet. Sie verleiht meinem Leben Tiefe», bekundet die grazile Frau. Lange habe sie nicht gewusst, wohin ihr Weg sie führen solle. Nach ihrer ursprünglichen Ausbildung zur Sekundarlehrerin unterrichtete sie 10 Jahre an Schulen in Hunzenschwil und Aarau. In dieser Zeit entschied sie sich, eine Weiterbildung zur Atem- und Bewegungstherapeutin zu machen und spezialisierte sich in den letzten Jahren vor allem auf Vorbereitungs- und Rückbildungskurse für schwangere Frauen. Zuerst in ihrer Praxis im Merker-Areal, dann im Familienzentrum Karussell und zurzeit hauptsächlich per Zoom.
Rüetschi hat selber drei Söhne aufgezogen und ihrem Mann den Rücken frei gehalten, als er damals im Bäderquartier seine Praxis für Psychotherapie aufbaute. Auch finanziell. Neben der Praxis für Atem- und Bewegungstherapie nahm sie zahlreiche Zwischenjobs an, war zum Beispiel Käseverkäuferin am Badener Markt, und gab Deutschkurse für ausländische Kinder in Neuenhof. Jetzt ist er es, der ihr ermöglicht, sich vermehrt ihrer grossen Leidenschaft, der Poesie, zu widmen. Die erste Lesung hatte sie an der Badenfahrt 2017 in der Bücherbar «UsVers», welche später als schönste Beiz des gigantischen Fests gekürt wurde.
Auf bisher drei verschiedenen Lese-Tourneen durch den Aargau und das Engadin wurde sie von ihrer Schwester Barbara Dehm auf der Oboe, später dem Bassklarinettisten Andri Steiner und aktuell von der Violonistin Clarigna Küng begleitet. Bei Verlagen blitzte sie mit ihrem Gedichtband ab. «Mir wurde geraten, Krimis zu schreiben. Poesie sei zu wenig kommerziell und verkaufe sich schlecht», erinnert sie sich. Deshalb druckte sie die ersten 200 Exemplare kurzerhand in Eigenregie. Und es werden ihrer Meinung nach nicht die letzten sein.