Was Bottas Bäder-Projekt anbetrifft, nimmt Christoph Lüber von der IG schöner baden kein Blatt vor den Mund. Er kritisiert die Trennung zwischen Bad und Quartier und der fehlende Einbezug der Badener in den Bau.
Fünf der prominentesten Schweizer Architekturbüros haben sich am Studienwettbewerb für ein neues Thermalbad beteiligt. Einstimmig wählte die Jury den Vorschlag des Tessiner Architekten Mario Botta aus. Doch sein Projekt löst nicht nur Begeisterung aus. Zur Gegnerschaft gehören die IG schöner baden und die Badener Linksparteien.
Der Informationsanlass heute Abend im Nordportal war als Podium gedacht. Die Gegner jedoch hatten die Einladung ausgeschlagen – mangels Informationen. Doch morgen Abend findet die Konter-Veranstaltung statt: Die IG lädt selber zum Info-Anlass. Die az hat mit Christoph Lüber, Architekt, aktives Mitglied der IG, ein Interview geführt.
Wie gefällt Ihnen die Postkarte mit dem Botta-Projekt jetzt?
Christoph Lüber: Die Visualisierungen sind schön. Sie zeigen die städtebauliche Situation. Nun ist klar, wie sich das Projekt in diesem Quartier manifestieren wird. Überrascht sind wir, dass sich die Visualisierung städtebaulich kaum von der unsrigen unterscheidet.
Inwiefern?
Wir haben gespannt auf die Überarbeitung gewartet. Und wir stellen fest, dass sich beim Richtprojekt nichts Wesentliches geändert hat.
Die Fotomontage zeigt keinen Betonklotz mehr wie bei Ihnen.
Aber es zeigt doch die Brutalität dieses Eingriffs für das Quartier.
Was meinen Sie mit Brutalität?
Die Grösse, die Ausdehnung als Gesamtes, der Landbedarf, die fehlenden Zwischenräume. Das Projekt überzeugt städtebaulich nicht. Wir müssen der Stadt vorwerfen, dass der abgeänderte Entwicklungsrichtplan, der vor dem Richtprojekt da sein sollte, immer noch nicht vorliegt.
Wie ist das zu verstehen, dass es städtebaulich nicht überzeugt?
Uns missfällt primär, dass sich das Projekt auf sich selber bezieht. Mit seiner Bezeichnung «La Barra» und der Visualisierung manifestiert der Architekt, dass er diese Trennung vom Quartier will. Man müsste sich nicht nur auf die Römerzeit, sondern auch auf das Quartier und die jüngere Geschichte beziehen.
Die Trennung zwischen Bad mit Gästenutzung gegenüber dem bestehenden Quartier liegt doch auch städtebaulich auf der Hand?
Statt Wechselwirkungen herzustellen, macht das Gebäude die Trennung an mehreren Orten, auch zum Fluss. Es gelingt dem Bad über der zweigeschossigen Garage nicht, eine Verbindung zur Limmat herzustellen.
Gerade die breite Uferpromenade soll laut Bauherrin und Stadt ein Mehrwert für die Bevölkerung sein.
Es ist schade, dass mit diesem Weg das Bäderquartier umgangen wird. Der Weg auf dieser Seite könnte durchs Bäderquartier führen, dann via Oederlinsteg über Ennetbaden auf der sonnigen Seite entlang der Limmat zurück – statt entlang den schattigen Parkhausmauern.
Dann müsste man das Projekt an den Fluss stellen und einen Teil der Uferpromenade opfern.
Für das Projekt wäre das ein Mehrwert, wenn der Bezug zum Fluss näher wäre. Vom Kantons bräuchte es dazu eine Sondergenehmigung.
Ihre grundlegenden Zweifel liegen aber bei der Grösse des Vorhabens?
Die Tiefgarage ist zu gross und die Ausdehnung der Badebecken, die man auch übereinander anordnen könnte. Ursprünglich war von einem gesundheitsbewussten Badepublikum die Rede, dann kam die Rehaklinik dazu und jetzt spricht Herr Zehnder von einem Bad für jedermann. Wir möchten die spezifischen Qualitäten der Bäder genutzt haben und keinen Supermarkt entstehen lassen.
Es soll aber auch ein Bad für die Badener Bevölkerung werden.
Ein Bad für Thermalbadende. Es soll die Geschichte der Bäder und des Kurortes weiterschreiben.
Die Zeiten des Kurens sind vorbei. Es braucht den Tagestourismus!
Man will ja auch ein Gesundheitshotel erstellen. Also geht die Geschichte des Kurorts nicht ganz verloren.
Sie bemängeln auch den Grünraum. Mit dem Ochsenpark wird unter dem Strich mehr Grünraum öffentlich, als es zuvor gewesen ist.
Ich empfinde die ganze Grünraum-Geschichte nur als Kosmetik. Der Ochsenpark ist Wald, umgeben von Wohnbauten, und hat keinen Bezug zu «La Barra». Es existiert kein behandelter Aussenraum. Punktuell hat es aufgesetzte Bäumchen, mit denen man versucht, die Grösse des Baus zu kaschieren und dessen Länge zu brechen. Wir hätten den Mättelipark, doch dieser wird reduziert.
Sie befürchten Mehrverkehr.
Kurpark, Römer- und Bäderquartier dürften nicht zusätzlich belastet werden. Darum würden wir dezentrale Erschliessungskonzepte begrüssen. Dahin hätte die Stadt wirken müssen. Ein Parkhaus im Oederlin-Areal, parkieren im «Posttäli» Ennetbaden, eventuell im Casino-Parkhaus. Dann machen die geplanten Stege über die Limmat noch mehr Sinn.
Laut Metron sind 183 der knapp 500 Parkplätze für Badegäste.
Wenn Herr Zehnder erklärt, das Zielpublikum sei jedermann, dann muss ich darauf antworten: Jedermann kommt mit dem eigenen Auto. So muss das Parkhaus diese Grösse haben. Und wer badet schon gerne über einem Parkhaus?
Dann muss man in die Höhe bauen, Bäder übereinander anordnen?
Das wäre denkbar. Die enge Situation im Limmatknie würde dazu Hand bieten. Wir hätten nichts gegen Bauten, die in die Höhe gehen, dafür mehr Durchlässigkeit hätten.
Wie sind die Vorstellungen der IG?
Wichtig ist, dass das Projekt nicht die Planungsinstrumente bestimmt, sondern, dass die Badener bestimmen können, wie sich dieses wertvolle Bäderquartier entwickeln soll. Wir wollen auch die fehlende Transparenz in den Planungsprozess bringen.