Baden/Wettingen
Ihr Name lässt den Rat zusammenzucken

Sander Mallien (GLP) und Michael Merkli (BDP) sind die Vorstoss-Könige – doch wieso dieser Eifer?

Martin Rupf
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Die Vorstoss-Könige des Einwohnerrates Baden.

Die Vorstoss-Könige des Einwohnerrates Baden.

Fällt ihr Name im Einwohnerrat – und das kommt sehr häufig vor – verdrehen wohl nicht wenige Ratskollegen zumindest innerlich die Augen. In der ersten Legislaturhälfte (2014/2015) haben die Einwohnerräte Sander Mallien (GLP) in Baden und Michael Merkli (BDP) in Wettingen für je einen Viertel aller Vorstösse verantwortlich gezeichnet.

Mit 7 von 29 Vorstössen belegt Mallien in Baden deutlich den Spitzenplatz. Jüngst hielt er den Stadtrat mit seinen Anfragen bezüglich Rechtsformänderung des RPB auf Trab. Die Anfrage betreffend Handhabung der Feiertagsregelung konnte nicht mehr behandelt werden und musste auf nächstes Jahr verschoben werden – worüber nicht wenige Einwohnerräte froh gewesen sein dürften.

Doch für Mallien ist klar: «Parlamentarische Anfragen sind für kleine Parteien in Baden leider die einzige Möglichkeit, den Stadtrat zu Auskünften und Antworten zu bewegen, auf welche man ihn behaften kann. Sie sind sozusagen das einzige Werkzeug, das den kleinen Parteien zur Verfügung steht.»

Mallien führt aus, was er damit genau meint: «Die grossen Parteien verunmöglichen uns, in den vorberatenden Kommissionen Einsitz zu nehmen, womit wir auch nicht rechtzeitig an die wichtigen Informationen kommen.» Nicht nur das: Die Mitglieder der Kleinparteien würden nicht mal auf dem Laufenden gehalten, was in den Kommissionen behandelt werde, «geschweige denn, dass wir die Protokolle erhalten.

Beispiel RPB: Da wurde vier Jahre geplant. Doch erst drei Wochen vor der Einwohnerratssitzung lag das Geschäft auf. Und weil dann gerade Herbstferien waren, blieb nur beschränkt Zeit für Aktenstudium, womit wir uns nicht optimal vorbereiten konnten», so Mallien.

Der GLP-Einwohnerrat betont zwar, die Vorstösse seien nicht Mittel zum Zweck; es gehe ihm sehr wohl um die Inhalte. Gleichzeitig räumt er ein: «Nicht bei jedem Vorstoss kann ich davon ausgehen, dass mir alle Ratsmitglieder inhaltlich oder politisch folgen können.» Vielmehr gehe es ihm auch darum, dass in den Akten vermerkt werde, dass der Stadtrat sehr wohl auf Fehler hingewiesen worden war.

«Damit will ich quasi dem Langzeitgedächtnis etwas nachhelfen, damit man dann in ein paar Jahren – zum Beispiel wenn es beim RPB eben doch nicht so rund läuft – sieht, dass damals kritische Punkte erkannt wurden, aber fahrlässig oder vorsätzlich nicht korrigiert worden sind.»

Unter dem Strich seien seine vielen Vorstösse nicht Ausdruck von Trotz, sondern vielmehr von Machtlosigkeit. Dass er dabei von seinen Kollegen auch als Querulant angesehen wird, nehme er hin. «Klar, das macht mich nicht froh und ich würde auch lieber nur mit konstruktiven Vorschlägen auffallen.

Doch letztlich bin ich als Volksvertreter gewählt, um die stadträtlichen Vorlagen zu überprüfen und die Arbeit der Exekutive kritisch zu würdigen und nicht bloss, um mit meinen Einwohnerratskollegen einen harmonischen, geselligen Abend zu verbringen.»

Merkli: «Habe Wählerauftrag»

Mit 13 von insgesamt 53 Vorstössen hält BDP-Einwohnerrat Michael Merkli den Rekord in Wettingen. Erst kürzlich sorgte er für Schlagzeilen, weil er anregte, die Gemeinde solle jährlich 10 Prozent ihrer Kunstwerke abstossen. Es grenzt fast schon an ein Wunder, wird an der letzten Sitzung dieses Jahres kommenden Donnerstag kein Vorstoss Merklis behandelt.

Doch Merkli verweist auf seine Erfolgsquote. «Von sechs Postulaten und Motionen habe ich zwei zurückgezogen; vier wurden angenommen. Man kann also von einer Erfolgsquote von 100 Prozent sprechen. Vor allem zeige die Quote auch, dass er nicht einfach viel Papier für nichts produziere.

«Als Einwohnerrat muss man auch etwas hartnäckig sein und man ist dafür gewählt, Dinge kritisch zu hinterfragen.» Dass er mit seinen Anfragen unnötige Kosten in der Verwaltung verursache, lässt Merkli nicht gelten. «Dann müsste man ebenso kritisieren, dass der Einwohnerrat in der Budgetdebatte zum Beispiel 50 Minuten lang über einen Posten von 2500 Franken diskutieren kann.» Mit dem Ansinnen, Vorstösse im Wettinger Einwohnerrat künftig mit einem Preisschild zu versehen, bekundet er keine Mühe.

«Das ist legitim, darf aber nicht dazu führen, dass man sich von guten Vorstössen abhalten und sich als Einwohnerrat in seinen demokratischen Rechten beschneiden lässt.» Manchmal habe ein Vorstoss tatsächlich nicht die besten Chancen. «Und trotzdem ist es richtig, dass man ihn einreicht, weil man von seinen Wählern einen klaren Auftrag hat», ist Merkli überzeugt.

Und wieso nicht zuerst die Verwaltung oder den zuständigen Gemeinderat um Auskunft bitten, ehe man einen Vorstoss einreicht? «Glauben Sie mir, bei jedem meiner Vorstösse habe ich mich sorgfältig und gewissenhaft eingelesen und informiert.» Er werde auch in Zukunft Vorstösse einreichen, wenn er dies für nötig halte. «Ich nehme meine Aufgabe ernst und habe meinen Wählern versprochen, in ihrem Sinne zu politisieren.» Negative Rückmeldungen seiner Ratskollegen hätten in letzter Zeit stark abgenommen. Merkli: «Wahrscheinlich haben sie gesehen, dass meine Vorstösse sehr wohl Hand und Fuss haben.»