Badenfahrt 1982
Im «Falken» entstand eine weitere Illusion

Aus dem «Falkenschloss» hätte nach 1982 ein Volkshaus mit Kulturbetrieb werden sollen.

Roman Huber
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«Weisch no . . .» an der Badenfahrt 1947

«Weisch no . . .» an der Badenfahrt 1947

Sie sind alle inzwischen 30 und mehr Jahre älter geworden. Gemeint sind diejenigen damals jungen, treibenden Kräfte, die im städtischen Kulturkampf beziehungsweise in dieser Jugendbewegung zuvorderst standen. Der Badener SRF-Journalist Stefan Ulrich schrieb dazu in den Badener Neujahrsblättern 2003: «Die Impulse von Zürich strahlten in die ganze Schweiz aus. Viele Jugendliche aus Baden verkehrten in der autonomen Bewegung von Zürich. Aber nicht nur dort. Auch in Baden gab es Grund genug, auf die Strasse zu gehen. Die Wohnungsnot war spürbar, und der Abriss von Häusern an der Bahnhofstrasse und an der Felsenstrasse löste Empörung und Besetzungsaktionen aus. Die ‹Hüüsergruppe› trat in Erscheinung. Sie entwickelte sich zur ‹Badener Bewegig›, in der auch Benutzerinnen und Benutzer des Jugendhauses Kornhaus aktiv waren. Die ‹Badener Bewegig› nahm sich Anfang 1981 mit sanfter Gewalt Freiraum in der leerstehenden Brauerei Falken.»

Symbol des Kulturkampfes

Mit dem «Falkenschloss» wurde das altehrwürdige, aus dem Betrieb genommene Brauereigebäude an der Badenfahrt 1982 zum Dreh- und Angelpunkt von Rock, Comedy und Show. Damit wurde der «Falken» ins Bewusstsein der ganzen Region gerufen. Schon im Februar 1982 wurde eine Interessengemeinschaft Kulturzentrum Falken (IGKF) gegründet, die zwischen Herbst 1982 und Januar 1983 mit viel Idealismus einen Kulturbetrieb auf die Beine stellte. Die lancierte Volksinitiative «Falken als Volkshaus» scheiterte dann im September 1984 an der Urne, und damit wurde es auch um die Badener Jugendbewegung ruhiger.

Der Kulturkampf flackerte erst wieder auf, als im Jahr 1988 per Gerichtsbeschluss das Jugendhaus im Kornhaus stillgelegt wurde. Stefan Ulrich schrieb über die neue Bewegung: «Die im Februar 1988 gegründete Interessengemeinschaft Kulturzentrum Baden (IKuZeBa) war ein Sammelbecken verschiedenster Gruppierungen. Die Badener Kulturwochen vom 18. bis 25. Juni 1988 führten der Bevölkerung vor Augen, welch kreatives Potenzial in der Stadt vorhanden war. Als Raum, um Kulturvisionen wahr werden zu lassen, wurde der auf Wettinger Boden liegende und seit Juni 1988 leer stehende Badener Schlachthof nicht nur ins Auge gefasst, sondern im November 1988 auch besetzt. Die Behörden begegneten den Besetzern mit etlichem Wohlwollen. Eine Nutzung wurde in Aussicht gestellt, aber nur unter gewissen Bedingungen: Ein Verein musste gegründet werden, der als Ansprechpartner fungieren sollte zwischen Stadt Baden, Gemeinde Wettingen und Schlachthof-Bewegung.»

Höhepunkt am Regionalfest

Im April 1993 wurde dieser Verein mit Susann Braun und Wimi Wittwer im Co-Präsidium gegründet, und auch der heutige SP-Einwohnerrat Markus Widmer sowie Stadtammann Geri Müller engagierten sich damals in der Kultur- und Jugendbewegung. Anderthalb Jahre später wurde er schon wieder aufgelöst.» Doch zurück in den Falken: Einen letzten Höhepunkt erlebte dieser am Regionalfest 1991 – auch etwa Badenfahrt 1991 genannt. Der legendäre, inzwischen verstorbene Arturo Nale (Banale) machte zusammen mit Nörbs Locher und Patrick Wettstein (letztere beide sind heute noch im Rockmusik-Geschäft tätig) unter dem Vereinsnamen «Rock o Co.» den Falken während zehn Festtagen im August zum musikalischen Hexenkessel. Dies, nachdem kurz zuvor das eingemietete Brockenhaus in Konkurs gegangen war. Weitere Rockkonzerte wurden anberaumt, und es keimte neue Hoffnung auf.

Der Stadtrat erarbeitete eine Vorlage für zwei Kulturprovisorien – in der Halle 36 sowie im Falken. Letzteren wollte man für 246 000 Franken instand stellen. Der Einwohnerrat hiess die Projekte ohne Gegenstimme gut. Doch da wurde die Rechnung ohne die Nachbarn gemacht. Während der Kulturbetrieb in der Halle 36 auf dem ABB-Areal realisiert werden konnte, gingen 13 Einsprachen gegen ein Kulturzentrum Falken ein. Zwei wurden in Form von Verwaltungsbeschwerden weitergezogen.

Während der Kulturbetrieb im Falken lahmgelegt wurde, gab es Bewilligungen für diverse andere Veranstaltungen, was in der Kulturszene für Unmut sorgte. Eine Petition, eingereicht im Frühjahr 1993, blieb beim entmutigten Stadtrat ohne Reaktion liegen. Die weitere Geschichte des Falkens ist bekannt. Die Denner Domicilium AG als Eigentümerin plante ein Neubau-Projekt, das sich nochmals sehr in die Länge zog. Erst 2002 erfolgte eine Baueingabe. Nach dem Entscheid des Kantons, das Bezirksgericht einzuquartieren, erfolgte 2004 der Baubeginn.