Die Kunsthistorikerin Sarah Merten ist jetzt offiziell als Leiterin der Wettinger Galerie im Amt und eröffnet die neue Ausstellung mit Werken von Victorine Müller und Valentin Magaro.
«Die neue Leiterin des Gluri-Suter-Huus muss supergut sein. Denn wir haben sie aus über 100 Bewerbungen ausgesucht», kündigte Philippe Rey, Ressortleiter Kultur der Gemeinde Wettingen, Sarah Merten dem Vernissagen-Publikum an und fügte vielversprechend hinzu: «Sie werden sehen, unser neues Programm ist sehr spannend.»
Merten lächelte ihre Nervosität weg und stellte die zwei Kunstschaffenden vor, die bis zum 1. Dezember die Räume der Wettinger Galerie bespielen werden. Victorine Müller, die oft ihren eigenen Körper in den Mittelpunkt ihrer Performances stellt, kann an der Ausstellungseröffnung nicht anwesend sein. Sie ist einer Einladung zur Biennale in Karatschi (Pakistan) gefolgt.
Valentin Magaro betitelt seinen Werkzyklus, der schlussendlich in einem grossformatigen raumfüllenden Bild mündet, als «Das letzte Abendmahl». Das Zusammentreffen von Jesus Christus mit seinen zwölf Aposteln bei Speis und Trank vor seinem Kreuzestod wurde von 400 nach Christus bis in die heutige Zeit unzählige Male gemalt.
Eines der bekanntesten Werk ist jenes von Leonardo da Vinci. Magaro, der in Winterthur lebt und arbeitet, hat über 100 unterschiedliche Abendmahl-Versionen gedruckt und für das Gluri-Suter-Huus in Buchform zusammengestellt. Aber seine eigene Interpretation ist bei weitem die fantasiereichste und provokanteste.
Jesus schwebt mit seinem Weinkelch im Raum, als ob sämtliche Schwerkraft aufgehoben wäre. Maria liegt auf dem Tisch, um den die Apostel sitzen. Sie trägt ein kurzes Kleid und rote High Heels.
Die Fussspitze von Jesus hebt ihren Rock leicht an und ihr Slip blitzt hervor. Eine Anspielung auf die Tabuisierung der Sexualität in der christlichen Religion. Unter den 12 Aposteln sitzt neben einem Teddybär und Lügenmeister Pinocchio auch ein Wolf mit rotglühenden Augen. Auf seinem Kopf thront die Bischofsmütze.
«Das Reich Gottes ist ganz anders als es die katholische Kirche aufoktroyiert», sinniert ein Besucher, der ganz versunken vor dem Bild steht, «Es ist bunt, verrückt und vielfältig. So wie es in diesem Gemälde dargestellt wird.» Einer der Apostel trägt eine 3D-Brille und durch ein Fenster sind Windräder zu sehen. Magaro versetzt das Abendmahl in die heutige Zeit mit Figuren, die teilweise an einen Fantasy-Roman erinnern.
Kommentieren will er sein Exponat mit den vielen Verweisen auf die biblische Geschichte nicht, sondern die Interpretation ganz und gar den Betrachterinnen und Betrachtern überlassen. Wie sein 2 auf 1.40 Meter grosses Bild entstanden ist, wird in der unteren Etage chronologisch mit kleineren Formaten in verschiedenen Varianten dokumentiert.
Victorine Müller ist zwar nicht anwesend, aber virtuell doch präsent. Dank einer Videoeinspielung schwebt sie auf Grossleinwand wie ein Waldgeist aus einer archetypischen Sage in fragilem Blätter- und Farngewand durch den Wald oberhalb von Göschenen.
In Uri verbrachte die Zürcherin mit internationalem Bekanntheitsgrad mehrere Atelieraufenthalte in totaler Einsamkeit. Oft scheint sie ganz mit der Natur zu verschmelzen. Auf ihren Kohlezeichnungen sind hybride Wesen zwischen Mensch und Tier zu sehen, die geisterhaft und schattengleich wirken, als ob sie sich gleich auflösen würden.
Zwei Flügelwesen aus Gips verleihen dem Raum etwas Mystisches. Müller bringt in ihren Werken zum Ausdruck, dass es für sie weit mehr gibt, als nur eine technokratische und materiell sichtbare Welt. Ihre ganze Kunst wirft immer wieder die Frage auf: Wo kommen wir her, und wo gehen wir hin? Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Gluri-Suter-Huus, an der Bifangstrasse 1 in Wettingen, kann noch bis zum 1. Dezember besucht werden.
Am 30. 11., 17 Uhr: mit Valentin Magaro, Victorine Müller und Sarah Merten sowie Buchvernissage von Valentin Magaro.