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Ein islamischer Geistlicher predigte im Aargau ohne die nötige Arbeitsbewilligung. Vor dem Bezirksgericht Baden stand der Präsident der Islamischen Gemeinschaft Gebenstorf. Er hatte dem Imam die Reise bezahlt.
Auch wenn er nur zu Besuch war, hätte der Imam aus Mazedonien ein Visum und eine Arbeitsbewilligung gebraucht. Zu diesem Schluss kam das Bezirksgericht Baden bei einer Verhandlung – nicht gegen den Imam selber – sondern gegen den Präsidenten der Islamischen Gemeinschaft Gebenstorf. Dieser, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, habe dem Imam im Jahr 2018 die Einreise in die Schweiz finanziert und ihm für die Zeit seines Aufenthaltes in der Schweiz die zur Moschee gehörende Wohnung zur Verfügung gestellt. Damit habe er sich der Förderung der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts sowie der Beschäftigung eines Ausländers ohne Bewilligung schuldig gemacht.
Der Imam wurde deswegen per Strafbefehl separat verurteilt. Der beschuldigte Präsident der Islamischen Gemeinschaft, ein dreifacher Familienvater, eingebürgert und unbescholten, beteuerte vor Gericht aber, den Imam nicht angestellt zu haben. «Er hat mich telefonisch kontaktiert und gefragt, ob er bei uns predigen dürfe», sagte der Präsident. Nach Rücksprache mit dem Vereinsvorstand habe er eingewilligt. «Ich sagte ihm aber klar, dass wir ihn nicht bezahlen werden», so der Beschuldigte. Der Verein hätte diese finanziellen Möglichkeiten gar nicht gehabt. «Ich habe ihm auch klar gesagt, dass er bei uns nicht länger als 89 Tage bleiben darf.» Wer länger als 90 Tage in der Schweiz bleiben will, muss ein Visum beantragen.
Es sei ein Fehler, den er nicht absichtlich gemacht habe, sagte der Beschuldigte. Ausländische Prediger seien daran interessiert, auch für eine kurze Dauer nach Europa zu kommen: «Sie sind jung und wollen Praxiserfahrung sammeln.» Der Gast-Imam sollte in Gebenstorf vor allem das Freitagsgebet durchführen. Dabei sei es üblich, dass die Betenden dem Imam eine Geldspende überreichen. «Aber ob die Betenden spenden und wie viel Geld sie geben wollen, das bekommen wir gar nicht mit», sagte der Beschuldigte weiter. Dies habe er dem Imam vor seiner Anreise auch klar mitgeteilt: «Ich sagte ihm, dass er Glück oder Pech haben könnte. Je nachdem, wie viel die Betenden spenden.» Eine Entlöhnung des Imams sei aber niemals vereinbart worden.
Auf die Frage des Richters hin, ob es für Imame finanziell attraktiv sei, auf diese Weise in die Schweiz zu reisen, antwortete der Beschuldigte: «Wenn es das nicht wäre, würden sie wahrscheinlich nicht kommen.» Er gehe auch davon aus, dass der Gast-Imam während seines Aufenthaltes wahrscheinlich zufrieden gewesen sei mit den eingenommenen Spendengeldern. «Hätte er zu wenig bekommen, wäre er sicher früher abgereist», sagte er. Die Gläubigen seien in der Regel grosszügig.
Der Beschuldigte hat dem Gast-Imam die Reise aus der eigenen Tasche bezahlt: «Das waren nur 100 Franken. Ich sah es als eine Spende.» Auch wenn er jeweils nach Mazedonien reise, sei es üblich, die Geistlichen mit Geldbeträgen zu unterstützen: «Sie sind ausgebildet, bekommen aber vom Staat nichts.»
Der Verteidiger des Beschuldigten plädierte auf einen Freispruch: «Mein Mandant kennt die migrationsrechtlichen Vorgaben. Er wusste, dass man sich maximal 90 Tage in der Schweiz aufhalten darf und hat dies dem Imam auch gesagt.» Der Imam sei als Privatperson eingereist. Es habe sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit und nicht um Erwerbsarbeit gehandelt: «Er hat ihn nicht illegal beschäftigt, da gar kein Arbeitsverhältnis bestand», so der Verteidiger.
Das Gericht sah das anders und verurteilte den Mann zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 190 Franken, total 17'100 Franken, mit einer Probezeit von zwei Jahren und einer Busse von 1000 Franken. Der Beschuldigte habe dem Imam den rechtswidrigen Aufenthalt ermöglicht, indem er ihm eine Wohnung zur Verfügung gestellt habe. Ausserdem habe er gewusst, dass Imame Trinkgelder bekommen: «Sie haben so in Kauf genommen, dass der Imam durch die Spenden der Gemeinschaft Geld verdienen könnte», so der Richter.