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Lutz Hübner zählt zu den meistgespielten Theaterautoren im deutschen Sprachraum. Nun war sein jüngstes Stück «Die Firma dankt» im Kurtheater Baden zu sehen.
In Lutz Hübners Stück «Die Firma dankt» gleicht die obige Aussage einer Ohrfeige - selbst wenn ihn die Personaltrainerin säuselt. Doch das Publikum im Kurtheater weiss: Vorne ist nicht immer Platz für alle. Nicht in der heutigen Arbeitswelt.
Der leitende Angestellte Adam Krusenstern (Udo Rau) steckt mittendrin. Er arbeitet seit 20 Jahren in einer Firma, die eine neue Leitung hat. Krusenstern hat keine Ahnung, wer dahinter steckt. Weshalb hat ihn die Firma in ihr Landhaus eingeladen? Der Endvierziger vermutet, dass er entweder befördert oder gefeuert wird. Nun wartet er im Gästezimmer auf das neue Team; er sitzt, steht und geht - nichts passiert. Bis sich Krusenstern wie ein Baby auf seinem Aktenkoffer zusammenrollt.
Doch kaum ist er eingeschlafen, wird der Bühnenhimmel aktiv: Es will nicht aufhören mit dem perlenden Schaum, der Krusenstern bedeckt, bis er unsichtbar wird. Ausgelöscht ist er damit aber nicht, denn nun führt Hübner vier Figuren ein, auf die man förmlich gewartet hat - die Neuen (Raul Semmler, Nadia Migdal, Kai Meyer, Marion Bordat). Mit der Seriosität von Krusenstern wollen sie nichts zu tun haben. Sie begreifen Leben und Beruf als amüsantes Spiel; sie treten als überdrehte Figuren auf, deren zuckende Bewegungen wie von einem Roboter gesteuert erscheinen. Gegen diese Vier und ihre Wortblasen hat Krusenstern keine Chancen; er ist für sie nur Spielball und Versuchsobjekt. An seiner Person wird der alte Typ Mitarbeiter überprüft - und verworfen.
Viele wunde Stellen
In Paul-Georg Dittrichs Inszenierung für das Landestheater Tübingen (LTT) kommt Hübners Abrechnung visuell und akustisch kräftig, ja sogar schrill daher. Der Schaumteppich dient als Projektionsfläche für die unterschiedlichen Vorstellungen von Kontrahenten, die mit Mikrofon und Live-Kamera ebenso ihre Macht wie ihre Ängste hinausposaunen.
Die Inszenierung hat nach dem langen, wortlosen Beginn an Tempo zugelegt - bis sie so ins Schlingern gerät, dass Menschen und Requisiten ausser Kontrolle geraten. Aber dann knüpft Dittrich an die erste Szene an. Krusenstern sitzt wiederum auf seinem Aktenkoffer: «Ich gehe jetzt weg». Dies das bedenkenswerte Ende eines Stücks, dessen Autor die Finger auf viele wunde Stellen gelegt hat.