Montagsporträt
In der Praxis steht die Gitarre zur Dekoration in der Ecke

Pascal Knecht-Bösch – Augenarzt, Forscher, Privatdozent und daneben Singer und Songwriter. Einst fiel ihm die Berufswahl schwer, heute widmet er sich all seinen Leidenschaften. Und seiner Familie.

Roman Huber
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Pascal Knecht-Bösch ist mit Leib und Seele Augenspezialist – und nebenbei auch Musiker.

Pascal Knecht-Bösch ist mit Leib und Seele Augenspezialist – und nebenbei auch Musiker.

Alex Spichale

Der Blick aus der Praxis heraus führt über Wettingen hinweg in Richtung Baden. Zuoberst in der Center Passage an der Landstrasse liess Pascal Knecht-Bösch schmucke Praxisräume einrichten. «Meine Frau und ich haben die Praxis zusammen mit Mireille Allemann nach unseren Vorstellungen gebaut», erklärt Knecht-Bösch. Seine Frau Martina ist ebenfalls Augenärztin mit Spezialisierung auf Hornhautprobleme und Partnerin in der Praxis.

Sein Berufs-und Lebensweg hätte womöglich ganz anders verlaufen können. Es war im Jahr 1997: Pascal Knecht wollte eigentlich nach Los Angeles ans Guitar Institute of Technology. «Die Gitarre war zu diesem Zeitpunkt mein Leben, ich wollte 24 Stunden am Tag spielen», erinnert sich der Augenarzt noch heute. Die Alternative war ein Medizinstudium, da ihn der Arztberuf seit früher Kindheit fasziniert habe.

«Ich bin bei diesem Entscheid nicht unter Druck gestanden», sagt Pascal Knecht-Bösch. Die Eltern hätten ihm damals freie Wahl gelassen. Die Passion für die Medizin war schliesslich stärker. Die Gitarre und seine Stimme begleiten ihn allerdings heute noch auf verschiedene Bühnen in der Region und darüber hinaus.

Die Faszination «Auge»

Beim Medizinstudium habe er eine besondere Begeisterung für die Mikrochirurgie entwickelt. «Diese Feinarbeit war für mich von Anfang an eine Challenge», sagt Knecht-Bösch, und seine Augen leuchten dabei. Der heutige Augenchirurg absolvierte seine erste Assistenzarztzeit nach dem Staatsexamen im Jahr 2004 im Notfall und dann als Hausarzt in Zermatt. «Eine grossartige Zeit, die mich als Arzt am meisten prägte.»

Dann erfolgte der Wechsel an die Augenklinik der Universität Zürich. «Beim Auge sieht man einfach alles», umschreibt Knecht-Bösch seine Begeisterung. Auf dem Gebiet der Augenheilkunde schrieb er denn auch seine Doktorarbeit. Während der Ausbildung und auch als Oberarzt wuchs zusehends auch das Interesse an der Erforschung des Auges. «Forschungsprojekte sind einfach spannend», schildert Knecht-Bösch die Faszination.

Dass er bei dieser Tätigkeit die Augenärztin Martina Bösch kennen gelernt und dann geheiratet hat, musste wohl so sein. Es folgte ein Auslandaufenthalt zur Vertiefung seines Wissens über Netzhaut- und Aderhauterkrankungen in Schottland. Dort entwickelte sich auch seine Liebe für den schottischen Single Malt Whisky. «Je rauchiger, desto besser», lautet sein Kommentar.

Forschung als Steckenpferd

«Es ist vor allem die klinische Forschung, die uns beide interessiert. Zusammen entwickeln wir Ideen und hinterfragen immer wieder.» Zahlreiche prospektive Studien, bei denen sie Behandlungsmethoden auf ihre Wirksamkeit untersucht haben, führten zu Publikationen, welche die Namen Knecht oder Bösch tragen. Studien über die Therapie bei der altersbedingten Makuladegeneration, Fremdkörpern im Auge, Höhenmedizin oder das Thema Intraokularlinse, ein Verfahren, bei dem mittels Operation des grauen Stars eine Linse implantiert wird.

Die gemeinsame Leidenschaft hat auch Problempotenzial: Es sei nicht einfach, gemeinsam zu Tisch zu sitzen und dabei kein Wort über die Augenmedizin zu verlieren, gesteht Knecht-Bösch. «Wir haben darum die 10-Minuten-Regel eingeführt», meint er und schmunzelt. Dann heisse es Themawechsel. Zudem sei die Zusammenarbeit mit dem Menschen, mit dem man verheiratet ist, nicht immer einfach. «Bei der Arbeit erwarten wir gegenseitig, dass geliefert wird.»

Operations-Einsatz in Peru

Doch die gemeinsame Berufung hat das Paar zusammengeschweisst. Der Einsatz im Frühling 2014 für die St. Lucy Foundation im Erdbebengebiet von Peru war für beide unvergesslich. Während zweier Wochen haben sie eine Graustar-Operation nach der andern durchgeführt. Es sei eine Grenzerfahrung gewesen, sagt Knecht-Bösch, insbesondere für seine Frau, die mit dem zweiten Kind schwanger war. «Wir haben in dieser kurzen Zeit viel gelernt, auch über uns», schildert er.

Die dortige Situation stimmt ihn aber auch nachdenklich: «Bei uns ist die Operation des grauen Stars überall möglich. Das ist in Peru ganz anders», fährt er fort. «Doch eine solche Operation bei einem Vater oder einer Mutter kann dort die Existenz einer ganzen Familie retten.»

Zusätzlich als Privatdozent tätig

Vor einem Jahr eröffneten Pascal und Martina Knecht-Bösch in Wettingen ihre Augenarztpraxis. «Die Arbeit hier wird auf dem gleichen Standard wie an der Uniklinik erledigt. Zusätzlich führen wir ein kleines Unternehmen. Da müssen nebst dem Medizinischen auch unternehmerische Entscheide gefällt werden», so Knecht-Bösch.

Doch durch die täglichen, persönlichen Begegnungen mit den Menschen würden sie sehr viel zurückerhalten. «Die Patienten sind sehr nett und kommunikativ.» Das motiviere uns natürlich, die Abläufe ständig zu optimieren. «Ein Super-Job», schwärmt der erfolgreiche Augenspezialist. Erfolgreich darum, weil er vor wenigen Monaten mit erst 37 Jahren den Titel eines Privatdozenten erlangte. Dazu musste er zahlreiche Publikationen vorweisen und eine Probevorlesung vor versammelter Fakultät ablegen. Und sein Augenwissen wurde auf Herz und Nieren geprüft.

Viel Zeit neben Beruf und Familie mit Dillon (4 Jahre) und Alec (5 Monate) bleibt ihm nicht. Wenn auch die Gitarre im Hintergrund seines Büros nur dekorativen Charakter hat: Die Leidenschaft für die Musik ist noch da. Seit acht Jahren hat es zwar keine neue CD gegeben. Konzerte seien es nur noch wenige. «Wenn es sein muss, habe ich in meiner Frau eine gute Zuhörerin», sagt Knecht-Bösch, «aber Dillon beginnt schon, die Faxen des Vaters an der Gitarre nachzuahmen. Wer weiss ...»