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Der islamische Jugendverein Tawhid will seine Gebetsräume von Spreitenbach nach Killwangen verlegen. Doch das Vorhaben verzögert sich. Wer hinter dem Jugendverein steckt.
Mit der Gründung des islamischen Jugendvereins Tawhid im Jahr 2013 wurden auch gleich Gebetsräume im Industriequartier von Spreitenbach eingerichtet. Die Räumlichkeiten an der Härdlistrasse musste der Verein jedoch auf Ende März dieses Jahres verlassen, weil der Mietvertrag auslief. Der Jugendverein ist inzwischen Stockwerkeigentümer einer Liegenschaft in Killwangen und möchte neu diese umnutzen. Deshalb hat er im letzten Jahr ein Baugesuch eingereicht. Geplant sind zwei Gebetsräume, ein kleines Büro und ein Café für Vereinsmitglieder. Doch das Vorhaben verzögert sich.
Die Gründe: Nachdem der Verein das erste Baugesuch für die Umnutzung eingereicht hatte, war dem Gemeinderat nicht ganz wohl, und so kommunizierte er am letztjährigen Politinfo seine Bedenken: «Wir vermuten, dass der Verein das geplante Lokal in Killwangen als Jugendvereinslokal deklariert, da eine Moschee unzählige Einsprachen zur Folge hätte», sagte Gemeindeammann Werner Scherer damals. Der Gemeinderat wies das Baugesuch wieder zurück, zu viele Angaben würden fehlen: so zum Beispiel die Beschreibung des Zwecks und der Nutzung des Gebäudes, die Öffnungszeiten und die Parkplatzbewirtschaftung. Im letzten Dezember reichte der Verein dann ein ergänztes Baugesuch nach. Dieses hatte neun Einwendungen zur Folge.
Die Einwendungen werden aktuell behandelt, erklärt der externe Bauverwalter von Killwangen, Timon Schlumpf vom Ingenieurbüro Senn in Nussbaumen. «Insbesondere die Parkplatzsituation ist noch nicht gelöst», erklärt er. Die Gemeinde habe noch einige Erwartungen an das Baugesuch, führt Schlumpf weiter aus, «auch in Sachen Verkehr und Lärm». So kommen zum Freitagsgebet sehr viele Menschen: In einem (inzwischen gelöschten) Eintrag auf moscheesuche.de war zu lesen, dass rund 200 Personen die Gebetsräume in Spreitenbach besuchen würden. Auf diesen Eintrag verwies Werner Scherer am Abend der Politinfo.
Wer steckt hinter diesem Verein? Der Vereinspräsident heisst Amir Ameti (32), ist in Zürich aufgewachsen und lebt seit sieben Jahren in Spreitenbach. Der Jugendverein Tawhid zähle rund 120 Mitglieder, finanziere sich aus Mitgliederbeiträgen sowie freiwilligen Spenden und habe noch keinen festen Imam, erklärt er. Das übergeordnete Ziel des Vereins sei die vollständige Integrierung und Anerkennung der Muslime in Spreitenbach und im Limmattal. Auch möchte man den in der Region lebenden Muslimen eine Möglichkeit bieten, ihren religiösen Pflichten nachzukommen.
Wo in den meisten Fällen ein Imam die Jugendarbeit leitet, ist es hier der Vorstand. Dieser biete laut Ameti «Unterstützung in der Arbeitssuche, individuelle und kurzfristige Nachhilfe zu bestimmten schulischen Themen, Begleitung in persönlichen und familiären Herausforderungen bis zu gemeinsamen Aktivitäten wie Sport oder Ausflüge». Für den neuen Ort streben sie auch einen festen Imam an, so Ameti.
Zudem wollen sie sich mit dem Umzug nach Killwangen einen neuen, verständlichen Namen für die Schweizer Bevölkerung geben. Dass der Jugendverein den Begriff «Tawhid» gewählt hat, habe einen einfachen Grund: «Es ist der wichtigste Glaubensgrundsatz des Islams», so Ameti. Laut Wikipedia ist das arabische Wort «Tawhid» das Bekenntnis, dass es neben Gott (arabisch: Allah) keine anderen Götter gebe.
Trotz der vielen Menschen, die in den sechs Jahren jeden Freitag die Gebetsräume in Spreitenbach besuchten, verlief bisher alles ohne Zwischenfälle, sagt Roland Jenny, Polizeichef der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal: «Es ist für uns wichtig, zu wissen, dass es diesen Verein gibt und wo dieser seine Moschee hat», so Jenny. «Bisher hatten wir aber noch nie etwas mit ihnen zu tun, weder durch Lärmklagen noch Sonstigem.» Freitags habe es zwar viele Autos dort, «doch die Menschen verhalten sich ruhig und haben uns noch nie Anlass zur Sorge gegeben», versichert Jenny. Der Polizeichef nennt die dortigen Gebetsräume Moschee. Wenn die Rede von Moschee ist, sind in der Schweiz aber zumeist solche Gebetsräume gemeint. So findet man unter dem Stichwort «Moscheen» die Spreitenbacher Gebetsräume auch auf der Website des Verbands Aargauischer Muslime (VAM). Dieser listet alle Gebetsräume im Kanton auf, auch von denjenigen Vereinigungen, die nicht Mitglied des VAM sind. Insgesamt gibt es 25 solcher Moscheen beziehungsweise Gebetsräume im Aargau, davon sind drei als Nicht-Mitglied aufgeführt – darunter auch der Jugendverein Tawhid. «Wir möchten mit dieser Auflistung einen transparenten Überblick bieten, wo es im Aargau überall Moscheen beziehungsweise Gebetsräume gibt», erklärt VAM-Pressesprecher Malik Allawala. Deshalb seien auch Nicht-Mitglieder aufgeführt.
Beim VAM Mitglied zu werden, stand bisher nicht auf der Prioritätenliste des Jugendvereins, sagt Vereinspräsident Amir Ameti, wichtiger sei gewesen, einen fixen Standort zu finden. Den haben sie zwar gefunden, doch kann er noch nicht wie gewünscht genutzt werden. Um vorübergehend trotzdem eigene Räumlichkeiten anbieten zu können, hat der Jugendverein ein weiteres Baugesuch in Spreitenbach eingereicht: für die befristete Umnutzung von Räumlichkeiten in einem Gebäude an der Härdlistrasse 11, gleich neben den vorherigen Gebetsräumen. Dieses Baugesuch liegt noch bis Ende April auf.
Bis zur Bewilligung müssen die Mit-glieder des Vereins auf Gebetsräume in der Umgebung ausweichen. Ameti hofft darauf, schon bald die Räumlichkeiten im eigenen Gebäude in Killwangen beziehen zu können. Er wünscht sich direkten Kontakt mit der dortigen Bevölkerung, um ihr die Vorurteile zu nehmen: «Wenn wir in unserem Lokal sind, haben wir ‹immer› Tag der offenen Tür und nehmen uns sehr gerne auch die Zeit, Fragen der Bevölkerung zu beantworten.»