Baden
Jeder braucht Zuwendung und Geborgenheit

Das christliche Sozialhilfswerk Hope lud alle, die sich einsam fühlen, zur Gassenweihnacht. In der Fondue-Hütte auf dem Bahnhofplatz in Baden gab es Fondue, Schokoladenmäuse, Guetzli und Gitarrenmusik. Rolli, Calo und Dani genossen den Abend.

Ursula Burgherr
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Statt Weihnachten alleine zu verbringen, traf sich in Baden eine bunt gemischte Gruppe zum geselligen Fondue-Abend.

Statt Weihnachten alleine zu verbringen, traf sich in Baden eine bunt gemischte Gruppe zum geselligen Fondue-Abend.

Ursula burgherr

Der geschmolzene Käse blubbert leicht in den Caquelons, Kerzen schimmern, Schokoladenmäuse und Guetzli schmücken die Tische in Humbels Fondue-Hütte am Bahnhofplatz in Baden. Es ist gemütlich wie an einem grossen Familienfest. Und das ist die Gassenweihnacht vom christlichen Sozialhilfswerk Hope auch irgendwie. Eingeladen waren alle, die sich in diesen Tagen einsam fühlten und spontan Lust hatten, sich zur bunt gemischten Gruppe dazuzugesellen.

«Gerade über die Feiertage empfinden viele das Alleinsein stärker als sonst», sagt das Ehepaar Preindl, welches seit langem Freiwilligenarbeit leistet. «Jeder Mensch braucht jemanden, der ihm zuhört, und einen Ort, wo er sich geborgen fühlen kann, um seelisch aufzutanken», ergänzt Ramona Zellweger, Wohnbegleiterin vom «Hope». Dies sind die Hauptgründe, warum die Gassenweihnacht nun schon das zweite Jahr über die Bühne ging. Die Esswaren wurden auch diesmal wieder hauptsächlich von der Schweizer Tafel gespendet, die überschüssigen, noch einwandfreien Lebensmittel einsammelt und an Armutsbetroffene verteilt.

«Ich lass mich nicht unterkriegen»

An Heiligabend anwesend war beispielsweise Rolli. Der Badener spielte American Folk auf seiner Gitarre, und das erstaunlich gut. Der 56-Jährige wäre – wie die meisten in der Fondue-Hütte – alleine, wenn es die Gassenweihnacht nicht gäbe. Er arbeitete einst als Fernfahrer, hat die Welt gesehen. Heute bezieht er IV wegen einer schweren Erkrankung. Dazu kamen weitere persönliche Schicksalsschläge, die ihn aus der Bahn warfen und in die Isolation trieben. «Ich lebe in einer Sozialwohnung vom ‹Hope› und habe 400 Franken im Monat zur Verfügung», erzählte er, bevor er wieder in die Saiten griff und energisch sagte: «Ich lass mich nicht unterkriegen.»

«Ich hoffe, dass es 2016 mit mir wieder aufwärtsgeht»

Auch Calo aus Rieden war zugegen. «Ich bin hier, weil ich sonst mutterseelenallein wäre», sagte der 45-Jährige. Der Sozialbezüger wünschte sich fürs neue Jahr, «dass die Gesundheit besser wird und ich wieder etwas arbeiten kann». Dani aus Turgi, die mit ihren Hunden Mogli und Rashka gekommen war, blühte beim Fondue auf. Sie ist psychisch angeschlagen, sodass sie nicht mehr arbeiten kann. Es war zu spüren, dass eine schlimme Vergangenheit auf ihren Schultern lastet, darüber reden wollte sie nicht. «Ich hoffe, dass es 2016 mit mir wieder aufwärtsgeht», sagte die sensible Frau.

Das «Hope» als Auffangbecken

«An unserem Anlass finden sich vorwiegend Menschen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen. Heute sind das längst nicht mehr nur Drogen- und Alkoholkranke. Immer mehr kommen Leute mit psychischen Problemen und ‹Working Poor› dazu», sagt Erwin Mannhart, Gassenarbeiter vom «Hope». Ramona Zellweger ergänzt: «Die hohen Ansprüche, welche die Gesellschaft an uns stellt, können viele gar nicht mehr erfüllen. Wir vom ‹Hope› sind ein Auffangbecken für jene, die nirgendwo mehr Platz haben.»

Die «Hope»-Gassenweihnacht liess alle zusammenrücken, auch ein paar afrikanische Asylsuchende nahmen schüchtern an den Tischen Platz.