Eine einheitliche Regelung für die organisierte Sterbehilfe gibt es nicht im Aargau. Wer von einer Sterbebegleitung Gebrauch machen will, muss fürs Sterben fast immer die Institution verlassen. Nur wenige Pflegeheime erlauben Sterbehilfe.
Das Thema Sterbehilfe ist äusserst aktuell und heikel – trotzdem oder gerade deshalb ist es in aller Munde. In der Stadt Luzern wurde eine einheitliche Regelung zur Sterbehilfe festgelegt.
Der Bundesrat aber verzichtete im Juni auf eine einheitliche rechtliche Grundlage für organisierte Sterbehilfe. Eine einheitliche Regelung gibt es im Aargau noch nicht. Es ist bislang nur in wenigen Pflegezentren möglich, von Sterbehilfeorganisationen Gebrauch zu machen.
Selbstbestimmung wichtig
Wer die Hilfe einer Sterbehilfeorganisation in Anspruch nehmen möchte, ohne das Heim verlassen zu müssen, kann das bisher nur im regionalen Pflegezentrum Baden (RPB) tun. Das RPB hat als grösste Institution der Region klare Richtlinien. RPB-Direktor Marc Pfirter: «In unseren Räumlichkeiten ist es möglich mithilfe einer Sterbehilfeorganisation aus dem Leben zu treten.» Allerdings müssten sich die Bewohner selber darum kümmern, eine Organisation zu finden. «Auch gesetzliche Vorgaben müssen die Bewohner oder deren Angehörige selber prüfen», so Pfirter.
Selbstbestimmung wird im RPB gross geschrieben. «Wer ein selbstbestimmtes Leben hat, der soll auch selbstbestimmt sterben können», betont Pfirter. Er befürchtet einen Sterbetourismus, falls das RPB Sterbehilfe ablehnen würde. Im Leitbild ist festgehalten: «Wir ermöglichen den Bewohnern das Sein und das Leben in Würde.» Aus diesem Grund dürfe man die Menschen nicht einfach abschieben. «Sie sollen in gewohnter Umgebung und im Kreis ihrer Angehörigen sterben können», sagt der RPB-Direktor.
Thema an Podien behandeln
Nächsten Frühling werde es im RPB Vortragsreihen zum Thema Sterbehilfe geben. Geplant seien auch verschiedene Podien, die das Thema behandeln würden. «Durch Pro- und Kontra-Diskussionen wollen wir herausfinden, wie die Bevölkerung zum Thema steht», so Pfirter.
Daniela Oehrli, Stadträtin von Baden und Verantwortliche für das Ressort Gesundheit: «Im Alterszentrum Kehl in Baden ist der Beschluss noch nicht öffentlich kommuniziert.» Generell werde die Regelung gleich aussehen wie im RPB. «Selbstbestimmtes Sterben soll auch im Alterszentrum Kehl möglich sein», sagt sie.
Glaube ist Hindernis
Längst nicht alle Pflegezentren in der Region stehen dem Thema so offen entgegen. Im Alters- und Pflegeheim St. Bernhard in Wettingen wird Sterbehilfe abgelehnt. Geschäftsführer Andreas Notz: «Es ist ein sehr heikles Thema. Wir akzeptieren Sterbehilfe bei uns nicht.» Man wolle den Bewohnern auch beim Sterben eine schöne Umgebung bieten und sie wie zu Hause fühlen lassen. Das Leitbild besagt: «Das Heim ist politisch und konfessionell neutral.»
«Viele unserer Mitarbeiter haben verschiedene Glaubensrichtungen. Sterbehilfe wäre aus diesem Grund nicht vertretbar», sagt Notz. Für den Freitod eine Sterbehilfeorganisation beizuziehen, werde auch in näherer Zukunft nicht möglich sein, sagt der Geschäftsleiter.
Windisch und Lupfig: klares Nein
Das Betagtenzentrum Lindenpark in Windisch lehnt Sterbehilfe ab. «Wir tolerieren und erlauben in unseren Räumlichkeiten keine Sterbehilfe», sagt Urs Keller, Heimleiter des Lindenparks.
Auch das Altersheim Eigenamt in Lupfig lehnt die Beihilfe zum Freitod kategorisch ab. Heimleiter Martin Hüppi: «Unsere Bewohner können melden, wenn sie davon Gebrauch machen wollen. In den Räumlichkeiten unseres Altersheims tolerieren wir Sterbehilfe jedoch nicht.» Das Heimreglement besagt deutlich: «Wir leisten keine Beihilfe zur Selbsttötung im Heim. Um diesen Richtlinien in vollem Umfang entsprechen zu können, verpflichten sich Bewohner oder deren Vertretung, ihre Mitgliedschaft bei einer Sterbeorganisation der Heimleitung gegenüber offen zu legen.» Weiter sagt das Reglement: «Die Herbeiführung des Todes mithilfe einer Sterbeorganisation muss zwingend ausserhalb des Heims geschehen.»
Unter dem Dach der Süssbach AG in Brugg ist das stationäre Hospiz eingebettet. Dort werden Schwerkranke und Sterbende ambulant oder stationär betreut und gepflegt. «Sterbehilfe in unseren Räumlichkeiten lehnen wir ab», sagt die Leiterin des stationären Hospizes, Margrit Güntert. Der Aargauer Hospiz-Verein respektiert das Leben und sein natürliches Ende. Beihilfe zum Suizid oder aktive Sterbehilfe hätten in der Hospiz-Tätigkeit aber keinen Platz. Margrit Güntert: «Der Tod ist das natürliche Ende des Lebens, die Patienten werden bei uns mit Würde in den Tod begleitet.»