Untersiggenthal
Jodelndes Fernweh nach der Weite der Bergwelt

Der Jodlerklub Edelweiss lud zum gemütlichen Jodler-Obe ein. Als der Gastgeber in seiner Reusstaler Sonntagstracht die Bühne betritt, wird es im Festsaal mucksmäuschenstill. Sie waren aber nicht das einzige Highlight an diesem Abend.

Tabea Baumgartner
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Die «Märchler Trachtelüt» verzaubern das Publikum mit ihrem Trachtentanz. Tabea Baumgartner

Die «Märchler Trachtelüt» verzaubern das Publikum mit ihrem Trachtentanz. Tabea Baumgartner

Die gemütliche Feststimmung in der Mehrzweckhalle Untersiggenthal wurde am Samstagabend jäh durch einen lauten Knall unterbrochen. Über den Köpfen der genüsslich speisenden Gesellschaft thronten zwei muskulöse Männer, die mit ihrer Geissel chlöpften. Damit nicht genug: Ein ohrenbetäubendes Rumoren von Kuhglocken nahm die Halle in Beschlag – die Einscheller-Vereinigung der March (SZ) zog ein.

Trachten vor verschneiten Bergen

Als der Jodlerklub Edelweiss Untersiggenthal die Bühne betrat, wurde es im Publikum mucksmäuschenstill. Sie strahlten in ihrer Reusstaler Sonntagstracht: weinrot- und blau-weiss die Frauen, die Männer in ihrer samtschwarzen Tracht mit aufgesticktem Edelweiss. Wie sie das erste Lied «dr Bärgbach» anstimmten, die verschneite Bergkulisse im Hintergrund im warmen Scheinwerferlicht leuchtete, fühlte sich der Zuschauer augenblicklich ins Berner Oberland versetzt. Die zwei Frauen vermochten die Halle mit ihren hellen Stimmen zu füllen, während die Männer einen stabilen Klangboden lieferten. Aus der Innerschweiz waren die «Märchler Trachtelüt» angereist. Sie drehten sich zur Live-Musik um die eigene Achse, während ihre Röcke den Tanz freudvoll mithüpften. Ihre Tanzschritte vermochten die Bühne zum Zittern zu bringen, und ihre strahlenden Gesichtern liessen manches Ländlerherz höher schlagen.

Musikalisch herausragend war das Jodlerterzett Stadelmann: Ihre Stimmen schwangen so frei, dass die Bewohner des nebligen Mittellandes ein leises Fernweh nach der Weite der Bergwelt beschlich. Sowohl ihre ausdrucksstarke Mimik wie auch das gelungene Vibrato bewiesen, dass hier ein musikalischer Höhepunkt aus dem Kanton Bern angereist war. Während die anderen pausierten, unterhielt das Schwyzerörgelitrio Waldgeist die rund 350 Jodelfreunde.

«Wir könnten Verstärkung gut gebrauchen – vor allem die jungen Leute fehlen uns», sagt Doris Brändli, Dirigentin des Jodelklub Edelweiss, der heuer sein 90-jähriges Bestehen feiert. 14 Jodlerinnen und Jodler aus der Region Baden sind es noch, die sich regelmässig treffen, «um dieses Kulturgut zu pflegen», wie Brändli sagt. «Und darauf darf man stolz sein. Aber primär ist es die Freude am Singen und am Jodeln, die uns wöchentlich zusammenbringt.» Selbst wenn sie müde von der Arbeit komme: aus der Probe gehe sie immer aufgestellt und zufrieden. Brändli: «Wir sind wie eine Familie geworden.»