Operette
Johann Strauss auf Schmalspur zu Gast

Im Badener Kurtheater führte die Kammeroper Köln das Stück «Eine Nacht in Venedig» auf, das trotz aufgepeppter Form und den unsterblichen Melodien von Strauss nicht überzeugen konnte.

Rosmarie Mehlin
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Das Ensemble präsentierte sich im Kurtheater farbenfroh – in Sachen Schminke und Petticoats aber etwas gar übertrieben. zvg

Das Ensemble präsentierte sich im Kurtheater farbenfroh – in Sachen Schminke und Petticoats aber etwas gar übertrieben. zvg

Dem Musical-Boom und den Spielplänen grosser, staatlich subventionierter Theater zum Trotz: Operetten sind immer noch sehr starker Publikumsmagnet. So war denn das Kurtheater am Samstagabend bis auf den letzten Platz besetzt und es herrschte spürbar eitel Freude. Sie galt zweifelsfrei vor allem den unsterblichen Melodien von Johann Strauss. Mit «Komm’ in die Gondel mein Liebchen!», «Ach, wie so herrlich zu schau’n, sind all die reizenden Frau’n», «Alle maskiert» lässt es sich halt gar so wunderbar schwelgen.

Daran änderte auch nichts, dass die Aufführung der Kammeroper Köln musikalisch ziemlich dürftig daherkam: Das kleine Orchester gab sich zwar ebenso redlich Mühe wie die Sängerinnen und Sänger, doch ausser dem Sopran der Annina, waren ihre stimmlichen Volumen bescheiden. Auch der (Mini-)Chor war zum grössten Teil aus eben diesen Solisten zusammengesetzt.

War die Aufführung musikalisch also auf Sparstrom geschaltet, haben andererseits Regisseur, Choreograf und Maskenbildner aus dem Vollen geschöpft. Dass die Handlung aus Mitte des 18. Jahrhunderts in die frühen 60er des 20. Jahrhunderts verlegt wurde, ist ein durchaus reizvoller Einfall. Dass dabei aber bezüglich Perücken teilweise schlimme Fehlgriffe getan, in Sachen Schminke und Petticoats masslos übertrieben wurde, wirkte provinziell und tat diesem Reiz Abbruch.

Nicht das drin, was drauf steht

Leider stellte sich auch rasch heraus, dass die Aufnahme einer Szene mit klassischem Ballett im Inserat und der Ankündigung eine Mogelpackung war: In Tat und Wahrheit absolvierte eine einzelne Tänzerin – sowie in regelmässigen Abständen verbissen auch das Ensemble – zackige Schrittfolgen, gepaart mit einer Art Aerobic und angereichert mit einer Portion Erotik à la Tabledance. Ciboletta war extensiv auf blond, sexy und strohdumm getrimmt, Caramello ständig mit seinem Kamm an sich und anderen zugange, Barbara kramte, während sie «Oh wie das Herz mir schlägt» sang, den Lippenstift aus ihrem Täschchen und schminkte drauflos.

Erfrischend waren die Auftritte des vertrottelten Delaqua und das Schwipslied, das hier nicht von Annina, sondern von Agricola gesungen wurde. Sie war hier auch nicht Gattin von Senator Barbaruccio, da dieser zufolge offensichtlicher Personalsparmassnahme gestrichen war, sondern Putzfrau bei Delaqua.

Aber das mitreissende «Mir ist auf einmal so komisch zumute; irgendwas prickelt und kitzelt im Blute ...» von ihr war das Highlight des Abends.

Ein Abend, der vor Augen führte, wie glücklich sich wir Aargauer mit den professionellen Aufführungen der Operettenbühnen Beinwil, Bremgarten, Möriken und Rheinfelden schätzen können.