Baden
Kantischülerinnen hypnotisieren Freiwillige für ihre Maturaarbeit

Eine az-Redaktorin hat es gewagt: Sie hat sich von den beiden Kantischülerinnen Jana Meindl und Melanie Borner hypnotisieren lassen. Im Selbstversuch kam sie zu einer erstaunlichen Erkenntnis.

Stefanie Suter
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Jana Meindl (links) und Melanie Borner behandeln in ihrer Maturaarbeit das Thema Hypnose.

Jana Meindl (links) und Melanie Borner behandeln in ihrer Maturaarbeit das Thema Hypnose.

Stefanie Suter

Es ist ganz still im Zimmer, nur das Wiehern eines Pferdes ist zu hören. Ich liege auf einem Bett und bin nervös: Ich werde heute zum ersten Mal hypnotisiert. «Mache es Dir bequem. Nimm Dir vor, Dich zu entspannen», sagt Jana Meindl mit ruhiger Stimme. Neben ihr sitzt Melanie Borner.

In den nächsten Minuten wird sie regelmässig meinen Puls und die Temperatur meiner Handinnenfläche messen. Meindl und Borner besuchen die Kanti Baden und schreiben eine Maturaarbeit über Hypnose. Sie hypnotisieren zehn Freiwillige – auch mich.

Vorurteile abbauen

«Unser Ziel ist es, den Menschen aufzuzeigen, dass die Hypnose eine gute Möglichkeit ist, um beispielsweise Angststörungen zu therapieren», erklärt Meindl. «Da wir keine Therapeuten sind, versuchen wir während der Hypnose nur, die Temperatur Deiner Handinnenfläche zu beeinflussen.» Borner ergänzt: «Wir wollten auch die Vorurteile gegenüber der Hypnose abbauen.»

Das ist mein Stichwort: «Werde ich während der Hypnose die Kontrolle über mich verlieren?», frage ich nervös. «Nein, im Trancezustand kann man immer entscheiden, was man zulassen will und was nicht», beruhigt mich Meindl. Die Hypnose sei ein alltäglicher Zustand: «Wenn man während des Unterrichts aus dem Fenster schaut oder konzentriert liest, vergisst man alles rundherum – wie in Trance.»

Die klinische Hypnose bei einem Therapeuten sei nicht zu vergleichen mit der Showhypnose, sagt Borner: Auf der Bühne spiele ein anderes Phänomen mit: «Die Person weiss, dass die Show von ihr abhängt – der Druck führt zu einer Stresssituation und man folgt in Trance blind den Befehlen.»

Ich bin etwas beruhigter, schliesse die Augen und versuche, ruhig zu atmen. «Spüre, wie Du bei jedem Atemzug tiefer in Deine Gedanken eintauchst und Dich immer mehr entspannst», fährt Meindl ruhig fort. Ich versuche es, werde aber vom wiehernden Pferd abgelenkt. Als ob sie es ahnt, sagt sie: «Vielleicht hast Du noch Gedanken, die Dich stören – lasse sie beiseite.» Ich muss ein Schmunzeln unterdrücken. Kann sie jetzt auch noch Gedanken lesen?

Bis die Angst überwunden ist

«Stell Dir vor, Du gehst an einen schönen Ort», spricht Meindl weiter. Ich wünsche mich an den Strand, auf eine paradiesische Insel. «Nimm all die Empfindungen wahr.» Wie geheissen versuche ich, die Sonne auf meiner Haut, den Sand unter meinen Füssen und die leichte Meeresbrise im Gesicht zu spüren. Genau so funktioniert auch die Angsttherapie: Der Therapeut lasse den Patienten wechselweise die Situation der Angst und eine schöne, beruhigende Situation durchleben, haben mir die beiden jungen Frauen vorgängig erklärt. Werde die Angst zu gross, würde der Therapeut die Trance abbrechen. Die Hypnose werde so lange wiederholt, bis die Angst überwunden sei.

«Du stehst nun vor einem warmen Gegenstand. Konzentrier Dich auf Deine Hand – strecke sie in die Richtung der Wärmequelle aus.» Ich bin auf einem Boot und halte mich an der Reling fest, die von der Sonne erhitzt ist. Die Hand fühlt sich heiss an und Wärme erfasst meinen Körper. Ein schöner Ort, wie im Paradies.

Unter mir prallen die Wellen am Boot ab, das sich leicht hin und her bewegt – ein beruhigendes Gefühl. Plötzlich schrecke ich auf. Meindl zählt rückwärts und ich höre nur noch: «Zwei, eins.» Was hat sie vor dem Rückwärtszählen gesagt? Muss ich die Augen öffnen? Ich bin unsicher: «Entschuldigung, ich war mit meinen Gedanken irgendwo – was hast Du gesagt?» Meindl und Borner müssen lächeln und sagen: «Du kannst die Augen öffnen, die Hypnose ist fertig.» Es hat tatsächlich funktioniert, ich habe alles rundherum ausgeblendet – auch das wiehernde Pferd.

Wir sehen uns nun die Werte des Pulses und der Körpertemperatur an, die Borner notiert hat. Und tatsächlich: Mein Puls ist langsamer geworden. Nur bei meinem plötzlichen Aufwachen schnellte er in die Höhe – von 49 auf 59 Schläge pro Minute. Erstaunlich: Die Temperatur meiner Handinnenfläche war am höchsten, als ich mir den warmen Gegenstand in meiner Hand vorgestellt habe.