Stetten/Niederrohrdorf
Kanton korrigiert Asyl-Entscheid – Gemeinden atmen auf

Der Kanton gibt mehreren Gemeinden Recht, was die Anrechnung von Asylbewerbern in den Gemeinden angeht. Neuenhof darf nun deutlich mehr Asylsuchende beim Gemeindeverbund anrechnen. Stetten und Niederrohrdorf atmen auf.

Sabina Galbiati
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Neuenhof darf deutlich mehr Asylsuchende dem Verbund anrechnen.

Neuenhof darf deutlich mehr Asylsuchende dem Verbund anrechnen.

ZVG/Franz Killer

Lange mussten die sechs Gemeinden des Asylverbunds Neuenhof, Killwangen, Nieder- und Oberrohrdorf, Stetten sowie Würenlos auf den Entscheid seitens Kanton warten. Nun können sie aufatmen: Zur Erfüllung ihrer gemeinsamen Aufnahmepflicht dürfen neu alle 38 Asylsuchenden, die in Neuenhof in gemeindeeigenen Plätzen leben, dem Verbund angerechnet werden. Bisher durfte Neuenhof den anderen Gemeinden lediglich 9 Personen rechnerisch an die Erfüllung ihrer Aufnahmepflicht weiterreichen. Dies, weil in Neuenhof derzeit 38 Asylsuchende leben und damit 9 Personen mehr, als die Gemeinde laut aktueller Liste des Kantons aufnehmen muss. Nicht berücksichtigt wurden bisher die 57 Plätze der kantonalen Asylunterkunft, die in Neuenhof steht.

Doch die betroffenen Gemeinden sind der Ansicht, dass die Plätze in der kantonalen Unterkunft, wie gesetzlich festgehalten, der Standortgemeinde angerechnet werden müssen, womit Neuenhof seine Aufnahmepflicht bereits erfüllt. Die zusätzlichen 38 gemeindeeigenen Plätze sollen deshalb auf die übrigen Gemeinden verteilt werden können. Umso mehr waren die Gemeinden überrascht, als es im vergangenen Jahr hiess, die kantonale Unterkunft werde bei der Erfüllung der gemeinsamen Aufnahmepflicht im Verbund nicht berücksichtigt.

Würenlos, Nieder- und Oberrohrdorf sowie Stetten gerieten arg unter Druck. Sie erhielten vom Kanton eine Zuweisungsverfügung und mussten innert kurzer Zeit zusätzliche Asylsuchende aufnehmen. Zwischen 8 und 22 Personen waren es pro Gemeinde. Am stärksten betroffen war Würenlos. Die Gemeinde hat daraufhin in der Zivilschutzanlage Wiemel eine Asylunterkunft eingerichtet. In Stetten und Niederrohrdorf verlief die Suche nach Unterkünften ohne Erfolg.

Gespräch mit Franziska Roth

Gleichzeitig wehrten sich die Verbundsgemeinden beim Regierungsrat gegen diesen Entscheid. Im Februar kam es zum Gespräch zwischen den Gemeinden und der zuständigen Regierungsrätin Franziska Roth (SVP). Auf Anfrage des «Badener Tagblattes» schreibt Roths Departement Gesundheit und Soziales (DGS) nun, dass man eine Lösung gefunden habe. Mit der kantonalen Unterkunft erfülle Neuenhof seine Aufnahmepflicht. «Die 38 Gemeindeplätze dürfen den Verbundsgemeinden weitergereicht werden.» Ein Detail: Die überzähligen Plätze der kantonalen Unterkunft können nach wie vor nicht an andere Gemeinden weitergereicht werden, schreibt das DGS. Dies war aber nie Ziel des Verbundes.

Neuenhofs Gemeindeammann Susanne Voser (CVP) freut sich über die Nachricht aus Aarau, die den Gemeinden allerdings schriftlich noch nicht vorliegt: «Es hat sich gelohnt, zusammen zu kämpfen.» Nun könne man im Verbund weiter planen und die zukünftigen Herausforderungen gemeinsam anpacken.

Der Entscheid entlastet insbesondere Niederrohrdorf und Stetten. Laut aktueller Liste mit dem Aufnahmesoll, die der Kanton führt, müsste Stetten 11 und Niederrohrdorf 20 Asylsuchende unterbringen – 16 mehr als derzeit in der Gemeinde leben. Die Niederrohrdorfer Gemeinderätin Martina Egger (SVP) zeigt sich vom Entscheid erleichtert: «Bisher mussten wir damit rechnen, dass wir die Ersatzabgabe von 110 Franken pro Person und Tag zahlen oder eine weitere Containeranlage zur bestehenden installieren müssen.» Der jetzige Entscheid entspanne diese Situation und gebe dem Verbund Zeit, geeignete Lösungen voranzutreiben. «Denn wir müssen damit rechnen, dass die Zuweisungszahlen weiter steigen. Dann reichen auch die 38 Plätze in Neuenhof irgendwann nicht mehr», gibt Egger zu bedenken.

Bislang wollte der Niederrohrdorfer Gemeinderat keine privaten Liegenschaften mieten oder eine Containeranlage zusätzlich zur bestehenden installieren. «Wir wussten ja nicht, ob dies in absehbarer Zeit wirklich nötig ist, und auf Vorrat Plätze schaffen, die man dann nicht braucht, scheint kaum sinnvoll.» In Stetten, wo bisher keine Asylsuchenden leben, will man dem Entscheid noch nicht ganz trauen, weil dieser bisher noch nicht schriftlich bei den Gemeinden eingetroffen ist. «Für uns wäre das jedoch eine grosse Entlastung, weil wir trotz Suche keine geeignete Unterkunft finden können», sagt Stettens Vizeammann Barbara Fischer (parteilos). Dennoch sei man gewillt, Asylsuchende in der Gemeinden einzuquartieren. «Wir wollen diese Verantwortung übernehmen und werden weiterhin nach geeigneten Liegenschaften suchen.», sagt Fischer.

Nicht ganz gratis

Die Plätze in Neuenhof entlasten die weiteren Verbundsgemeinden zwar. Aber Vertragsgemeinden, welche ihre eigene Aufnahmequote nicht erfüllen, leisten für die Differenz zur Aufnahmepflicht eine Ersatzabgabe an den Asylverbund: zehn Franken pro Tag und Person. «Wir investieren dieses Geld sinnvoll ins Asylwesen und in soziale sowie kulturelle Projekte», sagt Susanne Voser. Will heissen, die Gemeinde nutzt das zusätzliche Geld für den Mehraufwand in der Administration oder für Integrationsarbeit und -projekte. Die gemeinsame Erfüllung der Aufnahmepflicht sei denn auch nur eines der Ziele des Verbundes. «Durch unsere Zusammenarbeit ergeben sich neue Möglichkeiten für Integrationsprojekte wie Deutschkurse oder – soweit gesetzlich möglich – für Arbeitseinsätze.»