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Das Kantonsspital Baden führt trotz der Corona-Pandemie weiter diverse Operationen durch – eine Umstellung wäre aber kurzfristig möglich.
Keine Operationen mehr, die nicht dringend notwendig sind: Das war die klare Ansage des Bundesrats an die Spitäler, als am Montag die Notlage ausgerufen wurde. Sie sollen auf sogenannte Wahleingriffe und weitere verschiebbare Behandlungen verzichten, so die Vorgabe. Damit soll laut Erläuterung des Kantons vermieden werden, dass sich zum Beispiel in Wartezimmern unnötige Menschenansammlungen bilden. Zudem sollen keine Kapazitäten und Ressourcen gebunden werden, die potenziell zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Corona-Infektion benötigt werden. Dabei geht es um Personalressourcen, Infrastruktur, Heilmittel und medizinisches Verbrauchsmaterial.
Dennoch werden am Kantonsspital Baden (KSB) weiter «elektive» Operationen durchgeführt. Das geht aus internen Chat-Einträgen hervor, welche der AZ vorliegen. Darin schrieb Adrian Schmitter, der CEO des KSB, am Dienstag, das Spital sei weder «geldgeil» noch bewege man sich mit dieser Praxis in der Illegalität. «Sollte die Zahl der Corona-Patienten ansteigen, fahren wir den Krisenmodus sukzessive rauf respektive den Normalbetrieb runter», schrieb Schmitter. Dies wäre laut dem Spital-CEO innerhalb weniger Stunden möglich. Derzeit gebe es aber noch keinen Anlass, den OP-Betrieb herunterzufahren.
Zuvor gab es im spitalinternen Chat offenbar Fragen von Ärzten und Pflegerinnen aus der Anästhesie und den OP-Bereichen. Sie wollten wissen, weshalb am KSB nicht nur dringliche und unverschiebbare Eingriffe durchgeführt werden, wie der Bund dies verordnet habe.
«Hier werden kritische Ressourcen wie Schutzausrüstung und Mitarbeiter nicht im Sinne des Gesetzgebers eingesetzt und für die kommende Corona-Welle geschont», kritisiert ein Insider. Während andere Spitäler auf Notbetrieb umstellten, laufe am KSB der Normalbetrieb. «Sofern der Patient nicht von sich aus auf den Eingriff oder die Untersuchung verzichtet, wird vom Spital gar nichts abgesagt.»
Auf Nachfrage der AZ informiert Spitalsprecher Omar Gisler, Ziel des KSB sei, allen Patienten adäquat und zeitnah zu helfen. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man das noch tun. «Später, bei einem erwarteten Corona-Peak, wird dies vielleicht nur noch eingeschränkt möglich sein. Deshalb wäre es fahrlässig und unverantwortlich, den Spitalbetrieb jetzt schon komplett herunterzufahren oder in einen Standby-Modus zu schalten.»
Im Rahmen des Ressourcen- Managements und in Erwartung des prophezeiten Anstiegs von Corona-Patienten hat das KSB die Eingriffe und Behandlungen in die drei Kategorien A, B und C gegliedert. Diese Aufteilung ist laut Omar Gisler folgendermassen definiert und geregelt:
A) dringend, notfallmässig: Der Eingriff wird unabhängig vom Alter und vom Risiko des Patienten durchgeführt (z.B. Karzinome, Infektionen, ausgeprägte Symptomatik).
B) nicht dringend, «to do» in den nächsten zwei Monaten: Alle Anmeldungen für Patienten, die aus medizinischer Sicht nicht zwei Monate verschoben werden können, werden durchgeführt. Hier gilt aber gerade bei Risikopatienten ein gewisses Augenmass. Sollten Eingriffe bei solchen Patienten verschoben werden, muss dies vom Abteilungsleiter visiert werden. Bei allen Patienten mit Atemwegssymptomen muss ein Corona- Test durchgeführt werden.
C) nicht dringend: Patienten ohne dringliche Indikation, die problemlos drei Monate geschoben werden können. Bei unklarer Kategorie (B oder C) liegt der Entscheid, ob der Eingriff vorgenommen wird, beim Abteilungsleiter und muss dokumentiert werden. Die Patienten werden kontaktiert, und es wird bereits ein neuer Termin vereinbart. Das KSB strebt laut Gisler an, die Eingriffe der Kategorie C sukzessive herunterzufahren.
Wie sieht der Kanton das Vorgehen des KSB? Jelena Teuscher, die Sprecherin von Regierungsrat Jean-Pierre Gallati, teilt auf Anfrage mit: «Zwischen dem Gesundheitsdepartement und den Spitälern wurde vereinbart, dass ein sofortiges Umrüsten gewährleistet sein muss, falls die Zahl der zu hospitalisierenden Corona-Fälle zunimmt.» Schon am Montagmorgen, bevor der Bundesrat die erste Corona-Verordnung erliess, habe Gesundheitsdirektor Gallati die Operationen am KSB genehmigt, die geplant waren und noch durchgeführt werden konnten.
Dies sei auch mit der Covid- 19-Verordnung des Bundes weiter zulässig, weil der Begriff der dringenden medizinischen Notwendigkeit eines Eingriffs einen Auslegungsspielraum zulasse. Aufgrund der aktuellen Situation im Aargau erachtete es Gallati zu Beginn der Woche als falsch, vorsorglich alle Operationen abzusagen, die jetzt noch durchgeführt werden konnten, ohne die Aufnahmekapazitäten für künftige Covid-19-Patienten einzuschränken. Erst mit den Erläuterungen des Bundesamtes für Gesundheit vom 17. März sei der Spielraum der Kantone eingeengt worden. Teuscher kündigt an, das Gesundheitsdepartement werde die Spitäler heute Freitag anweisen, künftig von Wahleingriffen abzusehen.
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