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Zu Beginn des Lockdowns Mitte März bildeten sich zahlreiche Hilfsgruppen online – was sie in Baden und Untersiggenthal bewirkt haben.
Schon kurz vor dem Lockdown am 16. März schossen online zahlreiche Hilfsangebote aus dem Boden – auf Facebook bildeten sich viele lokale Gruppen. Die erste in der Region Baden war «Gern gscheh – Baden hilft», die auch andere Menschen dazu inspirierte, ein ähnliches Angebot für ihre Gemeinden zu schaffen. Die grösste Schwierigkeit dabei: Die Hilfsangebote an diejenigen zu bringen, die sie auch benötigen, also an Risikogruppen und über 65-Jährige.
Besonders gut lief – und läuft es immer noch – in Baden: «Die Angebote der Freiwilligen auf der Facebook-Seite sind sehr schnell in der analogen Welt angekommen», sagt Gruppengründerin Franziska Biedermann. Sie hatte zu Beginn alle Hände voll zu tun, um die eingehenden Hilfsangebote zu koordinieren. Zwischen 400 und 500 Personen hatten sich mit Hilfestellungen wie Gassigehen mit dem Hund, Botengänge oder Einkaufen angeboten.
Biedermann sortierte deren Koordinaten nach den Quartieren, in denen sie leben, hielt diese auf einem Papier fest und liess sie von anderen Freiwilligen in den entsprechenden Haushalten verteilen. «Auch den Kirchgemeinden, Pro Senectute und der Spitex konnte ich die Kontaktdaten geben. Diese Organisationen waren viel mehr in Kontakt mit Menschen, die unsere Hilfe benötigten», sagt sie. Zuerst hatte Biedermann Bedenken, dass viele zwar Interesse an einem solchen Engagement bekunden würden, sich dann aber auf lange Sicht trotzdem nicht verpflichten.
Das hat sich nicht bestätigt: «Die Hilfe hält bis heute an. Noch immer erhalten wir Anfragen und in der Regel dauert es keine halbe Stunde, bis jemand gefunden ist, der hilft.» Die Solidarität sei riesig. Wie viele Einsätze dank der Facebook-Gruppe durchgeführt werden konnten, das kann Biedermann nicht beziffern. Mit den aktuellen Lockerungen stehen nun aber Veränderungen an. Einige der Freiwilligen müssen wieder zur Arbeit: «Deshalb nehmen wir immer noch sehr gerne Hilfsangebote entgegen, da die Risikopersonen ja immer noch zu Hause bleiben sollten», so Biedermann.
Ein Punkt, der sie traurig stimmt, ist die Vereinsamung der älteren Menschen: «Es gab einige, die ‹ihre› Freiwilligen täglich anriefen, um zu reden. Man hat die Senioren zwar nach Hause verbannt, um sie zu schützen, dabei aber vergessen, wie alleine sich manche fühlen.»
Damit waren Pascal Seiler und die vielen Helfenden von «Untersiggenthal hilft» nicht direkt konfrontiert: «Bei uns sind rund drei Viertel Jugendliche, die wir durch Jugendverbände gewinnen konnten. Da halten sich ältere Menschen vielleicht eher zurück mit reden», sagt er. Seiler ist seit der Gründung der Gruppe für die Koordination der Helfenden und Hilfesuchenden verantwortlich und kann nur Positives berichten: «Ziemlich schnell haben wir mit der Gemeinde Untersiggenthal, aber auch mit dem Schweizerischen Roten Kreuz und dem Altersheim zusammen gearbeitet, die vielmehr mit eingehenden Hilfsanfragen zu tun hatten als wir.» Alles in allem seien dank der Gruppe bisher insgesamt rund 100 Einsätze zu Stande gekommen.
Seiler nimmt an, dass viele der Nachbarschaftsdienste immer noch laufen: «Sobald wir die Menschen zusammengebracht haben, ist unsere Arbeit erledigt.» Die Zahl der Anfragen ist in den letzten zwei Wochen aber abgeflacht. Wenn doch noch eine reinkomme, sei es besonders schön zu sehen, wie schnell es gehe, bis jemand gefunden ist, der sich dem Auftrag annimmt: «Manchmal keine zehn Minuten.» Er hofft, dass diese Solidarität noch lange anhält.