Der Artikel über das Merkblatt zur Kindergartenreife der Schule Baden schlägt hohe Wellen. Andere Schulen verschicken kein Merkblatt, haben es aber auch mit den erwähnten Reifekriterien zu tun.
Kürzlich hat die Schule Baden den betroffenen Eltern ein Merkblatt zur Kindergartenreife zugestellt. Die gut gemeinte Hilfestellung der Schule Baden hat aber zahlreiche Badener Eltern verunsichert. Grund sind die zehn «Kriterien für einen guten Start»: Beispielsweise sollen Kinder keine Windeln mehr tragen, selber aufs WC gehen, sich die Nase selber putzen und zehn Minuten still sitzen können. Die zehn Reife-Kriterien hatte die Schule Baden vom Kindergartenverband des Kantons Zürich übernommen.
Die Geschichte des Badener Tagblatts aufgenommen hat auch die Gratiszeitung «20 Minuten». Rund 600 Kommentare sind auf den Online-Portalen beider Zeitungen eingegangen. Die Meinungen der Leser gehen mehr oder weniger in eine Richtung: Die Leser sind erstaunt darüber, dass viele Eltern ihre Kinder mit Windeln ausgerüstet in den Kindergarten schicken. «Gäbs keine Pampers! Wegwerfwindeln sollte man verbieten, damit Eltern alles daransetzen, die dreckigen Stoffwindeln nicht mehr waschen zu müssen», ist zu lesen. Viele sagen denn auch, dass Kinder mit Windeln nicht in den Kindergarten gehören.
Das Problem stellt sich vor allem deshalb, weil der Stichtags vom 31. April auf den 31. Juli verschoben wurde und deshalb viele Kinder bereits mit vier Jahren den Kindergarten besuche. Ziel und Zweck des Merkblatts der Schule Baden war jedoch nicht, dass Eltern ihre Kinder zurückstellen. Die Eltern sollten damit sensibilisiert werden, wie weit ihr Kind sein sollte, damit es einen guten Einstieg in den Kindergarten hat. Laut Lisa Lehner, Schulleiterin Kindergarten Schule Baden, sind Kinder in Windeln nämlich das Hauptproblem. Es könne nicht die Aufgabe der Lehrpersonen sein, die Kinder zu wickeln. Wie eine Umfrage des BTs zeigt, ist das nicht nur in Baden der Fall.
Kinder sollen Zähne putzen
Das Departement Bildung, Kultur und Sport nimmt zum Merkblatt zur Kindergartenreife der Schule Baden wie folgt Stellung: «Aus Sicht des Kantons ist das Alter das einzige Kriterium für den Eintritt in den Kindergarten. Das BKS verzichtet deshalb bewusst darauf, weitere Kriterien der Kindergartenreife festzuhalten. Die Fähigkeiten auf dem Merkblatt der Schule Baden können Eltern helfen, die sich nicht sicher sind, ob sie ihr Kind bereits in den Kindergarten schicken wollen. Das BKS geht davon aus, dass die Schule Baden das Merkblatt in diesem Sinne einsetzt.» Auf die Frage, ob eine Aargauer Schule ein Merkblatt mit Kriterien, die vom Kindergartenverband des Kantons Zürich erarbeitet wurden, verschicken dürfe, schreibt das BKS: «Das Inspektorat wird wie immer, wenn es von solchen Fällen erfährt, bei der betroffenen Schule nachfragen. Das BKS wird zudem prüfen, ob in der Umsetzungshilfe zur Einführung des obligatorischen Kindergartens (Stärkung Volksschule) weitere Ausführungen nötig sind.»
Ganz allgemein hält das BKS fest: «Der Kindergarten gehört seit dem Schuljahr 2013/14 zur Volksschule und ist obligatorisch. Der Kindergartenbesuch ist Pflicht. Stichtag für die Einschulung ist der 31. Juli. Die Gemeinden haben noch bis ins Schuljahr 2018/19 Zeit, den Stichtermin vom 30. April auf den 31. Juli zu verschieben. Die Verschiebung des Stichtags hat zur Folge, dass die Kindergartenkinder im Durchschnitt etwas jünger sind als vorher. Eltern können ein Gesuch stellen, ihr Kind später in den Kindergarten eintreten zu lassen. Dies ist vor allem für Kinder gedacht, die zwischen dem 30. April und dem 31. Juli geboren sind. Das Gesuch muss der Schulpflege eingereicht werden.» (ejo)
Barbara Stamm, Schulleitung Kindergarten Neuenhof: «Wir informieren die Eltern am ersten Schultag an einem Grossanlass. In der zweiten Woche gibts individuelle, obligatorische Elternabenende.» Dort werden den Eltern auch gewisse Regeln vorgestellt, die durch die Lehrpersonen der Schule Neuenhof erarbeitet wurden. Diese sind unter anderem: Kinder sollen ihre Zähne regelmässig putzen. «Viele Kinder haben faule Zähne», gibt Stamm zu bedenken. Weiter sollten Kinder dem Winter entsprechend angezogen sein und Eltern müssen sich dazu verpflichten, die Elternbriefe zu lesen.
Grosse Verunsicherung im Aargau
Bruno Glettig, Gesamtschulleiter Schule Obersiggenthal: «Wir setzen vor allem auf Beratung, ein Merkblatt haben wir nicht.» Eltern, die verunsichert seien, würden anrufen oder Fragen schriftlich bei der Anmeldung stellen. «Gemeinsam können wir dann entscheiden, ob der Kindergarteneintritt allenfalls um ein Jahr verschoben wird.»
Aufgrund des um drei Monate verschobenen Stichtags auf den 31. Juli sei im ganzen Kanton bei Eltern wie auch bei Lehrpersonen eine gewisse Verunsicherung zu spüren. «Bei uns gab es im Hinblick auf die Kindergarten-Einschulung im Sommer eine hohe Zahl an Verschiebungsgesuchen.» Man gehe davon aus, dass sich diese Verunsicherung in den nächsten Jahren, wenn sich der neue Stichtag eingespielt hat, legen werde.