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Der Schock über die Schliessung des Möbelgeschäfts Form+Wohnen sitzt noch in den Knochen, schon folgt die nächste Meldung. Zwei weitere Läden werden aus der Innenstadt wegziehen. Politiker fürchten nun, Baden werde an Charme verlieren.
Die aus Badener Sicht wichtigste Nachricht der Woche: Das traditionsreiche Möbelgeschäft Form+Wohnen an der Rathausgasse schliesst Ende Juni nach 47 Jahren. Die az weiss: Mindestens zwei weitere Geschäfte in unmittelbarer Nähe machen ebenfalls noch dieses Jahr den Laden dicht.
Im Herbst wird das Spielfachgeschäft Miracoolix aus dem Gebäude am Theaterplatz 12 wegziehen. «Aufgrund bekannter Gründe wie des starken Frankens, der Baustellensituation Schulhausplatz und Online-Mitbewerbern können wir uns die Innenstadt leider nicht mehr leisten», bestätigen Markus Hadorn und Monica Weiss. «Wir werden unser Geschäft auf alle Fälle weiterbetreiben, einfach an einem anderen Standort in Baden», sagt Monica Weiss.
Noch sei nicht klar, wo der Miracoolix künftig stehen werde, verschiedene Optionen würden momentan geprüft. Doch es sind nicht nur lokale Unternehmer, die sich die Badener Innenstadt nicht mehr leisten können: Gemäss unbestätigten Informationen wird auch das Schuhgeschäft Bata den Laden an der Badstrasse 10 aufgeben – Ende Juli ist angeblich Schluss.
Vock spricht von Rendite-Sucht
Politiker melden sich besorgt zu Wort; sie fürchten, Baden verliere durch den Wegzug und die Schliessung von Traditionsgeschäften nach und nach an Charme und Charakter. Der Badener Grossrat Florian Vock (SP): «Ich frage mich, ob es in dieser Stadt keinen Platz mehr für Leben hat. Haben die Haus-Eigentümer vor lauter Rendite-Sucht kein Interesse an einer vielfältigen Innenstadt?» Er ruft die Stadtpolitik auf, sich mit der Entwicklung der Innenstadt auseinanderzusetzen, bevor es endgültig zu spät sei.
Bereits Einwohnerrat Olivier Funk hatte den Stadtrat vor einiger Zeit dazu aufgefordert zu prüfen, welche Möglichkeiten geeignet wären, um den Ladenmix in der Innenstadt im Sinne einer gewünschten Durchmischung zu beeinflussen. Immer mehr würden anonyme, grosse Ladenketten und profitorientierte Immobilien-Investoren das Ruder in der Badener Innenstadt übernehmen. «Wollen wir den Ladenmix wirklich völlig aus der Hand geben?», fragte Funk die Stadtregierung, und gab gleich selber eine Antwort: «Ich glaube, wir müssen selbst aktiv werden, um diesen Trend zu stoppen.»
Der Spielraum für eine direkte Einflussnahme sei sehr klein, antwortete der Stadtrat. «Denn der Anteil der stadteigenen Flächen an den Geschäftsflächen in der Innenstadt liegt bei knapp zwei Prozent.» Überdies zeige eine Studie, dass lokale Anbieter in der Innenstadt nach wie vor gut bis sehr gut vertreten seien. Der vorhandene Ladenmix werde nach wie vor von lokalen Anbietern dominiert. «Nur 36 von über 330 Geschäften in der Innenstadt werden von einer internationalen Kette betrieben», besagt die Studie aus dem Jahr 2014.
Mit der Frage, wie lokale Unternehmer besser unterstützt werden können, befasst sich auch der Badener Gewerbeverein City Com. Am Donnerstag haben die Gewerbetreibenden ihre GV abgehalten. «Die Stimmung war eigentlich gut und positiv», verrät City-Com-Präsident Robert Sailer. Wobei er das auch darauf zurückführt, dass an der GV vor allem Vertreter aus der Dienstleistungs- und Baubranche zugegen waren. «Im Gegensatz zu den Detaillisten läuft es diesen nicht schlecht.»
Der Gewerbeverein selber bleibt nicht untätig und hat zwei Aktionen ins Leben gerufen, um mehr Kunden in die Stadt zu locken. Einerseits sollen 10 000 Parkticket-Gutscheine im Wert von je 1,50 Franken an Kunden verteilt werden. «Diese Aktion ist vor allem auch dank der Unterstützung der Stadt möglich», betont Sailer. So würden die Stadt, der Gewerbeverein und die jeweiligen Detaillisten je ein Drittel der Gutschein-Kosten übernehmen.
Als Zweites sei eine Art Glückspiel angedacht. «All unsere 226 Mitglieder können sich daran beteiligen. Wenn zum Beispiel Manor einen Früchtekorb offerieren würde, würden wir diesen an einem x-beliebigen Tag einem zufällig ausgewählten Kunden überreichen.» Weil über die Übergabe anschliessend berichtet würde, profitiere nicht nur der beschenkte Kunde, sondern auch das betreffende Geschäft.»
Aber auch Sailer weiss, dass solche Aktionen nur ein Tropfen auf den heissen Stein sind. «All jenen, die Spezielles im Angebot haben, läuft es relativ gut, doch viele Detaillisten sind am Kämpfen.» Die Entwicklung bereite ihm grosse Sorgen: «Für eine attraktive Stadt braucht es nicht nur ein grosses Kulturangebot, sondern auch attraktive Einkaufsmöglichkeiten – ansonsten droht eine Verödung der Stadt.»
Blumen statt Spielzeug
Die gute Nachricht für alle, die auf lokale Unternehmer in der Innenstadt hoffen: Der Nachfolger des Spielwarengeschäfts Miracoolix steht bereits fest – das Blumengeschäft «badenblüht» wird in das Gebäude ziehen. Die Filiale steht derzeit an der Mittleren Gasse. Geschäftsführerin Franziska Schoop bestätigt: «Wir werden unsere Blumen und Pflanzen ab 1. November am Theaterplatz verkaufen. Die Mietkosten am Theaterplatz sind zwar etwas höher – aber Baden ist generell kein günstiges Pflaster. Man muss sich einiges einfallen lassen, um hier wettbewerbsfähig zu sein.»