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Das Bundesgericht hält an den 5 Jahren Landesverweis für einen Serben fest, der in der Schweiz mehrfach zu Gefängnisstrafen verurteilt worden ist. Auch dass seine Kernfamilie mit seinem Sohn hier lebt, ändert daran nichts.
Im März 2017 überfiel ein heute 34-jähriger Serbe den «Pizza Blitz» in Baden. Nachts um 1.30 Uhr bedrohte er, die dunkle Kapuze über den Kopf geschlagen, den letzten Angestellten im Lokal. In der Hand hielt er ein Küchenmesser mit 10 Zentimeter langer Klinge. Die Beute betrug rund 900 Franken. Vor dem Bezirksgericht Baden sagte er später, er könne sich an Details nicht mehr erinnern, weil er zuvor Kokain konsumiert habe.
Drei Wochen später schlug der Mann wieder zu, diesmal bei einem Kiosk in Dietikon. Wieder bedrohte er einen Angestellten mit dem Messer. Diesmal raubte er 2600 Franken. Doch der mutige Angestellte lief ihm nach – und schlug mit einer Jalousie-Eisenstange auf den Fiat Punto des Räubers. Die Frontscheibe zerbarst.
Wegen dieser wurde wenig später eine Polizei-Patrouille auf ihn aufmerksam. Es kam es zu einer Verfolgungsjagd. Der Räuber raste mit 120 km/h durch eine Tempo-30-Zone der Freiämter Gemeinde Widen. Etwas später kam er in Eggenwil von einer Strasse ab und landete in einem Acker. Zu Fuss flüchtete er weiter, ehe ihn Polizisten verhafteten.
Das Bezirksgericht Baden verurteile den Räuber und Raser im Juli 2018 vor allem wegen mehrfachen Raubes und qualifiziert grober Verletzung der Verkehrsregeln zu 3 Jahren Freiheitsstrafe. Es ordnete wegen seiner Kokainsucht zudem eine Therapie, eine sogenannte ambulante Massnahme an und sprach einen Landesverweis von 5 Jahren gegen den Serben aus. Das Aargauer Obergericht wies seine Beschwerde dagegen im Mai 2019 ab.
Gegen den Landesverweis wehrte sich der 34-Jährige vor dem Bundesgericht: Er argumentierte, der Landesverweis sei unangemessen und verstosse gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
Raub gehört zu den Katalogtaten, bei denen Richter einen Landesverweis von 5 bis 15 Jahren aussprechen können. Bei einem schweren persönlichen Härtefall kann das Gericht ausnahmsweise davon absehen. Das private Interesse des Betroffenen muss das öffentliche Interesse dabei überwiegen. Das Bundesgericht hatte also die Interessenabwägung des Obergerichts zu prüfen.
Der Serbe ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Er hat eine Lehre als Automechaniker absolviert, allerdings ohne Abschluss. Er ist mit einer Landsfrau verlobt und hat einen 2011 geborenen Sohn aus erster Ehe, den er bis zu seiner Verhaftung massgeblich betreute.
Alle diese Bezugspersonen leben ebenso in der Schweiz wie seine Eltern und die Familie des Bruders. Dank alljährlicher Ferien hat er zwar auch Kontakte im Heimatland, und sein Vater besitzt dort ein Haus. Die Rückweisung nach Serbien mit der Trennung von seiner Kernfamilie würde ihn aber schwer treffen, schlussfolgerte das Obergericht. Insofern erkannte es auf einen schweren persönlichen Härtefall.
Der Serbe war allerdings schon zuvor massiv straffällig geworden, wegen banden- und gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfachen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung, Betrugs, Begünstigung, Hehlerei und mehrfacher versuchter Nötigung. Das Bundesgericht hatte ihn im April 2017 zu einer Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verurteilt. Schon 2004 und 2006 war er anderer Delikte zu Gefängnisstrafen von 10 Tagen respektive einer Woche verurteilt worden.
Beim Opfer in Dietikon habe er das Messer nahe an den Oberkörper gehalten, so dass "eine reelle, schwere Verletzungsgefahr bestand". Auch die groben Verkehrsregelverletzungen, gerade die Raserfahrt in der 30er-Zone "zeugen von besonders egoistischem Verhalten und einer eklatanten Geringschätzung menschlichen Lebens und Unversehrtheit", so die Richter in Lausanne.
Sie stellen weiter fest, dass der Serbe beruflich und sozial nur mangelhaft integriert ist, nicht besonders realistische Reintegrationschancen hat. Das öffentliche Interesse am Landesverweis schätzt das Bundesgericht deshalb wie das Obergericht höher ein als das private Interesse. Den fünfjährigen Landesverweis hat es deshalb bestätigt.
Urteil: 6B_742/2019