Das Gluri-Suter-Huus zeigt eine Dreifach-Ausstellung mit Miroslav Šašek, drei Urban Sketchers, und Schülerinnen der Kantonsschule Wettingen, die ihre Welt zeichnend statt fotografierend festhalten. Die Werke sind noch bis Anfang Dezember ausgestellt.
Der Petersplatz in Rom, die Palastwächter der englischen Queen, der Eiffelturm in Paris: Es sind die Wahrzeichen und oftmals auch etwas klischierten Eindrücke einer Stadt, die Kinderbuchautor Miroslav Šašek in den 50er- bis 70er-Jahren in seinen Reisebüchern für Kinder festhielt. «This is Paris» war der erste Band, den der gebürtige Tschechoslowake 1959 veröffentlichte. Und es folgten unzählige weitere über aller Herren Länder.
Šašeks gezeichnete Reiseführer machten neugierig auf das Fremde und waren ein Riesenerfolg. Im Gluri-Suter-Huus in Wettingen sind Erstausgaben und Originalzeichnungen des Illustrators und Cartoonisten ausgestellt, der wegen des kommunistischen Regimes von Prag nach Paris geflohen war und 1980 bei seiner in Wettingen wohnhaften Schwester verstarb.
Wie einst Šašek halten auch die Urban Sketchers die Umgebung mit ihren Stiften fest. Die weltweit aktive Zeichnergemeinschaft wurde 2007 gegründet. Drei davon, Eva Eder, André Sandmann und Olivia Aloisi, präsentieren im Gluri-Suter-Huus eigene Werke unter dem Motto «Die Welt zeigen, Zeichnung für Zeichnung». Durch das sekundenschnelle Knipsen haben viele die Fähigkeit verloren, ein Motiv richtig wahrzunehmen. «Wir urbanen Zeichner sind immer mit einem Skizzenbuch unterwegs, beobachten sorgfältig und geben fast reportagemässig wieder, was um uns herum geschieht. Das machen wir nicht mit Worten, sondern mit unseren visuellen Eindrücken», sagt Aloisi, die aus Baden stammt.
Die 48-Jährige ist von Beruf wissenschaftliche Zeichnerin. «Ausstellungen sind selten. Normalerweise tauschen wir uns online auf verschiedenen Plattformen aus», erzählt sie. Gluri-Suter-Huus-Leiter Rudolf Velhagen betont in seiner Vernissagen-Rede: «Das Schöne am Urban Sketching ist, dass alle mitmachen und ohne grosse Vorkenntnisse einfach loslegen können.»
Der dritte Teil der aktuellen Ausstellung ist aus einer Zusammenarbeit des Gluri-Suter-Huus mit der Kantonsschule Wettingen entstanden. Olivia Aloisi hat mit Schülerinnen und Schülern den Wochenmarkt auf dem Rathausplatz besucht und sie dazu ermutigt, selber zu Urban Sketchers zu werden. Lehrerin Marian Beck ist vom Experiment genauso begeistert wie ihre Klasse. «Plötzlich legten alle ihre Smartphones auf die Seite und fingen an zu zeichnen. Diese künstlerische Entschleunigung tut gut. Dadurch wird auch die Wahrnehmung für die eigene Umgebung wieder geschärft.» Das Experiment mit der Kanti Wettingen wird fortgesetzt und die Ausstellung laufend mit aktuellen Zeichnungen aus weiteren Urban-Sketching-Sessions erweitert.
Die Vernissagen-Besucher der neuen Dreifach-Ausstellung wurden Zeugen eines historischen Moments. Der Badener Stadtammann Markus Schneider übergab das alte Originalschloss des Gluri-Suter-Huus feierlich dem Wettinger Gemeindeammann Roland Kuster. Lange Zeit war das antike Objekt im Besitz von Georg Schoop, dem einstigen Oberförster von Baden gewesen. Nun war der richtige Moment gekommen, um die «Schlüsselgewalt» wieder von Badener in Wettinger Hände zurückzugeben.