Die aus Lengnau stammende Autorin und Illustratorin Emanuela Lienhart besinnt sich ihrer Wurzeln – entstanden ist eine philosophische Geschichte über die Suche nach dem Glück. Das Dorfmuseum zeigt ihr Buch.
Der Wind wirbelt durch die Mähne von Zari, einem Pony, das friedlich auf einer Blumenwiese mit einer Eselin grast. Die beiden Tiere lieben es, zusammen auf der Weide herumzutollen, um die Wette zu rennen und Kunststückchen vorzuführen. Doch die ländliche Idylle trügt, denn schon bald soll Zari weggebracht werden. Eine Frau in Stöckelschuhen will das Pony in die Stadt mitnehmen – als Überraschungsgeschenk für ihr Töchterchen.
«Ich wollte schon immer meine Liebe zur Natur und gleichzeitig eine philosophische Geschichte für Gross und Klein in einem selbst gestalteten und geschriebenen Bilderbuch vermitteln», erzählt Emanuela Lienhart, Illustratorin aus Zürich, die ihre Kinder- und Jugendzeit im Surbtal verbracht hat. Die Geschichte hat einen wahren Kern, sie hat sich auf einem Pferdehof im Zürcher Sihltal zugetragen. Ihren beiden Kindern hat sie sie als Gutenachtgeschichte erzählt und so im Laufe der Jahre immer wieder verändert, bis die Fabel zu der Erzählung geworden ist, die heute im Bildband beschrieben ist.
«Die Kinder sollen lernen, auf ihr Bauchgefühl zu hören – spüren, wie ihr Herz reagiert. Die innere Stimme bringt einen von selbst zum Glück», begründet die 54-jährige Lehrerin für bildnerisches Gestalten ihr Motiv. Auch sollen sie durch «Zari» erfahren, dass Tiere Bedürfnisse haben und kein Spielzeug sind. Und eben, dass Glück nicht mit materiellem Reichtum gleichzusetzen ist. Die Geschichte geistert schon über zehn Jahren in Lienharts Kopf herum – Märchen beschäftigen sie, seit sie ein junges Mädchen war.
In Italien hat die Illustratorin 2013 die «Ars in Fabula» (Schule für Illustration und Märchen) besucht und an ihrem Stil gefeilt. Und ab 2020 hat sie jeweils donnerstags, an ihrem Ateliertag, rund acht Stunden während zwei Jahren mit eiserner Disziplin am Bildband gearbeitet. Im Herbst 2022 waren die Seiten dann fertig und die Autorin konnte die Illustrationen dem Verlag übergeben.
«Ich habe unzählige Stunden in die Sequenzen, dem Szenario und dem Aufbau der Protagonisten investiert», erklärt Emanuela Lienhart ihre Arbeitsweise. Zuerst habe sie alle Szenen in Schwarz und Weiss gezeichnet und danach in einem von ihr entwickelten Verfahren aufwendig von Hand koloriert. Die Originale werden im Dorfmuseum zu sehen sein.
Ursprünglich lautete der Buchtitel «Das Pony kehrt heim». «Da habe ich sofort an meine Kindheit in Lengnau denken müssen. Aufwachsen auf dem Land war einfach wunderbar – ich bin stundenlang durch die Landschaft gestreunt und habe mit meinen Freunden am Bodenbach und der Surb gespielt.» Ihre Liebe zur Natur ist da entstanden.
Durch die vielen Stunden draussen wurde ihr Beobachtungssinn geschärft – wie der Wind über die Gräser streicht und die Bäume im Wind tanzen. Das hat sie versucht, in ihren Illustrationen wiederzugeben. «Die Mähne des Ponys ist immer in Bewegung, das ist aus meiner Erinnerung an Lengnau entstanden», sagt die lebhafte Kreative mit Lockenkopf.
Das Timing der Buchpremiere im Lengnauer Dorfmuseum könnte nicht besser sein, Lengnau feiert dieses Jahr sein 1225-jähriges Bestehen, und das Wappentier ist ein Pferd. Dass manchmal der Zufall die Geschichte nährt, kommt der Künstlerin zugute. «Mir wurde das erst bei der Fertigstellung des Buches richtig bewusst.»
Spontan wurde noch ein Bild hinzugefügt: Zari als neues Wappentier von Lengnau, das nun als Postkarte aufliegen wird.
Sozusagen als Hymne an das Lengnauer Jubiläumsjahr. «Und», fügt die Autorin schelmisch hinzu, «natürlich als Loblied auf meine fabelhafte Kindheit».
Freitag, 24. März. Türöffnung ab 16.30 Uhr. Ausstellung der Kinderbuch-Original-Zeichnungen vom 24. bis 29. März und vom 1. bis 2. April. Weitere Infos unter www.domus-lengnau.ch