LICHTVERSCHMUTZUNG
Strassenlaternen mitten im Wettinger Wald sollen zeigen, welches Licht nachtaktive Tiere am wenigsten stört

Eine wissenschaftliche Studie untersucht, wie die verschiedenen Typen von Strassenlaternen Insekten und Fledermäuse anlocken. Das Experiment findet im Wald statt – wo Kunstlicht bislang wenig Einfluss hatte.

Rahel Künzler
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Strassenlaterne mit trichterförmiger Insektenfalle im Wald: Der Versuch soll zu einer umweltfreundlichen Beleuchtung beitragen.

Strassenlaterne mit trichterförmiger Insektenfalle im Wald: Der Versuch soll zu einer umweltfreundlichen Beleuchtung beitragen.

zVg

Das Bild von Insekten, die nachts um eine Laterne schwirren, ist jedem bekannt. Nachtfalter oder Eintagsfliegen umkreisen die künstlichen Lichtquellen sogar so lange, bis sie vor Erschöpfung sterben. Doch welches Licht lockt nachtaktive Tiere wie Insekten und Fledermäuse am meisten an? Um darauf eine Antwort zu finden, beleuchten seit Mittwoch zwölf Strassenlaternen das Unterholz im Wettinger Wald, unterhalb der Wetterstation Lägern direkt am Wanderweg.

Es handelt sich dabei um eine wissenschaftliche Studie der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ). Es ist bereits das dritte Projekt, bei dem sich die Grundlagenforschung und der Stromdienstleister zusammenschliessen, um die öffentliche Beleuchtung umweltfreundlicher zu gestalten.

Fallen für Insekten, Ultraschalldetektoren für Fledermäuse

Von Mitte Juni bis Ende August fangen automatische Insektenfallen die Fluginsekten jede Nacht unter den Laternen im Lägernwald ein. Vom Licht angezogen, prallen die Insekten gegen eine Plexiglasscheibe und fallen durch einen Trichter in einen Auffangbehälter. Trichterfallen im Boden untersuchen zusätzlich die Lockwirkung auf Bodeninsekten und spezielle Ultraschalldetektoren erfassen die Rufe von Fledermäusen.

Wie viele Insekten verschiedene Typen von Strassenlaternen anlocken, hat das Forschungsteam in früheren Experimenten an Strassenzügen in Urdorf, Regensdorf und Weiningen bereits dokumentiert. Getestet wurden einerseits LED-Laternen mit unterschiedlicher Helligkeit und später solche mit unterschiedlicher Lichtfarbe und Lampenform. Die Lockwirkung war dementsprechend bei neutralweissem Licht und Lampen, die rundum Licht abstrahlen, am grössten. Projektleiterin Janine Bolliger von der WSL sagt: «Diese geringe Zahl hat uns überrascht.»

Versuch könnte zeigen, wie Kunstlicht die Insektengemeinschaft verändert

Der dritte und grösste Versuch untersucht nun erstmals die drei Faktoren Lampenform, Lichtfarbe und Helligkeit gleichzeitig – und zwar an Orten, wo Kunstlicht bisher keinen Einfluss hatte. «Im Wald erhoffe ich mir mehr und vor allem differenzierte Antworten von den Insekten», so Bolliger. Anders als im Siedlungsraum sei die Insektengemeinschaft dort noch weniger den menschlichen Einflüssen ausgesetzt.

Neben der Lägern hat das Projektteam zwei weitere Versuchsanlagen in Alptal (SZ) und in Uitikon-Waldegg (ZH) installiert. «Wenn wir an allen drei Standorten die gleichen Resultate erhalten, können wir die Ergebnisse aus früheren Studien erhärten», so die Projektleiterin.

«Dies würde uns erlauben, Aussagen darüber zu machen, welcher Typ Strassenlaterne nachtaktive Insekten und Fledermäuse am wenigsten stört.»

Nebst Sparüberlegungen und Energieeffizienz wird auch der Schutz der Biodiversität bei der Planung der öffentlichen Beleuchtung zunehmend berücksichtigt. In Baden erreichte Einwohnerrätin Corinne Schmidlin (Grüne) kürzlich mit einem Postulat, dass öffentliche Gebäude wie die Schlossruine oder der Stadtturm ab 2020 nicht mehr die ganze Nacht im Scheinwerferlicht stehen – vordergründig, um die Lichtverschmutzung zu vermindern.