Baden
Luxuswohnungen statt alter Villa – Baustart auf dem Post-Areal

Die Immobilienfirma Zuriba überrascht wieder einmal alle: Direkt neben dem Kulturhaus Royal will sie einen Neubau mit 18 Loftwohnungen erstellen. Die Verantwortlichen sind überzeugt, dass trotz der Lage mitten im Geschehen ruhiges Wohnen möglich ist.

Pirmin Kramer
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Das neue Wohnhaus mit Glasfassade (links) wird das Beton-Postgebäude ergänzen. Das Areal befindet sich direkt vor dem Bahnhof Baden. (Visualisierung)

Das neue Wohnhaus mit Glasfassade (links) wird das Beton-Postgebäude ergänzen. Das Areal befindet sich direkt vor dem Bahnhof Baden. (Visualisierung)

zvg

Über die Pläne der Immobilienfirma Zuriba mit dem ehemaligen Kino Royal und dem angrenzenden Postareal liesse sich längst ein spannender Film mit vielen Kehrtwenden drehen. Erst erklärten die Besitzer, sie würden das Kino abreissen und Parkplätze erstellen; später teilten sie mit, während der Sanierung des angrenzenden Postgebäudes werde das Kino zum Baustellenbüro umfunktioniert. Die letzte Party im Royal wurde bereits offiziell gefeiert, als vor wenigen Monaten doch noch ein Happy End wie in einem Hollywood-Film folgte: Die Zuriba unterbreitete dem Betreiberverein das Angebot für einen langfristigen Mietvertrag über 20 Jahre, wodurch der langfristige Erhalt des Kulturhauses sichergestellt werden konnte.

Am Montag folgte die nächste Überraschung: Auf dem Platz zwischen dem Beton-Postgebäude und dem Royal wird ein 22 Meter hoher, dreistöckiger Neubau mit 18 Loftwohnungen entstehen. Das Baugesuch liegt seit dieser Woche auf. Geht es nach den Areal-Besitzern, sollen die Bauarbeiten für das Gebäude mit dem Namen «Annex Nord» diesen Sommer starten und in rund drei Jahren enden. Von diesen Plänen für ein Wohnhaus wusste die Öffentlichkeit bisher nichts. Wie es der Name «Annex» verrät, handelt es sich beim Neubau um eine Erweiterung des Postgebäudes, das 1930 von Architekt Karl Moser erstellt und 1975 von Haefeli Moser Steiger ergänzt wurde. Das Wohnhaus sei ein «Schlussstein» und vervollständige das Gebäudeensemble, teilt Architekt Jean-Pierre Dürig mit; der Ergänzungsbau werte das Areal städtebaulich auf, und die Besetzung der bestehenden Baulücke trage zur Verdichtung des Stadtzentrums bei.

Das Kino Royal 1948 Das älteste Kino im Aargau baute 1912 der Badener Architekt Arthur Betschon als Kino Radium, ab 1935 hiess es Royal. Rechts die Villa Schnebli.
25 Bilder
Das Royal heute Fast im letzten Moment konnte das "Royal" 2017 vor dem Abriss bewahrt werden.
Die Villa Schnebli muss weichen 1909 liess Biscuit-Fabrikant Ernst Schnebli das Haus für sich und seine Familie an der Haselstrasse bauen. Jetzt wird es abgebrochen, um Platz zu schaffen für die Baustellenzufahrt des Postareals.
Villa Schnebli Vergangener Glanz: Die Eingangstür zur Villa Schnebli an der Haselstrasse. Im Fenster spiegelt sich die Synagoge, die fast zeitgleich erbaut wurde.
Die Synagoge an der Parkstrasse Die Synagoge wurde 1912 von den Badener Architekten Dorer & Füchslin für die Israelitische Kultusgemeinde erbaut.
Die Villa Schnebli 1945 In dieser Zeit war das Haus im Besitz der Kohlen- und Mineralwasserhandlung Schneider & Haenggli.
Hotel Du Parc Das alte Hotel Du Parc an der Ecke Hasel-/Bahnhofstrasse (damals noch ungepflastert) wurde um das Jahr 1900 im Jugendstil erbaut.
Hotel Du Parc Die meisten Jugendstil-Ornamente und die Veranden sind später verschwunden.
Jugendstil im Du Parc Auch die Jugendstil-Gaststube (hier im Jahr 1903) ist längst verschwunden.
Autounfall auf der Haselstrasse Vor dem Kino Radium gab es 1929 einen Autounfall. Im Hintergrund die Synagoge.
Gewerbeausstellung 1925 Über die Bahnhofstrasse ging 1925 der Umzug zur grossen Aargauischen Gewerbeausstellung, hier vor dem Hotel Du Parc.
Gewerbeausstellung 1925 Der Umzug vor dem Cinema Radium und der Villa Schnebli.
Restaurant Berna An der Stelle der heutigen Hauptpost am Bahnhofplatz stand bis 1929 das Chalet-Restaurant Berna aus dem Jahr 1880.
Das Chalet Berna Das Chalet-Restaurant Berna am Bahnhofplatz wurde im typischen Schweizer Heimatstil des ausgehenden 19. Jahrhunderts erbaut.
Die Hauptpost von Karl Moser aus dem Jahr 1930 Das Postgebäude plante der Badener "Stararchitekt" Karl Moser als Eisenbetonbau im Stil der Neuen Sachlichkeit.
Die Hauptpost im Rohbau Die Eisenbetonkonstruktion war 1930 hochmodern.
Blick vom Dach der Post Karl Moser wollte ein Flachdach, die Badener ein Schrägdach: Moser musste einen Kompromiss eingehen. Im Hintergrund der Kohleschuppen der Firma Schneider & Haenggli.
Blick vom Dach der Post auf die Ruine Stein und das Belvédère In der Mitte der Hauptpost befand sich ein Lichtschacht. Er wurde später zugemauert, um Platz zu schaffen für die rasant wachsenden Telefonanlagen.
Der Neubau von Haefeli Moser Steiger Das renommierte Zürcher Architekturbüro plante 1974 den Erweiterungsbau für die Post, in neo-brutalistischer Betonbauweise.
Das Postareal heute Das Postareal ist heute im Besitz der Immobilienfirma Zuriba AG aus Möhlin, die es zu einer Shopping-Mall umbaut.
Das Postareal heute Das Aussehen von Karl Mosers Hauptpost von 1930 wurde in den Siebzigerjahren schon stark verändert. Ursprünglich wollte die Zuriba auch sie abbrechen.
Futuristische Pläne in den 50ern In den 1950er-Jahren gab es schon Vorstudien für eine komplette Neubebauung der Bahnhofstrasse. Sie wurden so nie realisiert.
Motor Columbus Fast die ganze Bebauung an der Parkstrasse stammt aus der Zeit kurz nach 1900. Den Hauptsitz der Motor Columbus AG von 1905 entwarf, wie die meisten Häuser hier, der Architekt Arthur Betschon.
NOK, heute Axpo Der Hauptsitz der Axpo, früher Nordostschweizerische Kraftwerke AG, auf dem Nachbargrundstück an der Parkstrasse wurde 1914 von Otto und Werner Pfister gebaut.
Kursaal-Kasino Der Badener Kursaal wurde 1875 nach Plänen von Karl Mosers Vater Robert Moser im Kurpark an der Parkstrasse erbaut.

Das Kino Royal 1948 Das älteste Kino im Aargau baute 1912 der Badener Architekt Arthur Betschon als Kino Radium, ab 1935 hiess es Royal. Rechts die Villa Schnebli.

Historisches Museum Baden, Werner Nefflen, Q.01.4643C

Die Betreiber des Kulturhauses wollten sich nicht zum Wohnhaus äussern, von dem sie bis letzte Woche nichts wussten. Die Frage, die sich stellt: Wie vertragen sich das Kultur- und das Wohnhaus in unmittelbarer Nachbarschaft? Die Zuriba beantwortet diese Frage so: «Auf dem Postareal wird man trotz der Lage mitten im Geschehen ruhig wohnen können. Gestalterische Rahmenbedingungen, hochwertige Verglasungen und eine kontrollierte Wohnungslüftung sollen dazu führen, dass ein inspirierendes Nebeneinander von Kultur und Wohnen im urbanen Umfeld entsteht.» Die 18 Loftwohnungen mit zweieinhalb Zimmern werden zwischen 75 und 90 Quadratmeter gross; das Mietangebot im mittleren und gehobenen Segment richtet sich an Singles und Paare.

Dem Baugesuch sind neue Zahlen zu entnehmen: Die Anzahl Parkplätze auf dem gesamten Postareal soll 158 betragen, wovon 14 für die Mieter in den Wohnungen bereitgestellt werden, die restlichen für die gewerbliche Nutzung. Für die neue Wohnnutzung sind 36 Veloparkplätze vorgesehen.

Die Stadt Baden übrigens war in die Planung involviert: Die Idee eines zusätzlichen Wohngebäudes zur Aufwertung des Areals und zur Besetzung der bestehenden Baulücke habe sich in einem Dialog zwischen der Bau- und Planungsbehörde und der Eigentümerschaft entwickelt. Die Idee entstand nach der Baubewilligung für die Revitalisierung des Postareals im Sommer 2017, als die Planung weiter vorangetrieben und präzisiert wurde.