Stadtratswahl
Luzi Stamm wirbt auf Flyer mit Leuten, die ihn nicht wählen – ohne ihr Wissen

Pro-Natura-Präsident Johannes Jenny und sein Bruder, ein Augenarzt, sind auf Stamms Stadtratswahlflyer aufgeführt. Das Flugblatt wurde unter Zeitdruck verfasst und ohne das Wissen der Brüder verteilt.

Pirmin Kramer
Drucken
«Selbst wenn die Jennys verärgert sein sollten: Mein Dank geht an sie.», sagt Luzi Stamm zum Vorfall.

«Selbst wenn die Jennys verärgert sein sollten: Mein Dank geht an sie.», sagt Luzi Stamm zum Vorfall.

Alex Spichale

Stadtratskandidat Luzi Stamm hat ein Flugblatt in Badener Haushalte verteilt: Darin erwähnt er die Badener Brüder Lukas und Johannes Jenny. Beide sind in der Stadt bekannt: Lukas als Augenarzt, Johannes als Präsident von Pro Natura Aargau und ehemaliger Grossrat (FDP).

Auf dem Flyer heisst es, Stamm bewundere Lukas Jenny, der jedes Jahr einige Wochen in Indien verbringe, wo er – sozusagen am Fliessband – Augenoperationen durchführe. Ebenso bewundere er die Arbeit von Johannes Jenny, der sich seit Jahren im Tierschutz und Umweltschutz engagiere.

«Es freut mich, dass er meinen Einsatz für den Atlantikurwald schätzt und hoffe, dies werde als Aufruf empfunden.», sagt Johannes Jenny.

«Es freut mich, dass er meinen Einsatz für den Atlantikurwald schätzt und hoffe, dies werde als Aufruf empfunden.», sagt Johannes Jenny.

Alex Spichale Bild: Severin Bigler

Wunderbare Wahlwerbung – doch die Badener Brüder waren nicht angefragt worden, ob sie einverstanden sind mit der Erwähnung auf dem Flyer. Mehr noch: Sie unterstützen Stamm gar nicht. Johannes Jenny schreibt dem «Badener Tagblatt»: «Nachdem ich immer wieder darauf angesprochen werde, nehme ich hier zum Flugblatt von Luzi Stamm Stellung. Es freut mich, dass er meinen Einsatz für den Atlantikurwald schätzt und hoffe, dies werde als Aufruf empfunden.»

Wobei die Idee, Wald zu kaufen und in die Hände derer zu geben, die damit umgehen können, nicht seine sei, sondern die der Mbyá Guaraní, eines indigenen Volks in Südamerika. Das habe jedoch mit Luzi Stamms Kandidatur nichts zu tun. «Mit Luzi und seiner Familie verbinden mich lustige Jugenderinnerungen und jetzt auch die Sorge um die Abholzung der Wälder.» Mit Stefan Jaecklin und Benjamin Steiner, den anderen Stadtratskandidaten, würden ihn viele gemeinsame Anliegen verbinden, mit ­Jaecklin zudem Partei und Nachbarschaft. Dass er Stefan Jaecklin wähle, wisse Luzi Stamm. «Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute, vor allem Gesundheit in dieser schwierigen Zeit.»

Luzi Stamm: «Entschuldigung!»

Am Mittwoch hatte Lukas Jenny in einem Leserbrief für Klarheit gesorgt. Er kenne Stamm als langjährigen Freund, «ich bin aber kein Unterstützer seiner Kandidatur». Politisch habe er ihn eigentlich nie verstehen können: «Es trennen uns Welten: Er hat sich für die erste, ich mich für die dritte Welt entschieden.»

Luzi Stamm schreibt in einer Stellungnahme: «Mir wurde die Kritik zugetragen, mein Flugblatt erwecke irreführend den Eindruck, Lukas Jenny und Johannes Jenny würden meine Kandidatur befürworten. Natürlich werden die ‹zwei Jennys› nicht für mich stimmen (bei Johannes Jenny weiss ich, dass er bei der FDP mitwirkt). Wenn ein falscher Eindruck erweckt wurde, tut mir das leid. Aufgrund des Zeitdrucks unterblieb eine Rückfrage an die beiden – Entschuldigung!»

Das Flugblatt sei unter Zeitdruck von Beat Jäger, dem Chef seines Unterstützungskomitees, verfasst worden. «Innerhalb von 12 Stunden wurde das Flugblatt konzipiert und der Druckerei übermittelt.» Er sei in Bern gewesen, für die Diskussion zur Kampagne zu den eidgenössischen Abstimmungen, schreibt Stamm. «Ich hoffe, dass sich die Jennys durch das Flugblatt nicht persönlich verletzt fühlen. Dazu besteht aus meiner Sicht auch kein Grund, denn vielleicht wird ihr bewundernswertes Engagement so sogar bekannter.»

Lukas Jenny gebe bei seinen Gratis-Einsätzen in Indien unzähligen Blinden das Augenlicht zurück; zu Kosten von nur 50 Franken. «Man stelle dies den 10 Milliarden gegenüber, die wir jährlich in der Schweiz für Migranten und Asylbewerber ausgeben. Unlängst haben wir wieder 76 Migranten aus ­Afrika eingeflogen. Sie allein kosten – Jahr für Jahr – unsere Steuerzahler mehr als das gesamte Schweizer Parlament», so Stamm. Und: «Selbst wenn die Jennys verärgert sein sollten: Mein Dank geht an sie.»