Marc «Palino» Brunner schminkt sich nicht mehr ab. Er singt als Stella traurig-schöne Chansons und lebt jetzt auch in den Gassen Badens das Frausein.
«Da war einmal ein Mädchen süss / das lachte immerfort / s’war manchmal zart und feminin / dann wieder maskulin. / Es musste so viel lachen / weil’s nicht wusste, wer es ist.» Die-
se Zeilen nach dem Mundartlied «Es isch emol es Büebli gsi, wo emmer glachet het» singt die schöne, feingliedrige und feurige Stella. Die Diva mit den blonden, langen Haaren steht schon seit über 10 Jahren auf der Bühne.
Sie verkörpert das universale Geschlecht von Mann und Frau. Stella singt deutsche und französische Chansons, gibt sich als Dame von Welt und ist doch fest mit Baden verwurzelt. Doch Stella ist auch fest mit dem Marc «Palino» Brunner verbunden. Mehr denn je.
Palino wird zu Stella
Seit einigen Wochen denkt der Künstler, der in Baden die charmante UnvermeidBar und das Teatro Palino betreibt, nicht mehr ans Abschminken. «Stella tritt jetzt ohne Pailletten auf, schlicht und in Jeans. Es ist keine Kostümierung mehr, sondern ein inneres Bekenntnis», sagt Marc Brunner. Was er früher nur auf der Bühne lebte, lebt er jetzt auch in den Gassen Badens: das Frausein.
Palino sitzt im samtenen Sofa in der UnvermeidBar, trinkt einen Cappuccino und sieht gut aus in seinem Hosenanzug aus weissem Manchesterstoff. Er trägt Stiefel und grosse runde Ohrringe. Als Stadtammann Stephan Attiger draussen vorbeiläuft, winken sie sich zu.
Palino ist unruhig. Es sei eine neue Erfahrung für ihn, als Frau unterwegs zu sein, erzählt er. «Ich spüre die Blicke der Leute. Gewisse machen mir Komplimente, andere sind kleinkariert.» In Baden gebe es aber schon eine Offenheit. Sonst hätte er das nicht gemacht. Trotzdem sei er aufgewühlt.
«Leben, was man will»
Einfacher, als durch die Strassen zu gehen als Frau, ist es für Palino, auf der Bühne zu stehen als Frau: Zum 30-Jahr-Jubiläum des Teatro Palino singt der Clown, Mime, Akrobat, Seiltänzer und Schauspieler Chansons «Zwischen Schmieröl und Pailletten». Ein Liederabend mit sinnlichen und gesellschaftskritischen Texten. «Es geht um die Fragen des Lebens: Was ist Glück? Was ist Tod? Und um die Schwierigkeit, im Moment zu leben.»
Denn das sei die grösste Kunst. Er thematisiert auch die Schubladisierungen, welche die Menschen vornehmen. «Man fragt sich: Was denken die anderen? Was denken die Leute, wenn ich ein rotes Auto kaufe oder wenn ich hohe Schuhe trage? Man getraut sich oft nicht, das zu leben, was man will», sagt Brunner. «Der Abend ist auch ein Outing für mich.»
Die Texte haben Palino und Matthias Dix geschrieben. Begleitet wird die Stella von Ueli Gygli am Flügel, dazu spielen Manuel Delgado spanische Gitarre, Carmela Delgado Bandoneon und Perkussionist Giannelli Alessandro. «Tango, Jazz und der Gesang ergeben eine schöne Traurigkeit», sagt Palino und klimpert mit den Wimpern.
Zwischen Schmieröl und Pailletten
Szenischer Chanson-Abend, Teatro Palino, vis-à-vis UnvermeidBar, Baden.
Mi/Do, 29./30. Dezember, 20.30 Uhr,
Fr, 31. Dezember, 17 Uhr; Sa, 1. Januar, 17 Uhr.
Vorverkauf: Info Baden
056 200 84 84, www.ticket.baden.ch