Ein Leserbrief rief zur Demonstration vor der Wettinger Einwohnerratssitzung auf – weil das Klimapostulat nicht auf der Traktandenliste stand. Die Polizei erhöhte die Präsenz.
Eine halbe Stunde vor Beginn der Einwohnerratssitzung in Wettingen demonstrierten - wie letztes Mal - eine Handvoll Menschen, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. In einem Leserbrief von Klimastreik Aargau waren Wettingerinnen und Wettinger dazu aufgerufen worden, ebenfalls vor das Rathaus zu kommen. Sie sollten so dem Einwohnerrat zeigen, dass in der Klimapolitik endlich vorwärts gemacht werden müsse.
Zur Erinnerung: An der letzten Sitzung vor einem Monat hatte eine Mehrheit des Einwohnerrats ein Postulat zur Ausrufung des Klimanotstands als nicht dringlich erachtet. Und dieses Mal stand es gar nicht erst - wie offenbar erwartet - auf der Traktandenliste.
In der Einleitung zur Sitzung machte Einwohnerratspräsident Hansjörg Huser (SVP) dann auch darauf aufmerksam, dass aufgrund des Leserbriefs ein grösseres Sicherheitsdispositiv als üblich aufgeboten worden war.
Adrian Knaupp (SP), der das Postulat zur Ausrufung des Klimanotstands eingereicht hatte, zeigte sich in seinem Votum überrascht, dass es nicht traktandiert war: "Es ist genau nichts passiert seither und siehe da, auch an dieser Sitzung wird nichts passieren." Tatsache sei nun, dass man frühestens an der nächsten Sitzung im September über diese Themen diskutieren werde. "Wohlbemerkt: Diskutieren. Massnahmen lassen da noch länger auf sich warten." Für die Wettinger sei das zu langsam, und für das Klima auch: "Aber das kann ja gut ohne uns leben." Er forderte den Gemeinderat dazu auf, das Postulat wenigstens an der nächsten Einwohnerratssitzung zu traktandieren. Kurz ertönte Applaus von der Besuchertribüne.
"Aufgabe von jedem einzelnen von uns"
Auch GLP-Einwohnerrat Orun Palit war erstaunt: "Schade, dass das Klimapostulat auch heute nicht behandelt wird." Und jetzt komme der erste Vorstoss, um in Klimafragen ein Zeichen zu setzen, und der Gemeinderat lehne das ab, leitete er in sein Votum für sein Postulat ein, das er 2017 gemeinsam mit Jürg Meier Obertüfer (SP/WettiGrüen) eingereicht hatte. Darin forderten sie Abklärungen, ob eine Förderung von Naturstrom durch erneuerbare Quellen wie Sonne oder Wind über eine finanzierte Konzessionsabgabe möglich und sinnvoll ist. "Mit ein Grund für das Postulat war der nachgewiesene Rückgang an Bezug von Naturstrom, der von 3,5 auf 0,8 Prozent sank", erklärte Palit.
Daraufhin meldete sich Einwohnerrat Thomas Benz (CVP) zu Wort. Die CVP hätte viel eher den Zweck begrüsst, kreativ zu prüfen, wie man den Anteil von Naturstrom und Biogas fördern könnte, eine Unterteilung wie im Postulat sei nicht in ihrem Sinne.
«Klimaschutz ist nicht nur Aufgabe der Schweiz oder des Kantons, sondern Aufgabe von jedem einzelnen von uns», sagte er weiter. Gerade einmal 0,89 Prozent werde freiwillig mehr bezahlt für Naturstrom Plus: "In Zeiten von Klimaschutz und Klimanotstand doch ein sehr bescheidener Anteil." So grotesk es klinge: "Wir müssen nicht nur Klimagegner, sondern auch Klimaschützer zur Nutzung eines besseren Strommixes motivieren." Es liege an jedem einzelnen, einen persönlichen Beitrag zu leisten.
Am Ende lehnte der Einwohnerrat das Postulat ab - mit 29 Nein- zu 13 Ja-Stimmen (bei drei Enthaltungen).
Motion nicht abgeschrieben
Weiter wurden auch zwei Vorstösse, die die Sozialen Dienste betreffen, diskutiert. So wollte die SVP in einer Interpellation wissen, wie sich die Stellenerhöhung in den sozialen Diensten auswirkt. Während fast alle Parteien die Antworten als zufriedenstellend bewerteten, genügten der SVP-Fraktion diese nicht.
Gleichzeitig hatte der Gemeinderat auch eine Motion beantwortet, in der Jürg Meier Obertüfer (WettiGrüen) sowie Thomas Wolf (SVP) den Gemeinderat dazu aufforderten, notwendige Vorkehrungen zu treffen, um die finanziellen Auswirkungen der beschlossenen Stellenerhöhung beziffern zu können. Entgegen der Empfehlung des Gemeinderats, die Motion abzuschreiben, stimmte der Einwohnerrat gegen eine Abschreibung: 23 stimmten dagegen, 18 dafür, während sich vier ihrer Stimme enthielten.