Gemeindeammann Dieter Martin (FDP) äussert sich zu Anfeindungen im Wahlkampf und zur Zukunft Obersiggenthals.
Herr Martin, Sie werden im Gemeindeammannwahlkampf nicht einmal mehr von der eigenen Partei, der FDP, richtig unterstützt. Wie konnte das passieren?
Dieter Martin: Als Gemeindeammann steht das Parteibuch nicht immer zuoberst auf der Agenda, ich will alle Einwohner vertreten. Da kann es zu Differenzen mit der Partei kommen. Ihre Aussage stimmt nicht, meine Partei unterstützt mich klar für die Wiederwahl. Ich hatte keine Zeit, eine Leserbriefkampagne zu organisieren. Darum ist die Aussenwahrnehmung vielleicht anders.
Ihre Gegner kritisieren in Leserbriefen, Sie seien zwar nett, hätten es aber nicht geschafft, eine Wende bei den Finanzen herbeizuführen.
Als ich das Amt antrat, begann der Einbruch der Steuereinnahmen. Das ist auf Veränderungen im Steuergesetz und bei guten Steuerzahlern zurückzuführen und hat nichts mit der Amtsführung zu tun. Niemand hätte das ändern können. Offen gesagt war der Start ins Amt nicht leicht. Ich hatte das Gefühl, mir werde besonders kritisch auf die Finger geschaut. Vielleicht, weil der Gemeindeammann zuvor 34 Jahre lang der CVP angehörte und jetzt nicht mehr.
Diese Woche sagten Sie im Einwohnerrat, die Gemeinde gehe nicht am Krück- stock, wenige Minuten später, Obersiggenthal befinde sich im finanziellen Loch. Was stimmt nun?
Wir gehen nicht am Krückstock, wie es auch der Finanzkommissionspräsident sagte. Aber wir haben uns ein sehr straffes Sparprogramm auferlegt. Das wirkt sich lähmend aus. Die Aussenwahrnehmung ist, dass unsere Gemeinde still steht. Wir müssen uns wieder bewegen. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht noch mehr sparen und alle Ideen blockieren können. Wir müssen über eine Steuererhöhung sprechen können.
Wie sieht Ihr Plan für Obersiggenthal in den nächsten Jahren denn aus?
Die Gemeinde soll attraktiv bleiben und ihre Standortqualität erhalten. Wir dürfen trotz der Finanzlage Standortfaktoren wie das Hallen- und Gartenbad oder die Sporthalle nicht wegsparen und müssen Sorge zu ihnen tragen. Wir sollten unsere gute Infrastruktur erhalten und wo nötig ausbauen, zum Beispiel brauchen wir ein neues Primarschulhaus. Das alles hilft mit, dass wir weiterhin eine gute Durchmischung von Jung und Alt haben. Es ist auch ein klares Ziel, dass die letzten grossen Baufelder wie das Oederlin-Areal bebaut werden, und so ein Bevölkerungswachstum ermöglicht wird.
Für das Oederlin-Projekt hätten Sie vier Jahre Zeit gehabt. Doch die Entwicklungsträger beklagen sich, die Behörden legten zu viele Steine in den Weg.
Es ist völlig normal, dass bei einem solch komplexen Projekt verschiedene Interessen aufeinanderprallen. Die Investoren wollen eine möglichst grosse Ausnützung erreichen, die Gemeinde hingegen muss dafür sorgen, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Es braucht beim Oederlin sowohl einen Gestaltungsplan sowie eine Anpassung der Bau- und Nutzungsordnung. Beides wird nicht von einem auf den anderen Tag umgesetzt. Dabei handelt es sich um schwierige Prozesse, eine Annäherung kann lange dauern und nur über Gespräche und mit Fingerspitzengefühl erreicht werden. Klar ist, dass das Projekt wichtig ist für die weitere Entwicklung der Gemeinde.
Warum haben Sie in den letzten vier Jahren nie eine Fusion mit Baden zum Thema gemacht?
Vonseiten der Bevölkerung hat der Gemeinderat nie ein Zeichen erhalten, dass wir uns Baden annähern sollen. Ich persönlich bin aber überzeugt, dass ein Zusammenschluss früher oder später zu einem Thema werden wird.