Online-Pranger
«Moralisch verwerflich»: Badener filmt Wildpinkler am Hauseingang und stellt Videos online

Weil er genug davon hat, dass sich Menschen vor dem Hauseingang erleichtern, veröffentlicht ein Anwohner deren Tun auf einer Website.

Claudia Laube
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Auf einer seit Freitag aufgeschalteten Website sieht man in diversen Videos vorwiegend junge Männer, die sich in einem privaten Eingangsbereich in Baden erleichtern. Slogan: «Hier werden Videos von Leuten gepostet, welche keine Manieren haben.» Auf den Videos sind die Menschen nicht verpixelt, sondern eindeutig erkennbar.

Die Aktion wurde vom Badener Stephan Hafner initiiert, der in einem Haus an der Bahnhofstrasse lebt, gleich bei der Baustelle beim Schlossbergplatz. Seit elf Jahren wohnt Hafner schon dort: «Während des Lockdowns war es zum ersten Mal seit langem wieder richtig angenehm, weil nichts passiert ist», sagt er zur AZ. Doch in den letzten zwei Wochen sei es wieder häufiger vorgekommen, dass Menschen regelmässig in den dortigen Eingangsbereich urinieren: «Am Freitagmorgen war es sogar eine Frau», sagt Hafner. «Ich finde es moralisch einfach verwerflich, wie sich diese Menschen verhalten», nervt er sich.

Die Menschen werden ohne ihr Wissen gefilmt: «Ich werde nun aber einen Hinweis befestigen», versichert der Webseitenbetreiber. Wer will, dass das Video entfernt wird, muss sich über eine angegebene Mail-Adresse entschuldigen sowie 100 Franken für einen guten Zweck spenden.

Busse wird in Kauf genommen

Für Videoüberwachung durch Privatpersonen ist nicht die kantonale Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte zuständig, sondern der eidgenössische Datenschützer. Auf dessen Website ist ausführlich beschrieben, was Privatpersonen beachten müssen, wenn sie eine Kamera installieren. Unter Punkt 5 steht: «Video-Aufnahmen dürfen nur veröffentlicht werden, wenn die abgebildeten Personen vorgängig eingewilligt haben. Bilder, auf denen Straftaten zu sehen sind, sollten den Strafverfolgungsbehörden übergeben werden. Wer Videoüberwachungsmaterial eigenhändig online stellt, um nach mutmasslichen Tätern zu fahnden oder sie an den Pranger zu stellen, handelt widerrechtlich.»

Stephan Hafner ist sich bewusst, dass seine Aktion illegal ist. Er nimmt aber in Kauf, dass er für die Veröffentlichung der Videos im Internet gebüsst werden könnte. Trotzdem glaubt der Betreiber der Webseite nicht daran, dass eine der Personen, die in den Videos zu sehen sind, ihn verklagen würde: «Ich denke, da wird sich niemand noch weiter aus dem Fenster lehnen wollen», ist er sich sicher.

Hafner sieht inzwischen keine andere Möglichkeit mehr, um gegen dieses Ärgernis vorzugehen: «Niemand kann mir helfen. Und ich habe wirklich keine Lust mehr, jedes Wochenende am Morgen dort den Urin wieder wegzuputzen.» Auch die Menschen, die im selben Haus leben wie er, ärgern sich darüber und stehen hinter ihm: «Ich habe sie natürlich über die Installation der Kamera informiert», sagt er.

Wildpinkeln ist in der Schweiz verboten, trotzdem ist es an den Wochenenden in vielen Schweizer Innenstädten ein Problem – vor allem für Anwohner und Ladenbetreiber, die selbst dafür verantwortlich sind, dass Hauswände und Böden wieder von den Ausscheidungen befreit werden.