Markus Schneider
«Müssen Zeichen setzen»: Badens bürgerlicher Stadtammann fährt auf autofreie Sonntage ab

«Wenn wir uns für das Klima einsetzen wollen, müssen wir ein Zeichen setzen», sagt der Badener Markus Schneider.

Pirmin Kramer
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Die Philosophien von Klimaaktivistin Greta Thunberg und Badens Stadtammann Markus Schneider sind gar nicht mal so unterschiedlich, findet AZ-Karikaturist Silvan Wegmann.

Die Philosophien von Klimaaktivistin Greta Thunberg und Badens Stadtammann Markus Schneider sind gar nicht mal so unterschiedlich, findet AZ-Karikaturist Silvan Wegmann.

Meistdiskutiertes politisches Thema der vergangenen Monate: das Klima. Schülerinnen und Schüler streiken für einen nachhaltigeren Umweltschutz. Diesen April gingen an einem Wochenende schweizweit 50 000 Menschen auf die Strasse. Und im Nationalrat reichte der Aargauer Cédric Wermuth (SP) eine Motion ein: Er verlangt vier autofreie Sonntage pro Jahr, je einen pro Jahreszeit.

Alle öffentlichen Plätze und Strassen, inklusive Autobahnen, sollen für Autos tabu sein, ausgenommen für Blaulichtorganisationen. Stattdessen könnten sich die Menschen auf den Strassen verschiedenen Freizeitaktivitäten widmen und eigentliche Volksfeste veranstalten.

In Bundesbern wollen bürgerliche Politiker von diesem Vorschlag nichts wissen. FDP-Nationalrat und Ständeratskandidat Thierry Burkart aus Baden spricht von einer unrealistischen und nicht durchdachten Forderung. «Rund 350 000 Erwerbstätige arbeiten regelmässig an einem Sonntag und unregelmässig gar über eine Million. Sie alle bräuchten eine Ausnahmebewilligung.»

«Wir könnten dazu aufrufen»

Doch es gibt auch Politiker aus dem bürgerlichen Lager, die der Idee von autofreien Sonntagen einiges abgewinnen können. Der Badener Stadtammann Markus Schneider (CVP) äusserte sich an einem Podiumsgespräch zum Thema Nachhaltigkeit in diese Richtung. Im Gespräch mit der «Schweiz am Wochenende» erklärt er: «Ich erinnere mich sehr gerne an die autofreien Sonntage in meiner Kindheit zurück. Das waren Tage, die ich bis heute nicht vergessen habe. Man kann die Strasse für einmal anders erleben.»

Zur Wiedereinführung autofreier Sonntage sagt er: «Ich könnte mir dies sehr gut vorstellen. Mir ist bewusst, dass man prüfen muss, wie dies rechtlich durchgesetzt werden kann. Aber wir könnten als Stadt Baden versuchen, unsere Bevölkerung dazu aufzurufen, an gewissen Sonntagen auf das Fahrzeug zu verzichten. So, wie wir jeweils auch am Earth Day dazu aufrufen, das Licht während einer Stunde abzuschalten.»

Die Stadt Baden mache schon einiges für den Klimaschutz: Das Energiekonzept 2017–-2026 zeige den Weg, wie der Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen gesenkt werden können. Persönlich fahre er möglichst wenig mit dem Auto ins Stadtzentrum, nutze stattdessen den öffentlichen Verkehr. Er wohne in derselben Stadt, in der er arbeite, das sei gut für das Klima und auch für die Lebensqualität, sagt Schneider.

Ausgelöst durch die Suezkrise erliess der Bundesrat 1956 ein Sonntagsfahrverbot für vier Sonntage. In Erinnerung sind vielen noch die drei autofreien Sonntage im Jahr 1973 geblieben, eine Folge der Erdölkrise.

Mehrere Versuche scheiterten

Zuletzt lehnte das Volk im Jahr 2003 eine Initiative für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit deutlich ab und folgte damit der Empfehlung des Bundesrates. Dieser hatte argumentiert, das Volksbegehren würde sich unterschiedlich auf die Bevölkerung auswirken: Bewohnerinnen und Bewohner, die keinen oder nur ungenügenden Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel haben, würden ungerechtfertigterweise benachteiligt.

Negative wirtschaftliche Auswirkungen wären für die – insbesondere in abgelegenen Gebieten – vom Tourismus abhängigen Wirtschaftszweige zu erwarten. Und da eine erhebliche Anzahl an Blaulicht-Fahrzeugen die Strassen weiterhin im üblichen Umfang benutzen würden, wäre die Sicherheit für Menschen, die auf den Strassen feiern, nicht gewährleistet. 2008 schliesslich scheiterten die Grünen mit demselben Anliegen im Parlament.

Autofreie Sonntage könnten ein Symbol sein, zum Denken anregen, sagt Markus Schneider. «Wenn wir uns für das Klima einsetzen wollen, müssen wir irgendwo einen Anfang machen und ein Zeichen setzen.»