Spreitenbach
Nach denkwürdiger Gmeind: Darum tritt Valentin Schmid zurück – es ist nicht wegen der Abstimmungs-Niederlage

Nachdem die Spreitenbacher Stimmberechtigten die Teiländerung der Bau- und Nutzungordnung abgelehnt hat, erklärt der Gemeindepräsident seine Demission. Er sagt dazu: «Mein Rücktritt hat damit nichts zu tun».

Claudia Laube
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Valentin Schmid (Mitte) verkündete vor 923 Stimmberechtigten in der geräumigen Umweltarena seinen Rücktritt.

Valentin Schmid (Mitte) verkündete vor 923 Stimmberechtigten in der geräumigen Umweltarena seinen Rücktritt.

Colin Frei

Nachdem am Dienstagabend die Spreitenbacher Bevölkerung die Teiländerung der Bau- und Nutzungsordnung, die aus der bisherigen Einkaufszone beim Shoppi Tivoli eine Wohn- und Einkaufszone gemacht und dem Zentrum Neumatt den Boden geebnet hätte, deutlich bachab geschickt hatte, gab Gemeindepräsident Valentin Schmid (FDP) am Ende auch noch seinen Rücktritt bekannt.

«Nach acht Jahren im Amt ist für mich der Zeitpunkt für eine persönliche Veränderung gekommen», sagte er vor 923 Stimmberechtigten auf der Bühne der Umweltarena. Sein Rücktritt sei bereits vom Aargauer Departement Volkswirtschaft und Inneres auf den Zeitpunkt der Ersatzwahlen im Mai genehmigt worden, erklärte er weiter. Ein erster Wahlgang sei auf den 17. Mai vorgesehen, ein allfälliger zweiter Wahlgang vor den Sommerferien.

Damit erhält Spreitenbach schon bald einen neuen Gemeindepräsidenten oder eine neue Gemeindepräsidentin: «Ich bin gespannt, ob wir das in dieser Zeit hinkriegen», sagte Schmid im Nachgang zu dieser Zeitung.

Grund seines Rücktritts: «Ich bin nun mit 52 Jahren in einem Alter, in dem ich noch die Möglichkeit habe, mich neu zu orientieren. In vier Jahren wäre ich bereits in einem Alter, in dem meine Chancen in der Arbeitswelt viel kleiner wären.» Ausserdem finde er, dass man nicht 20 Jahre lang das Amt eines Gemeindepräsidenten ausüben sollte.

Sein Rücktritt sei eine Chance für Spreitenbach. Mit einer neuen Person könne wieder ein frischer Wind durch die Gemeinde wehen: «Mir ist der Entscheid auf jeden Fall nicht leicht gefallen, aber ich bin mir sicher, dass nun der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist.»

Er bekräftigt, dass der Rücktritt überhaupt nichts mit dem Ausgang der Abstimmung zu tun habe, so wie das in vielen Medienberichten suggeriert worden war: «Ich habe mir diesen Entscheid gut und lange überlegt. Für mich war diese Gemeindeversammlung einfach der richtige Zeitpunkt, um den Rücktritt zu kommunizieren.» Er habe sein Rücktrittsschreiben bereits letzte Woche bei der Gemeindeabteilung des Kantons eingereicht, also bevor er überhaupt wissen konnte, wie die Abstimmung ausgeht.

Überraschend deutlich

Dass die Abstimmung am Ende mit 590 Nein- zu 327 Ja-Stimmen so deutlich ausfallen würde, ein Unterschied von 263 Stimmen, damit hatte niemand gerechnet. Im Vorfeld war von den Gegnern wie auch von den Befürwortern angenommen worden, dass der Ausgang der Abstimmung sehr knapp sein würde.

Auch Schmid hatte das erwartet: «Die klare Ablehnung, dass zwei Drittel der Anwesenden so deutlich gegen das Projekt waren, das hat mich sehr überrascht.» Diesem Entscheid werde der Gemeinderat nun aber auch Rechnung tragen: «Vor allem im Hinblick auf die Gesamtrevision der Bau- und Nutzungsordnung, die als Nächstes ansteht.»

Bald beginne die Arbeit in der Planungskommission. Da sei er, solange er noch Gemeindepräsident sei, auch mit dabei, und da würden auch das Abstimmungsresultat sowie auch die Argumente der Gegner analysiert: «Wir werden uns aber ziemlich sicher mit den Bauherren zusammensetzen und mit ihnen das Projekt nochmals genau anschauen, um herauszufinden, wie es weitergehen soll.»

Grundsätzlich sei es nun aber einfach so, dass man auf dem dortigen Flecken, dem Shoppi-Areal, momentan nichts realisieren könne: «Das Areal bleibt die nächsten 10 bis 15 Jahre eine introvertierte Einkaufszone», sagte Schmid weiter.

Gemeindepräsident Schmid gehörte zu den erklärten Befürwortern des Zentrums Neumatt, hatte stets dessen Vorzüge für Spreitenbach betont, für den dazugehörigen Stadtplatz geweibelt, der ein verbindendes Element für die Dorfbevölkerung hätte sein sollen, aber auch die Menschen, die künftig mit der Limmattalbahn beim «Tivoli Garten» ankommen, hätte freundlicher begrüssen sollen.

Dazu gehörten aber auch vier fast 100 Meter hohe Wohntürme, die die höchsten im Kanton gewesen wären, mit rund 500 Mietwohnungen im mittleren und höheren Preissegment, die Spreitenbach bessere Steuerzahler hätte bescheren sollen.

Einen Plan B gab es nie. Wie es nun für die Bauherrin weitergeht, ein Immobilienfonds der Credit Suisse, der das 200 Millionen Franken teure Projekt finanzieren wollte, kann noch nicht gesagt werden. Nur so viel: «Wir nehmen das Abstimmungsergebnis zur Kenntnis. Zurzeit ist es verfrüht, zum weiteren Vorgehen Aussagen zu machen.» Auch für die von der CS beauftragte Entwicklerin des Projekts, Losinger Marazzi, ist es noch zu früh, eine Aussage zu treffen.