Startseite
Aargau
Baden
Der Badener Reiseunternehmer Karim Twerenbold wehrt sich dagegen, dass seine Schiffe «Dreckschleudern» seien. Die Argumente bestehen nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen und sozialen Aspekten.
Vor gut einem Monat präsentierte das Badener Reiseunternehmen Twerenbold Reisen mit seiner Tochterfirma Reisebüro Mittelthurgau ein neues Schiff. Die bereits elf Flussschiffe zählende Flotte wird mit einem neuen Yachtcruiser erweitert. Die «Excellence Adria» soll ab 2020 mit 37 Passagieren durch die kroatische Adria kreuzen.
«Die schnittig-elegante Architektur der Luxusjacht dürfte an den kroatischen Häfen für Furore sorgen», liess sich Stephan Frei, Geschäftsleiter des Reisebüros Mittelthurgau zitieren (die AZ berichtete).
Prompt musste sich das Reiseunternehmen auf AZ online kritische Kommentare gefallen lassen. «Und schon wieder eine Öldreckschleuder mehr auf der See. Boykottieren der Anbieter wäre der einzig richtige Weg diesen, Umweltblödsinn zu stoppen.»
Und ein anderer Leser schrieb: «Super, noch mehr dumme Touristen in einsamen Buchten. Dieses Geschäft ist tatsächlich ein Klimakiller. Schön, dass die Medien Werbung dafür machen. Die reichen Ignoranten werden auch diese Angebote kaufen. Schade für das schöne Mittelmeer.»
Was sagt Karim Twerenbold, VR-Präsident von Twerenbold Reisen zu dieser Kritik? Sind Luxusjachten in Zeiten von Klimaschutzbewegung noch opportun? «Ganz klar: Die Touristikbranche hat eine Verantwortung.» Das Badener Reiseunternehmen bietet über sein Tochterunternehmen Reisebüro Mittelthurgau Flussschiffreisen an. In ganz Europa verkehren elf «Excellence»-Schiffe quasi unter der Flagge von Twerenbold.
Karim Twerenbold will aber die Verantwortung nicht auf den ökologischen Aspekt beschränken. «Wir haben auch eine soziale und ökonomische Verantwortung.» Damit meint er in erster Linie, dass ein gesundes Unternehmen nicht nur Arbeitsplätze sichere – bei Twerenbold sind es über 650 Mitarbeiter –, sondern auch einen stolzen Beitrag in die Steuerkasse abliefere.
«Das heisst, dass nicht die kurzfristige Profitmaximierung angestrebt werden sollte, sondern die langfristige Weiterentwicklung eines Unternehmens», so der 34-jährige Unternehmer, der die Badener Firma in 4. Generation führt.
Aber natürlich sei auch die ökologische Verantwortung nicht von der Hand zu weisen und sehr wichtig. Doch auch hier müsse sich Twerenbold Reisen, das sich vor allem mit Busreisen (70 Cars touren quer durch Europa) einen Namen gemacht hat, nicht verstecken.
«Busreisen sind nebst Bahnreisen die ökologisch sinnvollste Art zu reisen und Car-Motoren werden immer effizienter. Nächstes Jahr wird unsere gesamte Flotte mit den neusten Motoren der EURO-6 Generation ausgestattet sein.»
Und auch bei den Flussschiffen tue sich sehr viel. «Wir haben alleine in den letzten sechs Jahren rund 2,5 Millionen Franken in die Erneuerung von Anlagen wie zum Beispiel Kläranlagen investiert», so Twerenbold. Doch damit nicht genug: Die Excellence Empress, die nächstes Jahr vom Stapel laufen wird, wird als erstes Passagier-Flussschiff mit der sogenannten Clean-Air-Technology ausgestattet sein – und das weltweit.
Wir haben alleine in den letzten sechs Jahren rund 2,5 Mio. Franken in neueAnlagen investiert.
(Quelle: Karim Twerenbold, Badener Reiseunternehmer)
«Clean Air Technology ist ein Novum im Passagier-Flussschiffbau. Wir verringern die Stickoxid-Emissionen um über 75 Prozent und den Feinstaub um 90 Prozent», so Twerenbold stolz. Wo es technisch möglich sei, werde man auch die anderen Excellence-Schiffe mit dem System nachrüsten.
«Da kommen bei einem Schiff schnell einmal Kosten von einer knappen halben Million Franken zusammen. Diese Investitionen in den Umweltschutz tätigen wir nicht, weil wir müssen, sondern weil wir unsere Verantwortung wahrnehmen wollen.»
Was sagt Twerenbold dazu, wenn Kreuzfahrtschiffe als «wahre Dreckschleudern» bezeichnet werden? «Hier muss man ganz klar unterscheiden: Flussschiffe werden mit normalem Diesel betrieben, während bei Meer-Kreuzfahrtschiffen Schweröl verbrannt wird.»
Auch würde beim Anlegen wenn immer möglich Strom vom Land bezogen; also seien die Motoren bei Stillstand fast immer ausgeschaltet. «Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren alle Halogenlampen durch LED-Leuchten ersetzt und wir wollen im kommenden Jahr bis zu 90 Prozent des Verbrauchsplastiks im Passagierbereich eliminieren.»
Wie steht Twerenbold zu einer Flugticketabgabe, wie sie andere Reiseunternehmer wie etwa Roger Geissberger, Chef der Knecht Reise Gruppe, befürwortet? «Ich bin geteilter Meinung. Ja, Fliegen ist heute ganz klar zu billig. Andererseits bin ich als liberal denkender Mensch gegen staatliche Eingriffe und Vorgaben», so Twerenbold.
Bei Twerenbold Reisen habe man die Kompensationsmöglichkeit von «My climate» in den Buchungsprozess integriert. «Aber das alleine ist noch keine Umweltstrategie eines Reiseunternehmens», so Twerenbold, sondern sei lediglich ein Puzzleteil. Wie etwa auch der Umstand, dass jeder Twerenbold-Mitarbeiter einen Beitrag an sein öV-Abonnement von der Firma erhält.
«Wir denken und handeln nicht erst seit Greta Thunberg nachhaltig», so Karim Twerenbold. Er finde die Bewegung rund um die schwedische Klimaaktivistin gut, «solange die Debatte nicht fanatisch geführt wird. «Wir haben nur einen Planeten, und diesem müssen wir Sorge tragen.»