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An der ausserordentlichen Einwohnerratssitzung in Wettingen wurde am Montag zum zweiten Mal über das Budget 2020 debattiert. Nach fast vier Stunden Diskussion genehmigte der Einwohnerrat das Budget inklusive Steuererhöhung von 5 Prozent. Im Februar hat aber das Volk noch das letzte Wort.
An der regulären Budget-Sitzung im Oktober wies der Wettinger Einwohnerrat das vom Gemeinderat vorgelegte Budget 2020 inklusive Steuerfusserhöhung noch zurück. Eine Mehrheit der Mitte-Fraktionen hatte sich dagegen ausgesprochen: 32 Einwohnerräte der Fraktionen CVP, GLP, FDP und SVP stimmten für den Rückweisungsantrag der CVP, 16 Einwohnerräte der Ratslinken hingegen stimmten dagegen.
Dabei stand nicht die geplante Steuerfusserhöhung von 95 auf 100 Prozent zur Diskussion; diese ist unbestritten, gehört doch Wettingen zu den am höchsten verschuldeten Gemeinden im Kanton. Trotzdem wollte der Gemeinderat im ersten Budgetvorschlag nur zwei von fünf Prozent in den Schuldenabbau stecken.
Wie im Rückweisungsantrag der CVP gefordert, wurde dies in der Zwischenzeit angepasst, neu sind es vier Prozent, die in den Schuldenabbau fliessen sollen. Doch nicht nur das erfuhr Anpassung. Für den zweiten Budgetvorschlag, der am Montag an der ausserordentlichen Einwohnerratssitzung behandelt wurde, wurde das ganze Budget vorgängig noch einmal detailliert «durchforstet», so wie es Finanzvorsteher und Vizeammann Markus Maibach (SP) nach der Rückweisung des Budgets angekündigt hatte. Rund 70 Budgetkorrekturen brachten danach etwa eine Million Franken Ergebnisverbesserung. Dabei fiel ein Teil der Einsparungen auf Stellenstreichungen zurück, aber auch im Bereich Soziales, Bildung, Sport, Kultur und Standortqualität wurde gekürzt.
Es verwundert nicht, dass diejenigen Fraktionen, die das Budget 2020 im ersten Anlauf abgelehnt hatten, mit der zweiten Vorlage zufriedener sind – während die Linken damit nicht glücklich sind. Die Fraktion EVP/Forum 5430 wusste im Vorfeld der ausserordentlichen Einwohnerratssitzung noch nicht, ob sie dem neuen Budget überhaupt zustimmen könne und schrieb im Fraktionsbericht: «Der Druck, ohne Budget dazustehen, darf nicht dazu verleiten, einer Verschlechterung zuzustimmen, wenn ein besserer Vorschlag vorgelegen hat», heisst es da. Mit dem neuen Vorschlag zahle die Bevölkerung mehr, erhalte aber weniger.
Auch SP/WettiGrüen bedauerte den neuen Vorschlag: «Trotz Steuererhöhung werden im neuen Budgetvorschlag Leistungen abgebaut und anstehende Aufgaben ins nächste Budgetjahr verschoben.» Diese Streichungen nehme die Fraktion nicht hin und werde weiterhin für gerechte Löhne, den Polizeinachwuchs, den Zivilschutz, die Schulsozialarbeit, die Sportkoordination, Kinder- und Jugendarbeit und die humanitäre Hilfe kämpfen. Letzteres wurde ganz aus dem Budget gestrichen so wie auch die geplante Schaffung einer Sportkoordinationsstelle.
Die Streichung derer bedauern nicht nur SP/WettiGrüen und EVP/Forum5430, sondern auch die Grünliberalen. Die Sportvereine würden sich eine solche Ansprechperson wünschen, schreibt die EVP, und die GLP ist davon überzeugt, dass eine Gemeinde wie Wettingen, die sich als Sportstadt bezeichnet, diesem Label mit einer besseren Koordination besser gerecht würde. Diese stellten deshalb an der gestrigen Sitzung den Antrag, die Stelle nicht zu streichen. Diesem Wunsch wurde aber ganz knapp nicht entsprochen. Der Antrag scheiterte mit 21 Ja- zu 22-Nein-Stimmen (bei 4 Enthaltungen). Die Enttäuschung über diesen knappen Ausgang war hörbar.
SP/WettiGrüen liess es sich nicht nehmen, 15 Anträge zu stellen, doch waren fast alle zum Scheitern verurteilt – ausser einem. Demjenigen, das Pensum der Schulsozialarbeit nicht um 20 Prozent zu streichen, so wie es vom Gemeinderat im neuen Vorschlag vorgesehen war. «Wir sollten nicht dort sparen, wo es schädlich ist», sagte SP-Einwohnerrat Adrian Knaupp bei seinem Votum. Nicht zuletzt die Digitalisierung bringe neue Brennpunkte in die Schule: «Ich kann euch garantieren, dass es einige Lehrpersonen gibt, die ohne Schulsozialarbeit den Lehrberuf schon lange an den Nagel gehängt hätten», sagte er.
Auch Schulpflege-Präsident Thomas Sigrist appellierte an die Einwohnerräte, dem Antrag von SP/WettiGrüen zu folgen. Eine Mehrheit der FDP stehe ebenfalls hinter dem Antrag, sagte Fraktionspräsidentin Judith Gähler: «Erst im vergangenen Jahr hat der Rat die Stellenprozente der Schulsozialarbeit um 60 Prozent erhöht und nun will man diese wieder kürzen. Das entzieht sich unserer Logik und zeugt von Willkür.» Am Ende stimmten 28 Einwohnerräte für den Antrag von Knaupp und 17 dagegen (bei 2 Enthaltungen).
Mehr Erfolg als der SP-Fraktion war den Anträgen der Finanzkommission beschert, die nicht nur erfolgreich eine Reduktion der Lohnkosten von 10 000 Franken bei der Fachstelle Gesellschaft forderte, sondern auch, die Energiekosten der Strassenbeleuchtung um 20 000 Franken zu senken. Die Einsparungen sollen mit einer künftigen Nachtabschaltung zwischen 1 und 4 Uhr erreicht werden. Der Vorschlag fand mit 45 Ja- zu 1 Nein-Stimme (bei 1 Enthaltung) eine grosse Mehrheit.
Am Ende stimmten die Einwohnerräte dem Budget 2020 inklusive Steuerfusserhöhung mit 35 Ja- zu 12 Nein-Stimmen zu. Mit den genehmigten Anträgen der Finanzkommission konnte eine weitere Ergebnisverbesserung von 187 000 Franken erzielt werden und damit ein operatives Ergebnis von 2,21 Millionen Franken.
Ob die sechste Steuerfusserhöhung innerhalb von zehn Jahren wirklich Realität wird, entscheidet am 9. Februar 2020 an der Abstimmung aber das Volk.