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Ein 18-jähriger Eritreer ist womöglich vergangenen Samstag in der Limmat in Baden ertrunken. Die breit angelegte Suchaktion mit Boot und Helikopter blieb erfolglos. Die Kantonspolizei geht vom schlimmsten aus. Wie gefährlich ist die Limmat? Experten geben Antwort.
Letzten Samstagabend kam in Baden ein 18-jähriger Mann aus Eritrea wohl in der Limmat ums Leben, nachdem er sich auf Höhe Promenadenlift in den Fluss begab (die AZ berichtete). Zeugen hatten beobachtet, wie der Mann in die Limmat gestiegen und kurz darauf untergegangen sei. Kollegen hätten noch versucht, dem Mann zur Hilfe zu eilen, mussten ihr Vorhaben aber wegen der starken Strömung abbrechen.
Nachdem eine breit angelegte Suchaktion mit neun Patrouillen der Regional- und Kantonspolizei mit einem Boot der Feuerwehr Wettingen und mit einem Rega-Helikopter erfolglos verlaufen ist, geht die Kantonspolizei aufgrund der Umstände davon aus, dass der Mann ertrunken sein dürfte. «Die Person wird immer noch vermisst, wir gehen vom Schlimmsten aus», sagt Kapo-Sprecher Roland Pfister. Es könne aber Wochen dauern, bis man definitive Gewissheit habe.
Immer wieder sind in Seen und Flüssen in Vergangenheit Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft verunfallt – 2017 machten sie schweizweit die Hälfte aller Opfer aus. Grund hierfür dürfte sein, dass diese Menschen die Gefahren nicht richtig einschätzen und zudem nicht gut genug schwimmen können. Und doch stellt sich nach dem jüngsten Unglück die Frage, wie gefährlich das Baden in der Limmat selbst für Ortskundige und gute Schwimmer ist.
Andreas Kohler, Präsident der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft (SLRG) Sektion Baden-Brugg, kennt den betroffenen Limmatabschnitt in Baden. «Ich würde vom Baden an dieser Stelle abraten. Die Strömung ist ziemlich stark und der Fluss nicht allzu tief; das ist sicher nicht optimal.» Grundsätzlich gibt es bei öffentlichen Gewässern kein Badeverbot. «Jeder muss selber einschätzen, ob sich die Stelle zum Schwimmen eignet oder nicht», sagt Kohler. Es gebe höchstens Hinweise, wo man nicht unbedingt baden sollte – etwa in der Nähe eines Wehres.
«Fliessende Gewässer bergen aber grundsätzlich viele Gefahren, die je nach Wasserstand variieren können», hält Kohler fest. So heisst es denn auch auf der SLRG-Website: «Freigewässer, insbesondere Flüsse bergen viele Gefahren wie Strömungen, Unterspülungen oder Walzen. Die SLRG rät ungeübten Schwimmern davon ab, sich ohne eine entsprechend geschulte Aufsicht in entsprechenden Gewässern aufzuhalten.»
Kohler: «Beim Schwimmen in fliessenden Gewässern empfehlen wir allen, Schwimmwesten zu tragen, auch geübten Schwimmern.» Zudem sollte man nie alleine in einen Fluss und immer in Begleitung einer Person sein, die den entsprechenden Flussabschnitt kenne. Zudem bestehe die Gefahr von Hindernissen wie zum Beispiel Ästen, bei denen man einhängen und anschliessend unter Wasser gedrückt werden könne. «Oder man schlägt sich im untiefen Wasser den Kopf an und verliert dabei das Bewusstsein.»
Oliver Gross, Feuerwehrkommandant der Feuerwehr Wettingen, sagt, es habe auf diesem Flussabschnitt in Vergangenheit nicht besonders viele Unfällen gegeben. Er muss es wissen, wird doch die Feuerwehr Wettingen mit ihrem Rettungsboot jeweils von der Kantonspolizei Aargau für Rettungs- und Suchaktionen aufgeboten. «Auch am letzten Wochenende waren wir im Einsatz», so Gross. «Man muss sicher ein guter Schwimmer sein, um in diesem Abschnitt baden zu gehen. Ich würde aber eher davon abraten.» Nebst Strömung und Untiefen seien um diese Jahreszeit sicher auch die tiefen Wassertemperaturen unter 13 Grad ein Problem.
Beliebt bei Badener Flussschwimmern ist der Abschnitt vom Limmatknie bis zum Kappi-See. So haben denn auch vor einem Jahr die Badener Einwohnerratsmitglieder Alex Berger (SP) und Iva Marelli (Team) den Stadtrat beauftragt, dass er zwischen dem Mättelipark (unterhalb Thermalbad) und dem Kappisee vereinfachte Möglichkeiten am Limmatufer schafft, wo man ins Wasser ein- respektive aussteigen kann. Doch auch auf diesem Flussabschnitt sei Vorsicht geboten, sagt Andreas Doessegger, Abteilungsleiter Betrieb und Kraftwerke der Regionalwerke AG Baden. Er ist zuständig für die vier Limmatkraftwerke Aue, Kappelerhof, Schiffmühle und Turgi.
«In der Nähe eines Wehrs sollte man nie baden; die Schleusen können jederzeit aufgehen, wodurch es sehr schnell zu einer sehr grossen Strömung kommen kann.» Er rate deshalb allen Schwimmern, sich bereits auf der Höhe der Fussgängerbrücke beim alten Wehr – dort wo sich die Limmat zum Kappisee zu stauen beginnt – aus dem Fluss zu begeben.
Für Doessegger und sein Team sind solche Situationen wie im aktuellen Fall des Eritreers immer belastend. Man müsse jederzeit damit rechnen, dass die Leiche im Rechen des Kraftwerks angeschwemmt wird. «Es wäre nicht das erste Mal, dass wir das erleben», sagt Doessegger. Doch die Mitarbeiter seien sensibilisiert und wüssten genau, wie sie zu reagieren hätten, sollten sie den grausigen Fund machen. «Zudem werden unsere Mitarbeiter psychologisch unterstützt, wenn sie dies wünschen. Aufgrund des guten Zusammenhalts im Team und einer guten Gesprächskultur war das in Vergangenheit aber nie nötig», so Doessegger.