Nachruf
Wie aus dem Bild verschwunden: Die Ennetbadener Malerin Gabi Fuhrimann ist tot

Farbenfroh und lebensbejahend waren ihre Bilder. Frauen darin die Hauptperson. Nun ist die Ennetbadener Malerin Gabi Fuhrimann nach schwerer Krankheit 63-jährig gestorben.

Sabine Altorfer
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Gabi Fuhrimann in einer ihrer letzten Ausstellungen, 2020 bei Carla Renggli in Zug.

Gabi Fuhrimann in einer ihrer letzten Ausstellungen, 2020 bei Carla Renggli in Zug.

Roger Zbinden (lz) / Luzerner Zeitung

Eine Frau in farbigem Kleid in bunter Umgebung: Wer eines dieser kleinen Gemälde sah, wusste sofort, das muss von Gabi Fuhrimann sein. Seit über 30 Jahren waren diese so einfachen wie raffinierten Gemälde ihr Markenzeichen. Da steht beispielsweise eine Frau im gelb-rot-blau-grün-weiss karierten Kleid vor einer gelb-rot-blau-grün-weissen Wand.

Die Vierecke auf Kleid und Hintergrund sind gleich gross, der Rocksaum endet exakt an der Nahtstelle zum roten Boden, so dass Figur und Raum verschmelzen. Fast jedenfalls.

Da ist nicht nur die Haut an Schultern und Armen und die flächig gemalten braunen Haare, die der Figur im geometrischen Wirrwarr Kontur geben, sondern Fuhrimann schafft es auch, die Figur trotz flächiger Wirkung mit sanfter Modellierung sichtbar zu machen. Bildträger ist ein Holzbrettchen, die Masse von 40 auf 31 Zentimeter sind bei ihr schon ein Mittelformat.

Dieses Bild von 2019 ist eine typische Fuhrimann-Arbeit. Geometrie legt den Raster, der sichtbare Pinselstrich lockert die Strenge, und die fröhlichen Farben machen es zum freudigen Erlebnis für die Augen. Aber immer sind ihre Bilder auch ein Spiegel für eine Gefühlslage, für eine manchmal vertrackte menschliche Situation.

Malerin mit dem Gefühl der Bildhauerin

Sie war Malerin durch und durch. Und eigenwillig dazu. Angefangen bei ihrem Lieblingsgrund: dem Holz. Das waren oft Fundstücke oder Abschnitte, die schon eine Geschichte in sich trugen. Im Mittelalter war Holz der übliche Bildträger, aber wie kam die Malerin Ende des 20. Jahrhunderts dazu? «Leinwand war ihr zu weich, bot zu wenig Widerstand», erklärt Rolf Winnewisser, ihr Lebenspartner und selbst Künstler.

An der Schule für Gestaltung in Luzern habe sie nicht Malerei, sondern Bildhauerei gelernt, die Gemälde auf Holz könne man also immer auch als Objekte sehen. «Damit angefangen hat sie 1991 in Paris, als sie vom Aargauer Kuratorium ein Atelier an der Cité des Arts hatte», erinnert sich Rolf Winnewisser. Und er erzählt, dass Gabi und er sich damals in Paris kennenlernten, zum Paar wurden und blieben.

Gabi Fuhrimann und Rolf Winnewisser .

Gabi Fuhrimann und Rolf Winnewisser .

Roger Zbinden (lz) / Luzerner Zeitung

In Ennetbaden aufgewachsen

Geboren ist Gabi Fuhrimann 1958 in Zürich. Die Eltern Verena und Hans-Ulrich sind Architekten, Kreativität und Kunst zuhause also ein grosses Thema. Aufgewachsen ist sie in Ennetbaden, wo Uli Fuhrimann 1961 an der Schiibe ein ikonisches, skulpturales Betonhaus für die Familie baute.

In den letzten Jahrzehnten wohnte Gabi hier mit Mann Rolf und Sohn William. Ihr Atelier aber hatte sie auswärts, in der Spinnerei Wettingen. Als Mitglied der lockeren Gemeinschaft, die sie schätzte und die ab und an auch gemeinsam ausstellte.

Ihr Werk entstand kontinuierlich und zeichnet sich durch Konstanz aus. Den Kern bilden die von Ornamenten geprägten Frauenbilder. Fuhrimann variierte das Motiv nicht nur, sondern fand neue malerische und ornamentale Verflechtungen, andere räumliche Situationen und Stimmungen. Ausgangspunkt waren oft Fotos – aus dem Familienalbum (dann meist die Mutter) und Magazinen, eigene Aufnahmen und Filmstills.

Foto von einer Ausstellung 2010.

Foto von einer Ausstellung 2010.

Christof Borner-Keller (neue Zz) / Neue Zuger Zeitung

Fröhlich und farbenfroh, aber auch existenziell

In den letzten Jahren löste sie sich mehr und mehr vom Ornament und der Geometrie, schuf für die Figuren impressionistische Umfelder, wie sie es selbst nannte. Es sind Landschaften oder Räume, die meist einen Ausblick freigeben.

Da eine Figur am Fenster, dort vor einem Balkongeländer oder aufgestützt an einem Zaun vor einem lichtblauen See. Tänzerisch steht eine Frau im roten Rock in einem sattgrünen, monochromen Bildgrund, eine andere fährt auf einem blauen Velo im blauen Rock und gelben Pulli durch eine gelbe Landschaft und eine dritte verschwindet in einer luftigen Blumenwiese.

Eine Grüblerin sei Gabi nicht gewesen, sagt Rolf Winnewisser, «aber ihre Bilder sind nicht nur fröhliche und farbenfrohe, sondern vielmehr existenzielle Statements.» Daneben entstanden immer auch bemalte Gegenstände: Dosen, bemalte Würfel, Halsketten, Papierkulissen… manchmal auch als Gemeinschaftswerke von Gabi und Rolf.

Schwebende Bilder aus schlaflosen Nächten

Im Kunstraum Baden waren Anfang Jahr in der Ausstellung «Truffes & Touvailles» grosse Aquarelle zu sehen. Figuren und Gegenstände in den Farben schwebend und verschwindend. Aquarelliert habe Gabi schon lange, auf Reisen auch gemeinsam, erzählt Rolf Winnewisser.

Diese letzten Arbeiten seien in ihren schlaflosen Krankheitsnächten entstanden. Erstaunlich, aber wohl typisch für Gabi Fuhrimann ist, dass man den gekonnt und locker gemalten Werken den fehlenden Schlaf, die Unruhe oder die Schmerzen nicht ansieht. Auch noch in diesem Jahr entwarf sie für die Stadtkirche Baden ein kreisrundes Fenster, farbig natürlich mit einer Frauenfigur.

In der Aargauer Kunstszene präsent

Ob an der Jahresausstellung im Kunsthaus, im Gluri-Suter-Huus in Wettingen, im Trudelhaus oder im Kunstraum Baden, Gabi Fuhrimann war in der Aargauer Kunstszene – aber auch in Luzern und Zug – präsent. Und beliebt. Sie war ein geselliger herzlicher Mensch, eine Frohnatur. Bis zuletzt. Selbst als die Krankheit sie schwächte und zeichnete und sie wusste, der spät entdeckte Pankreaskrebs lässt ihr keine Chance. Am 24. November ist sie gestorben.