Killwangen
«Naturparadies ist zerstört» – Garten eines Anwohners bei Limmattalbahn-Bauarbeiten gerodet

Bei den Bauarbeiten für die Limmattalbahn in Killwangen wurde Peter Linds Garten gerodet. Nun fordert Lind einen Baustopp.

Claudia Laube
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Die Bauarbeiten gingen direkt bis ans Haus: Bis zur Kanalisation hin wurde ein Loch gegraben.

Die Bauarbeiten gingen direkt bis ans Haus: Bis zur Kanalisation hin wurde ein Loch gegraben.

zvg

Peter Lind ist Besitzer eines kleinen Häuschens gleich vis-à-vis dem Bahnhof Killwangen. Da sich der pensionierte Immobilienmakler nach einer Auslandsreise wegen Coronaverdachts in Quarantäne begeben musste, wollte er dies in seinem Häuschen beim Ankegässli tun. Erholung und Ruhe gibt es hier aber eher nicht zu finden: Rundherum wird an der Limmattalbahn gebaut. Der ganze Hang wurde abgetragen – mittendrin steht Linds Häuschen. Doch als Peter Lind dorthin wollte, stellte er mit Schrecken fest: «Bei den Bauarbeiten wurde mein Biotop umgegraben. Bäume, Grillplatz, die Terrasse, alles dem Erdboden gleichgemacht.» Die Bäume dienten dazu, eine noch stehende Mauer zu stützen. Er sei zwar vorgängig über Rodungsarbeiten informiert worden, sagt er, aber nicht in diesem Umfang: «Sogar ein Loch bis zur Kanalisation wurde gegraben.» Lind ist wütend und traurig zugleich: «Das ist grobfahrlässige Sachbeschädigung. Nur, weil mein Häuschen nicht dem üblichen Standard entspricht und offenbar im Weg steht, wird es ­respektloser behandelt als andere», ist er sich sicher. Bis vor 30 Jahren war dieses noch als Trafohäuschen genutzt worden. Als das Bau­grundstück, auf dem es steht, zum Verkauf stand, griffen Lind und seine Mutter zu. Seither hat er es so gehegt und ­gepflegt, wie er das für schön befand: «Und jetzt ist alles vernichtet. Mein kleines Natur­paradies wurde zerstört.»

Lind liess gleich nach seiner Entdeckung die Polizei kommen, und auch Michele Carrer, Chefbauleiter der Limmattal­bahn-­­Bauabschnitte in Spreitenbach und Killwangen, kam hinzu. Carrer sagt auf Anfrage: «Mit allen Anwohnern wurden Vereinbarungen aufgesetzt, so auch mit Herrn Lind. Es gibt einen Rodungsplan, wo konkret eingezeichnet ist, was wo gerodet wird», sagt er. Auch habe er Lind gesagt, dass er nach den Bauarbeiten – im Sommer soll das aktuell für die Öffentlichkeit abgesperrte Ankegässli fertig und wieder begehbar sein – mit einem Gärtner vorbeikomme und alles so erneuert werde, wie es vorher war. «Er war immer im Bild, was passiert», man habe ihm auch angeboten, da er ja nicht das ganze Jahr dort lebt, ihm auf Anfrage vorgängig den Weg freizumachen, wenn er wieder einmal ein paar Tage im Häuschen verbringen möchte.

Lind fordert Baustopp

Das lässt Lind nicht gelten: «Ich darf mein Eigentum nutzen, wann immer ich will. Ich will mich doch nicht vorher anmelden müssen.» Laut einem Bundesgerichtsentscheid dürfe man ihm die Nutzung seines Grundstücks nicht verweigern. «Aber genau das passiert nun», enerviert er sich.

Lind ging vor Jahrzehnten bis vor Bundesgericht, um das ehemalige Trafohäuschen überhaupt umnutzen zu können: «Da es sich um eine Wohn- und Gewerbezone handelt, erhielt ich Recht.» Und nun werde gegen diesen Bundesgerichtsentscheid verstossen: «Vor allem in der jetzigen Zeit, wo Notstandsrecht herrscht, ist das einfach unmöglich. Deshalb fordere ich einen sofortigen Baustopp.» Lind hat einen Anwalt engagiert. «Wenn Eigentum so angegangen wird, dann hat das nichts mehr mit Rechtsstaatlichkeit zu tun.» Er sei keiner, mit dem man nicht reden könne, er habe den Verantwortlichen im Vorfeld auch angeboten, sich während der Zeit der Bauarbeiten mit einem paritätischen Real­ersatz zufriedenzugeben, also mit einem gleichwertigen Häuschen: «Doch darauf wurde nicht eingegangen.» Er fühlt sich im Stich gelassen, will aber ein Zeichen setzen: «Der kleine Bürger kann und soll sich wehren, wenn er ungerecht behandelt wird.»