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Der Verkehrs-Club (VCS) Aargau reicht erneut Beschwerde gegen den Gestaltungsplan Handels- und Gewerbezone Ost in Spreitenbach ein. Damit verärgert er die Betreiberin Migros Aare.
Die Drohung stand bereits im Raum, nun macht der Verkehrs-Club (VCS) Aargau ernst: Er hat gegen den überarbeiteten Gestaltungsplan für das Gebiet Handels- und Gewerbezone Ost (HGO) in Spreitenbach erneut Beschwerde beim Regierungsrat eingereicht, wie der VCS Aargau auf Anfrage mitteilt. Seit mehreren Jahren plant die Migros Aare direkt beim Shoppi-Tivoli und Limmatpark den Neubau «Tivoli Garten» mit einem Obi Baumarkt und zwei Hochhäusern mit rund 420 Wohnungen. Mit seiner ersten Beschwerde, die das Bundesgericht guthiess, hat der VCS erreicht, dass der Perimeter für die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeweitet wurde und neu die gesamte Anlage inklusive Shoppi-Tivoli und Limmatpark umfasst.
Auf Anfrage heisst es bei der Migros: «Die Migros Aare ist enttäuscht, dass dieses nachhaltige und raumplanerisch integrierte Projekt und die getroffenen Umweltmassnahmen vom VCS erneut abgelehnt werden und bedauert, dass es nun zu weiteren Verzögerungen und einem weiteren Rechtsstreit kommt.»
Gemäss dem Gestaltungsplan sollen unter anderem die Parkgebühren für Kunden ab der ersten Minute auf mindestens Fr. 1.50 pro Stunde steigen. Zum Vergleich: Heute parkiert man bis zu 45 Minuten gratis; für die erste volle Stunde zahlt der Kunde 50 Rappen. Zählen die Betreiber trotz Massnahmen mehr als 5,5 Millionen jährliche Autofahrten für die Verkaufsnutzung, müssen die Gebühren im Folgejahr auf 2 Franken pro Stunde angehoben werden. Zudem müssen die Betreiber an die Gemeinde 200'000 Franken Strafe zahlen, falls jährlich mehr als 5,26 Millionen Fahrten gezählt werden.
Dem VCS gehen diese Massnahmen zu wenig weit: «Die von den Anlageeignern angebotene Lösung beinhaltete weder eine signifikante Reduktion der Anzahl Fahrten noch der Parkplätze und auch keine lenkungswirksame Parkplatzbewirtschaftung.» Die Migros kann diese Vorwürfe nicht nachvollziehen: «Das Projekt ist umweltverträglich. Der Umweltverträglichkeitsbericht mit seinen weitreichenden Massnahmen wurde von den Behörden vorgeprüft und bewilligt.» Patrick Stäuble, Geschäftsführer des Shoppi Tivoli, ist der gleichen Meinung und fügt an: «Als CEO vom Shoppi Tivoli bin ich über die Haltung des VCS sehr verärgert und kann dies nicht verstehen.» Stäuble argumentiert: «Jeden Tag kommen über 36'000 Päckli aus dem Ausland in die Schweiz, dies von Online-Anbietern, die keine Arbeitsplätze in der Schweiz anbieten. Der Grenzverkehr nach Deutschland ist auf einem sehr hohen Niveau, der Kunde nimmt bis zu einer Stunde Autofahrt auf sich, um günstiger einzukaufen, und in Deutschland muss der Kunde keine Parkgebühr zahlen.» Mit den geforderten Massnahmen schicke der VCS die Kunden erst recht ins Ausland. «Wo ist da die Nachhaltigkeit, wo ist da der Umweltschutz», fragt Stäuble.
Doch diese Kritik lässt der VCS nicht auf sich sitzen. «Einerseits kostet ein Kilometer Autofahrt rund 70 Rappen, womit sich die gesparten Parkgebühren erübrigen und andererseits bestehen fundamentale Preisunterschiede bei den Produkten, welche die Kunden ins grenznahe Ausland locken und nicht die Parksituation», sagt VCS-Aargau-Präsident Jürg Caflisch. «Aktuell zählen die Betreiber 5,2 Millionen Fahrten pro Jahr, und das Verhältnis zwischen Privatverkehr und öffentlichem sowie Langsamverkehr liegt bei 86 Prozent zu 14 Prozent. Mit den geplanten Massnahmen wird sich an diesen Zahlen nichts ändern.» Caflisch bringt das Beispiel der Mall of Switzerland in Ebikon, deren Verhältnis bei 60 zu 40 liegt. «Das ist unserer Ansicht nach ein wünschbares Verhältnis. Der VCS Aargau wäre aber auch mit 70 zu 30 zufrieden», hält Caflisch fest und fügt an: «Wir sind nach wie vor an einer Verhandlungslösung interessiert und würden unsere Beschwerde zurückziehen, sollte es zu einer Einigung kommen.» Allerdings müsse eine solche Lösung wegen ihrer präjudiziellen Wirkung als flächenmässig grösstem Einkaufszentrum der Schweiz deutlich umweltverträglicher ausfallen.