Letzte Woche wurde die Badener Velostation eröffnet. Von den 177 Plätzen sind aber nur wenige besetzt. Hubert Kirrmann, der Präsident von Pro Velo, kritisiert deshalb: «Die Lage ist ungünstig, das Projekt zu teuer.» An den Erfolg glaubt er trotzdem.
Seit letzter Woche steht die Badener Velostation offen, die wegen der Baukosten von 830'000 Franken von Gegnern als «teuerste Veloständer der Schweiz» oder «Luxusresort für Velos» verschmäht wird. Die provisorische Stahlkonstruktion bietet Fahrrädern Schutz vor Diebstahl und Vandalismus und soll auch die Fahrrad-Parkplatzsituation um den Bahnhof verbessern.
Vor allem bürgerliche Politiker beobachten die Auslastung mit Argusaugen, gilt die Velostation doch als Prestigeprojekt der rot-grünen Parteien. Entsprechend hämisch fielen Reaktionen aus, nachdem an den ersten Tagen nur wenige der 177 Abstellplätze besetzt waren. «Im Velo-Parkhaus sind immerhin drei Drahtesel parkiert», schrieb SVP-Einwohnerrat Daniel Glanzmann in einem Leserbrief ironisch.
Weil auch gestern nur vier Plätze besetzt waren, die Gratis-Abstellplätze auf der gegenüberliegenden Bahnhofseite hingegen bis auf den letzten Platz besetzt waren, stellt sich die Frage: Warum will derzeit kaum jemand sein Fahrrad in der Velostation abstellen?
Beatrice Meyer, als Leiterin von badenmobil mit der strategischen Führung der Velostation betraut, sagt: «Wir gehen davon aus, dass vor allem E-Bike-Fahrer und Besitzer von teuren Velos die Station benutzen werden, und diese sind erfahrungsgemäss vor allem von Frühling bis Herbst unterwegs. Die Hardcore-Velofahrer, die auch jetzt im Winter fahren, haben oft günstigere Velos, die nicht extra vor Diebstahl geschützt werden müssen», sagt Meyer.
Impressionen von der Eröffnung:
Hinzu komme, dass die Berichterstattung in den Medien über die Velostation bisher eher negativ gewesen sei, was die Vorfreude nicht gerade gesteigert habe, sagt Meyer. Von den Parkplatzzahlen sei man nicht enttäuscht, man habe für die ersten Tage auch nicht mit mehr Kunden gerechnet. «Aber wir sind jetzt sicher gefordert und müssen vor allem auf kommunikativer Ebene Gas geben.»
Eine Aufgabe werde es nun sein, die Velofahrer verstärkt zu motivieren, künftig die Velostation zu benutzen, sagt Meyer. Es gebe jedoch keinen Grund für Zweifel am mittelfristigen Erfolg. «In vielen anderen Städten sind die geschützten Velo-Abstellplätze voll besetzt. Warum soll das in Baden nicht ebenfalls funktionieren? Allerdings ist das auch in diesen Städten nicht über Nacht passiert.
Kritischer beurteilt die Situation Hubert Kirrmann, Präsident von Pro Velo Region Baden. «Ich bin enttäuscht, dass die Velostation nicht besser besetzt ist. Niemand hat erwartet, dass gleich zu Beginn alle 177 Plätze besetzt sind, aber ich rechnete für die ersten Tage nach der Eröffnung mit einer besseren Auslastung.»
Einiges sei nicht ideal gelaufen: Erstens sei der Zeitpunkt der Eröffnung im Winter ungünstig, wenn viele Leute mit dem Bus statt mit dem Velo unterwegs sind. Zweitens sei noch zu wenig Werbung gemacht worden. «Drittens ist die Lage der Velostation auf der hinteren Seite des Bahnhofes für Velofahrer weniger attraktiv als auf der Gleis-1-Seite, wo der Zug nach Zürich abfährt – aber es gab keine andere Wahl.»
Vom Erfolg der Velostation ist Kirrmann überzeugt, seien doch in anderen Städten wie Aarau, Winterthur oder Zürich die Velostationen voll. «Meine Prognose lautet deshalb: Im Jahr 2016 wird die Badener Velostation im Schnitt zu zwei Dritteln besetzt sein.»
Dennoch setzt Hubert Kirrmann Fragezeichen hinter die Velopolitik der Behörden. «Sowohl die Velostation als auch der Fussgänger- und Veloweg über die Limmat sind viel zu teuer geraten.» Das Problem aus seiner Sicht: «Es fehlt der Mut, simple Lösungen anzustreben.» Bei der Umsetzung von Ideen werde die Perfektion gesucht, es gebe viele Vorschriften, alle wollten daran verdienen – das treibe die Kosten in die Höhe.