Fall Lucie
Nicole Trezzini: «Ich habe keine Angst vor dem Urteil»

Nicole Trezzini bezeichnet die Prozess-Teilnahme als Verarbeitung der schlimmen Tat an ihrer Tochter. Jetzt warte sie auf das Urteil. Derzeit berät sich das Gericht in Untersiggenthal. Um 18 Uhr wird das Urteil eröffnet.

Drucken
Der zweite Tag im Lucie-Prozess in Untersiggenthal
6 Bilder
Der Vater von Lucie gibt den Medienvertretern Auskunft
Roland Trezzini
Grosses Medieninteresse am Prozess in Untersiggenthal
Roland und Nicole Trezzini verlassen das Gericht
Daniel H. wird weg gebracht

Der zweite Tag im Lucie-Prozess in Untersiggenthal

Silvan Hartmann

Die Eltern von Lucie warten auf das Urteil des Gerichts. «Heute ist es weniger schlimm als gestern», erklärt Nicole Trezzini. Sie habe gewusst, was am Morgen passieren werde und auch den Gerichtssaal kenne sie nun. Ihre Teilnahme bezeichnete sie als Verarbeitung. «Ich werde es nie vergessen können, aber jetzt kann ich es verarbeiten.»

Nicole Trezzini ist erleichtert, dass der Prozess vorbei sei. «Vor dem Urteil habe ich keine Angst.» Angesprochen auf den Mord an ihrer Tochter sagt Nicole Trezzini: «Es gibt ein Vorher und ein Nachher. Jetzt werde ich bis zu meinem Tod mit diesem Fakt leben müssen.» Den Medienaufmarsch bezeichnet die Mutter von Lucie als surreal.

Die letzten Worte von Daniel H.

Daniel H. nutzte seine letzten Worte, um knapp seine Reue darzulegen: «Ich will nochmals sagen, dass mir das mehr als leid tut. Das zweite Delikt hat mich massiv zum Überlegen gebracht. Ich muss mich verändern, ich will mich verändern. Aber ich kann nicht mehr rückgängig machen, was ich gemacht habe. Das weiss ich.»

Nicole Trezzini gibt den Medienvertretern Auskunft

Nicole Trezzini gibt den Medienvertretern Auskunft

Emanuel Freudiger

Verteidigung fordert 18 Jahre Gefängnis

Im Prozess hielt Matthias Fricker, der Verteidiger von Daniel H., heute Morgen sein Plädoyer. Er fordert 18 Jahre Gefängnis wegen Mord. Der Verteidiger von Daniel H. hat sich vor Gericht dagegen gewehrt, dass sein Mandant verwahrt wird. Fricker fordert stattdessen eine sogenannte stationäre therapeutische Massnahme. Dabei würde die Gefängnisstrafe aufgeschoben und der Täter von Psychiatern therapiert. Im Gegensatz zum Staatsanwalt sieht der Verteidiger durchaus eine Chance, dass bei Daniel H. mit einer intensiven Therapie die Rückfallgefahr massiv verkleinert werden kann.

Wie der Staatsanwalt fordert auch der Verteidiger eine Verurteilung wegen Mordes, allerdings verlangt er eine Strafe von lediglich 18 Jahren. Der Staatsanwalt seinerseits hatte lebenslänglich gefordert. Der Verteidiger führt strafmildernde Gründe ins Feld. So eine verminderte Straffähigkeit des Täters und dessen angebliche Reue.

Nachträgliche Verwahrung möglich

Die geforderte Massnahme bedeute nicht, dass der Angeklagte je wieder auf freien Fuss kommen werde, sagte der Pflichtverteidiger weiter. Greife die Massnahme nicht, könne nachträglich immer noch eine Verwahrung angeordnet werden.

Mualla Mueller vor dem Prozess

Mualla Mueller vor dem Prozess

Philipp Mäder

Zwei Gutachter befragt

Das Gericht befragte gestern zwei Gutachter. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob der Täter dauerhaft nicht therapierbar sei und damit eine lebenslängliche Verwahrung ausgesprochen werden könne. Die beiden Gutachter, Dr. Thomas Knecht und Professor Volker Dittmann, wollten sich nicht eindeutig festlegen, ob eine Therapie überhaupt erfolgreich sein könnte. Sie waren sich aber einig, dass es Jahrzehnte dauern würde, bis sich ein allfälliger Erfolg einstellen würde. Und Dittmann warnte davor, den Angaben von Daniel H. vorschnell zu glauben. «Er kann Menschen sehr gezielt manipulieren.» Ob er dies auch hier vor Gericht tue, sei schwierig zu beurteilen.

Weiter ging es bei den Gutachten um die Frage, wie weit sexuelle Motive beim Täter eine Rolle gespielt haben. Die Gutachter sind der Auffassung, dass eine Therapie dann schwieriger ist, wenn sexuelle Motive im Vordergrund standen. Daniel H. bestreitet dies vehement, obwohl es dafür starke Indizien gibt.

Staatsanwalt fordert Verwahrung

Nach der Mittagspause standen die Plädoyers an. Staatsanwalt Dominik Aufdenblatten eröffnete seine Darlegungen: «Daniel H. hat sinnlos, skrupellos und brutal ein Leben ausgelöscht.» Er habe eine «extreme Geringschätzung des Lebens» gezeigt. Der Wunsch, zurück ins Gefängnis zu wollen, sei unverhältnismässig für den Schaden, den er mit dem Mord angerichtet hat. «Zur allgemeinen Sicherheit der Gesellschaft ist der Angeklagte lebenslänglich zu verwahren», forderte Aufdenblatten.

Eklat vor Gericht

Auch die Anwälte der Familie Trezzini forderten gestern die lebenslange Verwahrung von Daniel. H. Dabei kam es zum Eklat zwischen Anwalt Tarkan Göksu und Gerichtspräsident Peter Rüegg. Göksu schilderte seine Version der Tat. Dabei ging er davon aus, dass Daniel H. den Mord an Lucie vor allem aus sexuellen Motiven begangen habe. So habe Daniel H. wiederholt neben der Leiche von Lucie, die nackt in der Dusche lag, masturbiert.

Rüegg unterbrach Göksu an dieser Stelle und ermahnte ihn, zu den Zivilforderungen der Familie zu kommen. Göksu wollte sich das nicht gefallen lassen und beharrte darauf, die Sicht des Opfers darstellen zu dürfen. Schliesslich kürzte er sein Plädoyer dennoch ab und verzichtete auf weitere Ausführungen zur Tat. (mäd/sha/dno/sda)