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Badens Stadtverwaltung agiert zur Zeit ohne ihren Ammann Geri Müller, der nach der Selfie-Affäre krank geschrieben wurde. Kommt er in sein Amt zurück? Und was würde das auslösen? So oder so darf Baden von Geri Müller bald eine Antwort erwarten.
Zwei Wochen sind vergangen, seit die Enthüllungen rund um die Nacktfotos von Geri Müller landesweit für Schlagzeilen sorgten. Auf einen Schlag war der Badener Stadtammann und mit ihm die Bäderstadt in aller Munde.
Der Stadtrat tat damals das einzig Richtige, indem er Geri Müller – offiziell in gegenseitigem Einvernehmen – vorläufig von allen Aufgaben entband.
Damit sollte Müller die nötige Zeit und Distanz erhalten, um sich über das weitere Vorgehen im Klaren zu werden. Abgesehen von der aufsehenerregenden Pressekonferenz in Zürich und dem denkwürdigen Auftritt im SRF-«Club» hat sich Müller bisher nicht mehr öffentlich zur Angelegenheit geäussert, sondern ist quasi abgetaucht. Offiziell ist er krankgeschrieben.
Es ist richtig, dass Müller Zeit gewährt wird, seine Gedanken zu ordnen, um dann zu entscheiden, wie es weitergehen soll.
Doch weil es dabei nicht nur um ihn geht, sondern auch um das Funktionieren der Badener Exekutive und der Stadtverwaltung, ist ein baldiger Entscheid angebracht.
Denn eines ist klar: Auch wenn Stadtrat und Verwaltung derzeit zu funktionieren scheinen, muss dieser Schwebezustand so rasch als möglich beendet werden – der Ball liegt bei Müller, nur der Stadtammann alleine kann den Schwebezustand beenden.
Jeder hat eine zweite Chance verdient, auch Geri Müller?
Entscheid ja, aber wie sollte er ausfallen? Ist Müller als Stadtammann noch haltbar oder bleibt ihm nichts anderes übrig als der Rücktritt? Geri Müller hat sich – Stand der Dinge – nicht strafbar gemacht.
Zwar sind jüngst im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz in Baden Widersprüche aufgetaucht, die wieder ein kritischeres Licht auf die ganze Aktion werfen, mehr aber nicht.
Ist Geri Müller moralisch noch haltbar?
Für selbst ernannte Sittenwächter und Moralapostel liegt die Antwort auf der Hand. Doch diese Frage ist weitaus schwieriger zu beantworten – wie übrigens auch die Grundsatzfrage, ob die Nackt-Selfies und der Chat überhaupt an die Öffentlichkeit gehörten. Die einen finden, das gehe niemanden etwas an.
Was für Fotos Geri Müller wem auch immer schickt, sei ganz klar Privatsache. Die anderen stellen sich auf den Standpunkt: Was der mit Steuergeldern finanzierte Stadtammann in seinem Büro während seiner Arbeitszeit mache, sei sehr wohl von öffentlichem Interesse und eben nicht privat. Dies umso mehr, weil Müller selbst durch anzügliche Bemerkungen seiner Sekretärin gegenüber Privates und Öffentliches vermischt hat.
Doch es geht gar nicht primär um die Moral: Die Geschichte ist publik geworden; Geri Müller mit Hohn und Spott überschüttet. Gegner wie Sympathisanten von Müller sind sich einig: Was er getan hat, war einfach nur dumm, unvorsichtig und naiv.
Von einem Stadtammann darf, nein muss man erwarten, dass er mehr Verstand und Umsicht bei der Ausführung seines Amtes walten lässt.
Dies umso mehr, als sich Müller bewusst sein musste, dass seine zahlreichen Gegner nur auf den ersten Ausrutscher warteten. Und gerade weil ein Stadtammann als Vorbild vor allem auch eine repräsentative Funktion innehat, ist ein Verbleib im Amt kaum vorstellbar.
So hart Müller der Entscheid auch fallen dürfte: Er wird um einen Rücktritt wohl nicht herumkommen. Ob er bei den Neuwahlen nochmals antreten und so die Vertrauensfrage vom Stimmvolk beantworten lassen will, steht ihm dann immer noch frei. Wie heisst es so schön: «Jeder hat eine zweite Chance verdient.» Es wäre dann am Volk zu entscheiden, ob es auch Müller ein solche zugestehen will.
Ein Dauerzustand politischer Unruhe?
Dass Müller, der an der Stadt und ihrer Bevölkerung hängt, ein Rücktritt schwerfallen dürfte, versteht sich von selbst – alleine der Jahreslohn von rund 260 000 Franken macht die Sache nicht einfacher. Kommt hinzu, dass ein Grossteil der Verwaltung hinter ihm zu stehen scheint.
Es ist bekannt, dass Geri Müller einen guten Draht zu seinen Mitarbeitern pflegt. Und natürlich wäre ein Rücktritt für Müller auch deshalb bitter, weil er als Stadtammann bisher eine gute Falle gemacht hat.
Zwar hat er noch keine grossen Stricke zerrissen, was ihm bei erst eineinhalb Jahren Amtstätigkeit aber nicht anzukreiden ist. Im gleichen Masse ist aber der in jüngster Zeit von linken Parteien immer wieder so prominent erwähnte Leistungsausweis Müllers arg zu relativieren. Dies umso mehr, als sich jüngst kritische Stimmen mehrten, die Müller – nicht zuletzt auch wegen seines Doppelmandates – mangelnde Präsenz vorwarfen.
Was wäre die Folge, sollte Müller im Amt verbleiben? Die Bürgerlichen würden bis zu den Neuwahlen 2017 wohl keine Gelegenheit auslassen, den bereits angezählten Stadtammann (weiter) anzugreifen und zu diskreditieren.
Die nächsten drei Jahre würde sich Baden wohl in einem Dauerzustand politischer Unruhe befinden. Deshalb tut er gut daran, seine Karten bald auf den Tisch zu legen – es gibt auch keinen Grund, weshalb er damit länger zuwarten müsste. Geri Müller hat immer wieder betont, wie viel ihm die Stadt Baden bedeute. Konsequenterweise muss er jetzt den Entscheid fällen, der seiner Meinung nach der beste für Baden ist.