Über 600 Kilogramm Mailänderli, Badener Kräbeli und Zimtsterne haben die Mitarbeitenden der Bäckerei Frei in Nussbaumen bereits produziert. Chef Dominik Frei verrät, welche Guetzli am beliebtesten sind und worauf es beim Backen ankommt.
Buttrig-süss wabert der Duft von Weihnachtsguetzli durch die Backstube. Aus den riesigen Öfen strömt wohlige Wärme. Die vielen Mitarbeitenden wuseln flink durcheinander, schieben Backbleche umher, stechen Mailänderli aus, bestäuben Vanillekipferl mit Puderzucker und bestreichen Spitzbuben mit Himbeerkonfi.
Kurz vor Weihnachten herrscht in der Bäckerei Frei in Nussbaumen Hochbetrieb. Wer vorne den Verkaufsladen betritt, ahnt kaum, was sich zur gleichen Zeit im Hintergrund abspielt. «Im Advent haben wir's am strengsten», sagt Dominik Frei, während er unzählige Badener Kräbeli auf einem Blech aufreiht. Seit 2015 führt er das Familiengeschäft zusammen mit Bruder Hansjörg.
Er schiebt das voll bestückte Blech in den Regalwagen und wischt sich die Hände am weissen Kittel ab. Bevor die Kräbeli in den Ofen kommen, müssen sie zehn Stunden lang ruhen, damit sie antrocknen können. So werden sie aussen fest, bleiben innen aber herrlich weich. «Mein Lieblingsguetzli», sagt Frei mit einem Blick auf die Bleche. Mehr als 10'000 Kräbeli hat die Bäckerei schon produziert.
Die Spezialität ist – seit die Bäckerei Frei das Traditionscafé Himmel in Baden und damit deren Rezeptur übernommen hat – in den 13 Verkaufsstellen das ganze Jahr über erhältlich. Anders als die Mailänderli, Brunsli, Vanillekipferl und Zimtsterne. Diese gibt es nur in der Adventszeit. Sie werden im Dezember einmal pro Woche von den rund 60 Mitarbeitenden frisch zubereitet.
Hinzu kommt das Alltagsgeschäft – 4000 Gipfeli stellen die Bäckerinnen und Bäcker in Nussbaumen jeden Tag her – sowie die Produktion von verschiedenen Mousses, Crèmeschnitten, Vermicelles oder Torten. «An Weihnachten sehr beliebt sind etwa Schwarzwäldertorten und Quarktorten», sagt Produktionsleiterin Cornelia Egli, während sie ein Regal voller Vanillekipferl-Bleche in den grossen Ofen schiebt. Gemeinsam mit Frei führt sie heute durch den Betrieb.
Hier verziert eine Konditorin eine Vanilletorte gerade mit fliederfarbener Buttercreme und weissen Zuckerblumen, dort erhält eine Trüffel-Torte ein Kleid aus Ganache und Schokostreuseln. Kaum ist ein Kuchen glasiert, folgt schon der nächste. Zu Hunderten türmen sich die fertigen Torten auf den Blechen, in einem anderen Raum zu Tausenden die Guetzli. Überall wird kiloweise Teig verarbeitet und Regal um Regal befüllt.
Die schier unglaublichen Mengen seien in dieser strengen Zeit eine grosse Herausforderung: «Wir müssen parat sein», sagt Frei. Keine Bestellung dürfe vergessen gehen, kein Flüchtigkeitsfehler dürfe unterlaufen. Denn: «In der Adventszeit produzieren wir bis zu 60 Prozent mehr als an normalen Wochenenden.» Bis zum Dreikönigstag. Dann seien die Leute etwas gesättigt.
12 Minuten später sind die Kipferl fertig gebacken. Cornelia Egli bestäubt sie mit Puderzucker und bietet sogleich eines zur Geschmacksprobe an. Dann greift sie nach einem Blech voller Mailänderli in Herzform und bestreicht sie mit Ei. Sie sind bei der Kundschaft am beliebtesten: Von den bislang insgesamt 600 Kilogramm gebackenen Weihnachtsguetzli sind über die Hälfte Mailänderli.
Woran es wohl liegt, dass die goldgelben, im Gegensatz zu anderen derart gewöhnlich aussehenden Guetzli die Verkaufsschlager sind? Egli hat eine Vermutung:
«Die Leute bevorzugen das Traditionelle. Das, was Mama schon in der Küche gebacken hat, als sie selbst noch Kinder waren.»
Zu Hause «guetzle». Das lässt Weihnachtsstimmung aufkommen. Aber wenn Familien selber auch backen, wozu braucht's denn überhaupt noch Guetzli vom Bäcker? Frei lacht. «Wir sind doch keine Konkurrenz!» Er sieht seine Kreationen eher als Ergänzung, etwa, wenn man etwas Feines schenken wolle. Frei gibt auch gerne Tipps weiter. Eine Geheimzutat in den Badener Kräbeli vielleicht? «Die gibt's nicht», sagt er. «Ausser viel Liebe.»
Aber: Jedes Guetzli, jedes Gipfeli, jedes Brötli hat seine eigene Rezeptur, seine eigene Backzeit und seine eigene Temperatur. Schon nur ein Grad kann den Unterschied ausmachen, ob ein Gebäck trocken und hart, zart, weich oder knusprig wird. Und weil nicht jedes Ei gleich gross und nicht jedes Kilogramm Mehl die gleiche Qualität habe, brauche es auch bei der Herstellung des Teigs viel Finesse.
Nachdem das Mehl wegen des nassen und feuchten Sommers 2021 stark an Qualität eingebüsst hatte, sei es nun wieder besser, sagt Frei. Doch jetzt kämpfen Bäckereien mit neuen Problemen: Seit der Pandemie und wegen des Ukraine-Konflikts sowie der damit verbundenen Stromkrise sind die Preise für Rohstoffe und Strom stark angestiegen. Viele Produkte sind nicht mehr konstant verfügbar. Für Rohstoffe bezahlt die Bäckerei Frei mittlerweile 10 Prozent mehr als vorher, für Strom 25 Prozent mehr.
«Ich habe grossen Respekt vor dieser Unsicherheit», sagt Frei weiter. Die Situation könnte jeden Moment kippen. «Deshalb ist es wichtig, dass wir flexibel bleiben.» Es sei aber auch schön zu sehen, wie die Krise das Miteinander gestärkt habe. Ein Beispiel: die Woche kurz vor dem Samichlaustag. Frei sagt:
«Alle Mitarbeitenden haben die Bäckerei-Abteilung unterstützt, um 8000 Grittibänze herzustellen. Der Zusammenhalt in unserer Firma ist riesig.»
Ohnehin ist der Bäcker-Konditor-Confiseur überzeugt: «Backen bringt die Leute zusammen.» Dass gemeinsam etwas kreiert wird, sei mitunter das Schöne an seinem Beruf. In der Bäckerei Frei bereite jemand den Teig vor, jemand anderes steche ihn aus und wieder jemand anderes schiebe die fertigen Guetzli in den Ofen. «So arbeiten hier alle Hand in Hand.»
Die Produktion in der Bäckerei Frei läuft an 18 Stunden pro Tag, praktisch 365 Tage im Jahr. Nur an ausgewählten Tagen steht in der Backstube alles still. So etwa an Weihnachten und am Stephanstag. «Dann sollen die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, mit ihren Familien zu sein», erklärt Frei. Und dann werden auch die Öfen für einmal kalt und die Räume für einmal leer bleiben.