Die Unicef-Initiative «Kinderfreundliche Gemeinde» fördert Kinderrechte auf kommunaler Ebene. Auch Obersiggenthal soll sich damit auseinandersetzen, findet die SP. Das entsprechende Label zu erhalten, würde aber 12’000 Franken kosten.
Warum entscheiden eigentlich Erwachsene, wie ein Spielplatz auszusehen hat, und nicht die Kinder, die ihn benützen? Diese Frage stellt sich aktuell die SP Obersiggenthal. Die Fraktion hat an der Einwohnerratssitzung von vergangener Woche ein Postulat eingereicht, worin der Gemeinderat beauftragt wird, Obersiggenthal bei der Aktion «Kinderfreundliche Gemeinde» anzumelden und die damit verbundenen Schritte in die Wege zu leiten.
Dabei handelt es sich um eine Initiative von Unicef, die Gemeinden hilft, kinderfreundlich zu werden und zu bleiben. Dahinter steckt der Gedanke, dass jedes Kind das Recht hat, in einem Umfeld aufzuwachsen, in dem es sicher spielen, lernen und sich entwickeln kann – wie dies auch in der Kinderrechtskonvention festgehalten ist. Dieses Recht will die Initiative in den Blickpunkt der kommunalen Politik rücken.
Mittlerweile wird die Aktion in über 40 Ländern umgesetzt – unter anderem in der Schweiz. So sind Baden, Wettingen oder Freienwil bereits Teil davon und tragen das entsprechende Label «kinderfreundliche Gemeinde». Unicef vergibt dieses an Orte, in denen Kinder und Jugendliche bei der Gestaltung ihrer Lebensräume mitreden können. Dies beispielsweise durch einen Kinderrat oder ein Jugendparlament oder durch den Austausch zwischen Schulkindern und Gemeinderat.
Um das Label zu erhalten, muss eine Gemeinde verschiedene Workshops veranstalten und einen Aktionsplan formulieren. Konkret wird der Prozess in fünf Schritte eingeteilt. Zuerst beantwortet die Gemeinde einen Fragebogen, der als Grundlage für eine umfassende Standortbestimmung dient. In einem zweiten Schritt werden die Sichtweisen, Wünsche und Anliegen von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf Obersiggenthal erhoben. Auf dieser Basis werden anschliessend Ziele und konkrete Massnahmen definiert.
Als Kontrollpunkt vor der Vergabe des Prozesslabels findet dann die Evaluation durch eine externe Fachperson statt. Eine Kommission bestehend aus Expertinnen und Experten der Kinder- und Jugendförderung entscheidet letztlich über die Auszeichnung. Sie berücksichtigt den gesamten Prozess und verleiht das Label für einen Zeitraum von vier Jahren. Nach Ablauf dieses Zeitraums können sich Gemeinden um eine Rezertifizierung bewerben.
Will Obersiggenthal das Label «kinderfreundliche Gemeinde» erhalten, würden dafür Kosten von rund 12’000 Franken anfallen – 2000 Franken für die Orientierung mit Standortbestimmung, 10’000 Franken für die Zertifizierung an sich. Jede weitere Zertifizierung würde erneut 5500 Franken kosten. Für eine Gemeinde, die seit Jahren mit einem riesigen Schuldenberg zu kämpfen hat, ist das viel Geld.
Für SP-Fraktionspräsidentin Mia Jenni ist die finanzielle Lage aber kein Grund, mit der Zertifizierung abzuwarten: «Wenn wir mit einem neuen Schulhaus und der Sanierung des Gartenbads in die Zukunft investieren, sind Schulden die logische Folge und kein Verfehlen», sagt sie. Das heisse aber nicht, dass die Gemeinde, bis sie finanziell wieder besser dastehe, keine weiteren Investitionen mehr tätigen solle. «Unser Anspruch ist, dass wir Obersiggenthal nicht nur erhalten, sondern weiter vorantreiben.»
Ausserdem sei das Zertifikat ihrer Meinung nach eine wichtige und richtige Investition. «Obersiggenthal ist eine Wohngemeinde und bietet Kindern und Jugendlichen trotzdem zu wenige Orte, wo sie sich treffen und entwickeln können», sagt Jenni. Potenzial, das Angebot auszubauen, wäre jedoch vorhanden. «Um herauszufinden, was Kinder und Jugendliche überhaupt wollen und was ihnen wichtig ist, müssen wir sie danach fragen», sagt Jenni. «Wir sollten nicht nur für sie entscheiden, sondern mit ihnen.»
Ausserdem handle es sich bei dem Label um ein Qualitätsmerkmal, das sich auch schon andere Gemeinden verdient haben und das sich etabliert habe. Für Jenni ist klar: «Die Initiative stellt die Kinder und Jugendlichen in den Vordergrund.» Deshalb sei diese für Obersiggenthal die richtige Wahl.