Slampoet Kilian Ziegler und Musiker Samuel Blatter haben sich im Park der Villa Boveri der Schweizer Apéro-Kultur gewidmet
Kilian Ziegler hat bei seinem Openair-Auftritt im Rahmen der von der ABB Wohlfahrtstiftung organisierten Reihe «Cabaret im Park» Konkurrenz. Im Hintergrund wummert die Musik zum Jugendfest, die Vögel zwitschern um die Wette und ab und zu heulen Polizeisirenen. Doch die Geräuschkulisse bringt den Spoken-Word-Künstler, der schon rund 1000 Auftritte hinter sich hat, nicht aus der Ruhe. In einem wortgewaltigen 90-minütigen Auftritt – verpackt in den Titel «The Phantom of the Apéro»– versucht er zu ergründen, warum die Apérokultur bei den Schweizern so beliebt ist. «Was für Deutschland Schwarz-Rot-Gold bedeutet, ist für uns Rotwein-Weisswein-Mineral. Das ist seit 1291 so – seit dem Cüpli-Schwur», bekundet der 31-Jährige Oltner, der schon über 100 Poetry Slam-Wettbewerbe gewonnen hat. Dank seiner temporeichen Wortsalven und ausgefeilten Texte kommt keine Sekunde Langeweile auf. Etwas peinlich wird es, wenn er einen Lacher beim Publikum erwartet und dieses aus schierer Überrumpelung nicht reagiert. Doch solche Momente überspielt Ziegler mit Witz und gerät nicht aus dem Konzept beim Wortsezieren und Sinnverdrehen. In oft wahnwitzigen Sprachmanövern lässt er sich über die Unlogik der deutschen Sprache aus, gesteht seine Liebe zur Schlagersängerin Beatrice Egli und ruft auf einem schwarzen Bakelit-Telefon Tenniscrack Roger Federer an. Auch viel Privates gibt der Wortakrobat preis. Dass er das mittlere von drei Kindern sei, von einem Haus mit Baguette-Boden träumt, und ihn die Band Znüni West mit ihrem Hit «Ich schänke Dir min Härd» zum Kochen inspiriert habe. Er mokiert sich über den ewigen Smalltalk bei Apéros und die grassierende «iPhonitis»: «Die Leute haben überhaupt keinen Draht mehr zueinander – sind wireless. . . Manchmal wünschte ich mir eine googlesichere Weste... » Für das Tüpfelchen auf dem i sorgt Pianist Samuel Blatter mit musikalischen Interventionen. Bereits 7 1⁄2 Jahre arbeitet Ziegler professionell als Poetry Slammer und kann seit ungefähr 4 Jahren davon leben. Das Soziologiestudium schloss er letzten März ab. Weil er so viel Erfolg mit seiner Bühnentätigkeit zeitigt und nonstop unterwegs ist, brauchte er dafür 22 Semester. Seine heutige Lebenssituation bringt er mit einem Satz auf den Punkt: «Non, je ne raclette rien!»
Letzte Veranstaltung in der Villa Boveri vor der Sommerpause am Mittwoch, 8. Juli 2015, 20 Uhr – Konzert im Park mit «Asoguet».