Wettingen
Pornobrief-Autor verurteilt: Er zeigte weder Einsicht noch Reue

Ein 67-Jähriger hat mehr als 160 Frauen mit pornografischen Schreiben belästigt. Dafür hat ihn des Bezirksgericht Baden zu einer bedingten Geldstrafe und einer Busse verurteilt.

Rosmarie Mehlin
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Der Verurteilte Pornobrief-Schreiber am Tag seiner Verurteilung

Der Verurteilte Pornobrief-Schreiber am Tag seiner Verurteilung

Tele M1

Peter Rüegg ist seit über 20 Jahren Gerichtspräsident: «In dieser ganzen Zeit habe ich noch nie so stupide, ekelerregende und bedrohliche Briefe gelesen, wie der Beschuldigte sie verfasst hat», sage er an der Verhandlung. Angeklagt war der 67-jährige Arnold (Name geändert), seit 43 Jahren verheiratet, zweifacher Vater und zweifacher Grossvater. Ein Büezer, der hart arbeitete, bis ihm in den 90er-Jahren ein Arbeitsunfall ein Auge und den Job gekostet hat.

Eine Halbglatze hat er, trug am Dienstag beige Freizeithosen und ein grün gestreiftes Poloshirt. Die Arme über dem dicken Bauch verschränkt, einem Buddha gleich, sass er schier teilnahmslos, neben seinem Anwalt.

Zwischen November 2009 und November 2010 verschickte er über 700 Briefe an mehr als 160 zumeist weibliche Empfänger verschickt. Die meisten Opfer hatte Arnold am Steuer eines Wagens gesichtet und über den Autoindex ihre Wohnorte ermittelt. Viele leben in Wettingen, wo Arnold daheim ist. Er verschickte aber auch Briefe in die weitere Region.

Die Briefe schockierten die Empfänger zutiefst, versetzten viele in Angst und Schrecken, raubte manchen den Schlaf. Die Schreiben enthielten Drohungen («...du wirst deine Frechheit mit dem Leben bezahlen»), wüste Beschimpfungen wie «Luder», «Miststück», «Hure», «Sau») und Verleumdungen («...du bist nur für Männer geboren, eine Sexbombe, machst alle Männer verrückt»).

Den meisten Briefen waren pornografische Fotos und Zeichnungen beigelegt, vor allem aber enthielten alle widerlichste detaillierte Schilderungen von sexuellen Handlungen.

«Gut, sehr gut», betonte Arnold auf die Frage von Richter Rüegg, wie es um seine Ehe stehe. Allerdings sei seine Frau wegen der Sache mit den Briefen sauer und spreche kaum noch mit ihm. Warum denn überhaupt diese Briefe?

Früher habe er schöne Sachen aus Holz, Spielsachen und so, gemacht. Dann sei ausgekommen, dass beide Enkel unheilbar krank seien: «Etwas mit den Muskeln. Damit wird man höchstens 45 Jahre alt, stirbt im Rollstuhl oder im Bett», sagte Arnold in ungerührtem Tonfall.

Als sein bester Freund an Krebs starb, habe er nicht mehr schlafen können, «dann ist es einfach gekommen, das mit den Briefen.» Finanziell kämen er und seine Frau mit der AHV und einer kleinen IV-Rente grad so über die Runden. Gesundheitlich gehe es ihm einigermassen.

Da die Straftatbestände Pornografie und sexuelle Belästigung nach drei Jahren verjähren, sprach der Richter Arnold von einigen Anklagepunkten frei. «Es bleiben aber immer noch hunderte von unsäglichen Briefen übrig.» Das Motiv sei unklar, vermutlich habe Arnold ein Ventil für seine Probleme gebraucht; von Einsicht und Reue sei nichts zu sehen.

Die Geldstrafe von 300 Tagessätzen à 50 Franken sprach Rüegg, da Arnold Ersttäter ist, bedingt aus – mit einer langen Probezeit von vier Jahren. Die Busse von 4000 Franken muss bezahlt werden. «Bearbeiten sie wieder Holz, statt solche Briefe zu schreiben», gab er Arnold mit auf den Weg.